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Gewalt im Spiegel alttestamentlicher Texte


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positive, einnehmende Wirkung auf das (Kriegs-)Volk, bei dem er ein Kommando innehatte, wird sich ebenso später in Kap. 18 ausweiten und verstärken. Anteil daran hat wieder der ‚Erfolg’53 Davids. Solcher Zusammenhang wird zunächst in 18,13–16 herausgestellt. Das Ende von Vers 18,13 konstatiert noch, dass David als Anführer „vor dem (Kriegs-)Volk ausrückte und (wieder) einrückte (Image).“ Nach zwei Hinweisen auf Davids Erfolge innerhalb der Verse 18,14–15 stellt dann der Vers 18,16 einen kausalen Zusammenhang heraus: „Und ganz Israel und Juda liebte David, denn er rückte vor ihnen aus und rückte (wieder) ein (Image).“ In Bezug auf David wird also eine sich steigernde positive Resonanz aufgezeigt. Nicht nur die Weite der Resonanz ist beachtlich („ganz Israel und Juda“; Image), sondern auch ihre Form. David wird von seiner Mitwelt anhaltend geliebt (vgl. das Partizip Image) und ihm wird so anscheinend auf breiter Linie Loyalität entgegengebracht. Schließlich hält der letzte Satz im Kapitel 1Sam 18 nach einer erneuten Notiz zu Davids Erfolgen fest: „Und sein Name war hoch geehrt (Image 18,30).“ Da dieser Schlusssatz niemanden von denen benennt, die Davids Namen ehren, und somit den Bezugsrahmen der Ehrung offen lässt, dürfen die Lesenden hier auch eine erneute Ausweitung der positiven Resonanz auf David und seine Aktivitäten mitdenken.

      Der Abschnitt 18,1–5 stellt somit auch ein verhaltenes Vorspiel zu weiteren Inhalten im Kapitel 1Sam 18 dar. Während bei den erzählten Figuren-Konstellationen im Abschnitt David auf recht unterschiedliche Weise Zustimmungen erfährt (einerseits durch den liebenden Jonatan, andererseits durch das ganze Kriegsvolk und Sauls Knechte), deutet sich in Bezug auf Saul an, dass in seiner eigenen Familie einer (Jonatan) seine Regentschaft als bereits im Übergang befindlich ansieht.

      Damit ergibt sich für die Fragestellungen dieses Beitrages Folgendes: Das anschließende Singen über Gewaltvermögen ist in eine Situation eingebettet, in der verhalten beim besungenen Saul ein Rückhalt zu schwinden anfing und in der beim besungenen David ein Rückhalt zu wachsen begann. Lesende können in Kap. 18 beobachten, wie die im Gesang thematisierte Gewaltausübung und die gewalttätigen Folgen des Gesanges mit Zustimmung und Ablehnung der besungenen Gewalttäter zusammenhängen.

       3. Ruhm und Status (1Sam 18,6–9)

      Im Abschnitt 18,6–9 wird nun eingangs der Auftritt der singenden Frauen Israels beschrieben. Die Beschreibung hat Ähnlichkeiten mit anderen Darstellungen im Alten Testament, bei denen Frauen ebenso in festlicher Form agieren: tanzend, mit Handtrommeln (vgl. 1Sam 18,6 Image) und teilweise singend;54 etwa Mirjam und alle Frauen (Ex 15,20–21), Jiftachs Tochter (Ri 11,34), die Töchter von Schilo (Ri 21), Judit und die Frauen Israels (Jdt 15,12–14 und 16) sowie die metaphorische Frauengestalt „Jungfrau Israel“ (Jer 31,4). Das Motiv erfährt in den jeweiligen Texten und Kontexten unterschiedliche Ausformungen und Einbindungen. Das Motiv hat aber eine gewisse Nähe zum Themenkomplex Gewalt, sei es unter dem Aspekt einer Gewaltüberwindung oder unter dem Aspekt eines Dranges zur Gewaltausübung.

      In 18,6 fällt auf, wer sich alles im Szenario bewegt und dabei anscheinend zusammentrifft: In der Temporalangabe kommt eine nicht näher identifizierte Gruppe heim (Image), und zudem kehrt David ähnlich wie in 17,5755 vom Schlag gegen den Philister zurück. Treten dann die tanzenden Frauen hinzu, wird zugleich angezeigt, dass durch sie eine breite Öffentlichkeit entsteht: „... aus allen Städten Israels“ ziehen sie aus.56 Mit ihrer Performance steuern die Frauen allerdings nur ein Ziel an: Saul. Saul wird hierbei ausdrücklich als König (Image) tituliert. Doch der Chor der Frauen singt dann in 18,7 von Gewalttaten beider soeben erwähnten Männer und nennt sie – wie eingangs erwähnt – auch beim Namen, allerdings ohne einen Titel zu benutzen: Saul und David.

      Worauf im Wortlaut des Gesanges der Akzent liegt, wird von der Forschung unterschiedlich gesehen. Insbesondere zwei Positionen stehen sich gegenüber. Kurz lassen sie sich so wiedergeben: In der ersten Position zollen Israels Städterinnen Saul und David gleichermaßen Respekt. Beide hätten ihr beachtliches Vermögen demonstriert.57 In diesem Fall übersetzt man die Kopula zwischen beiden Gesangsteilen in 18,7 mit „und“: Saul schlug und David auch.58 Bei dieser Position würden die folgenden Verse 18,8–9 darlegen, wie Saul den Gesang missversteht.

      In der zweiten Position hebt der Gesang der Städterinnen auf Steigerung und Gegenüberstellung ab. Wertend benennen die Frauen Quantitäten, und die Kopula ist mit „aber“ zu übersetzen:59 Saul Tausend, aber David zehnmal mehr. In diesem Fall habe Saul in den beiden folgenden Versen 18,8–9 eingesehen, worauf der Gesang der Frauen abhebt.

      Der Text des Gesanges lässt vielleicht ein Changieren zwischen beiden Verstehensweisen zu. Aufschlussreich ist jedenfalls die Fokussierung im Abschnitt. Die Verse 18,6–7 führten noch eine öffentliche und festliche Zusammenkunft vor Augen. Mit 18,8–9 folgt ein Umschwenken allein zu Saul. Seine Emotionen, Einschätzungen und sein Selbstgespräch bekunden alles andere als ein Einstimmen in die fröhliche Tanzaufführung.

      In seinem Selbstgespräch (18,8) ist Saul auf den Liedtext konzentriert und darauf, wie der damit verbundene Äußerungsakt gesehen werden kann. Saul setzt die Teile des Gesanges neu zusammen. Die Reihenfolge im Gesang Saul-David dreht er um und nennt nun zuerst David. Das Schlagen erwähnt Saul nicht mehr. Stattdessen macht er die Frauen aus den Städten zu Aktanten. Ihren Sprechakt interpretiert Saul als Zuteilung im Sinne von Image: Sie gaben (Image) David, sie gaben (Image) mir. Auf die Zahlen geht Saul unterschiedlich ein. Bei der niedrigeren erscheint der Artikel.60 1.000 und 10.000 sind bekanntlich ein gängiges Staffelpaar.61 So hebt Saul mit dem Artikel auf das aus dem Staffelpaar ihm Eingeräumte ab, was zum adversativen Gepräge der parallelen Sätze beiträgt. Die Kopula ist hier eindeutig als „aber“ zu verstehen:62 David Zehntausende, aber mir nur die Tausende.

      Ein Erzähltext führt in 18,8 durch zwei Sätze in den Gedankengang von Sauls Selbstgespräch ein. Die zwei Sätze legen vorauseilend die Form von Sauls verbaler Reaktion auf den Frauenauftritt offen: Saul erzürnte heftig (Image),63 und übel erschien dieses Wort bzw. dieser Sachverhalt in seinen Augen (Image). Durch die Wortwahl im zweiten Satz von 18,8 wird eine Opposition zu 18,5 angezeigt:64

      Die Lesenden sind – wie erwähnt – durch 18,5 darüber informiert, wie Davids Erfolge und Beförderung durch Saul zum hohen Militär in einem breiten Konsens begrüßt wurden: Das erschien gut in den Augen des ganzen Volkes und auch in den Augen von Sauls Knechten (Image). Ersichtlich treten danach aus denen, welche im Konsens Davids Aufstieg begrüßen, die Städterinnen hervor. Breiter Zustimmung in Bezug auf Davids Karriere steht eine einzelne Ablehnung Sauls gegenüber. Doch genau besehen, tritt Sauls Ablehnung Davids erst mittelbar ein. Denn eine primäre Ablehnung Sauls richtet sich zunächst gegen das, was die Frauen in seinen Augen publik gemacht haben,65 und dabei erst verändert sich von seiner Warte aus das eigene Verhältnis zu David. So fügt die Erzählstimme in 18,9 an: „Und Saul betrachtete David argwöhnisch ab jenem Tag und fortan.“66

      Entscheidend