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Gewalt im Spiegel alttestamentlicher Texte


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sehr genau“108 darüber bei Männern sowie bei einem anderen (17,26.30). Stets ist es das (Kriegs-)Volk (17,27.30), welches dann David versichert, dass das Ausgesprochene wie die Heirat der Königstochter wirklich der Preis für den Sieg über Goliat sei. Der fragende David bringt zwar auch ins Spiel, dass jetzt der Augenblick sei, eine Schande von Israel zu nehmen, und er äußert sich despektierlich über Goliat.109 Doch David hegt auch deutlich persönliche Erwartungen, wenn er in 17,26 fragt: „Was wird für den Mann getan, der den Philister da erschlägt und die Schande von Israel nimmt?“ Andreas Kunz erklärt hierzu: Erst nachdem David den Siegespreis, die Belohnungen „kennt, tritt er als Retter Israels in Aktion.“110 Zurückhaltender und wohl auch angemessener ist die Annahme von Fritz Stolz: David hat Interesse „am Lohn, der dem Sieger winkt.“111 Als einer, der derart sein Interesse bekundet hat, wird David in Kap. 17 Saul bekannt und zu diesem geholt (17,30–31).

      Danach unterbreitet Kap. 18 nur zwei relativ kurze direkte Reden Davids, und zwar stets angesichts Sauls Angeboten zu einer Ehe. In beiden Reden nun klingt Davids einstiges Interesse an den Belohnungen nach.

      In 18,18 reagiert David auf Sauls Anbieten von Merab derart, dass dies zunächst seine „Bescheidenheit bezeugt.“112 Aber David bezeugt hierbei noch mehr. Er geht nicht nur auf seine eigene Niedrigkeit ein, sondern zugleich auf die seiner väterlichen Sippe und zudem auf eine Stellung in Israel: „Wer bin ich und wer ist mein Leben(skreis?)113, die Sippe meines Vaters in Israel (Image).“ Mit Johannes Petrus Fokkelman114 ist davon auszugehen, dass Davids Worte in 18,18 die Lesenden erneut an 17,25 erinnern und diesmal die dritte angedachte Belohnung wachrufen, in der es um die Stellung des Vaterhauses in Israel ging. Meist denken Auslegungen bei der dritten Belohnung an eine Abgabenfreiheit für das Vaterhaus;115 doch einige Kommentare gehen von einem Freisein aus, das sich vom Sklavenstatus abhebt:116 Dem Überwinder Goliats winkte jedenfalls vom König her: „Das Haus seines Vaters (Image) macht er frei in Israel (Image).“ Solche Möglichkeit bewegt David also in Kap. 18 immer noch.

      In 18,23 bekundet der zur Ehe mit Michal aufgeforderte David, dass er solcher „Ehre unwürdig“117 sei. Allein auf sich bezogen bezeichnet er sich dabei als einen „armen Mann (Image).“ Für Lesende, die mittlerweile bei beiden Ehe-Sequenzen auf die einstigen Belohnungen gelenkt sind, zeigt diese von David herausgestellte Armut das Gegenteil118 zur ersten Belohnung in 17,25 an. Dort galt: Den Mann (Image), der Goliat überwindet, – „ihn wird der König reich machen (Image) mit großen Reichtum (Image).“

      Was David vor dem Kampf gegen Goliat mit Interesse erkundet hat, hallt also bei seinen zwei Äußerungen nach, als er auf Sauls konkrete Pläne zu Verheiratungen reagiert. Das Vorenthalten der einst in Aussicht gestellten Belohnungen hat bei David nachhaltig Spuren hinterlassen. David erscheint auf diese Weise für die Lesenden als jemand, der nachtragend verletzt ist. Als Verletzter denkt er von den nicht gewährten, aber erstrebenswerten Belohnungen her.

      Beim verletzten David ist in Kap. 18 eine auffällige Umdeutung der Heiratsthematik zu erleben. David nennt keine der Töchter Sauls mit Namen und redet auch nicht davon, eine Frau (Image)119 bekommen zu können, selbst im Falle der Michal nicht, die ihn liebt. David hat hier die Frauen überhaupt nicht im Blick; stattdessen denkt er nur und alleine an seine Position beim König.120 In 18,18 leuchtet erstmals Davids Denkweise auf: „ich würde Schwiegersohn des Königs (Image).“ Solche Redeweise kehrt noch fünfmal im Kapitel wieder (18,21.22.23.26.27).121 Hat David somit diese Redeweise aufgebracht, greift sie dann nicht nur der Erzähltext auf, sondern schon zuvor bereitwillig und auch anscheinend hinterhältig Saul (18,21.22).

      Saul entnimmt dann dem Gedanken Davids in 18,23, dass ihm durchaus an der Position beim König liege (vgl. 18,24–25). Das Signal dazu gab wohl auch Davids Frage vor den Knechten. Josef Scharbert verstand Davids Frage vor Sauls Knechten etwa so: „Ist es in euren Augen leicht, Schwiegersohn beim König zu werden (18,23 Image)?“122 Saul hört bei David anscheinend heraus, dass dieser sich ins Zeug legen würde. Einem einsatzbereiten, armen Kandidaten für die Verschwägerung kann Saul auch eine Vorbedingung diktieren (18,25). Die Bedingung scheint David sofort recht gewesen zu sein (18,26; vgl. 18,20).

      Mit seiner ausgeklügelten Idee, „die Vorhäute der Philister (18,25 Image vgl. 18,27)“ zu verlangen, nutzt Saul offenkundig eine Sichtweise Davids aus. Die Idee Sauls verweist nämlich die Lesenden auf Davids frühere Redeweise in Bezug auf Goliat. Denn im Hebräischen liegen die beiden Begriffe „Vorhaut“ Image und „unbeschnitten“ Image dicht beieinander.123 Als sich David in 17,26 erstmals nach der Belohnung erkundigt hatte, nannte er den Philister Goliat herablassend124 „diesen unbeschnittenen Philister“. Noch einmal in 17,36 bezeichnete David Goliat derart vor dem Kampf in Sauls Gegenwart.

      1Sam 17,36 (David): Sowohl den Löwen als auch den Bären hat dein Diener erschlagen. Und diesem unbeschnittenen Philister (Image) wird es ergehen wie einem von ihnen, denn er hat die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt.

      Danach in Kap. 18 lässt sich dann der einsatzbereite David mittels der von ihm einst bekundeten despektierlichen Sicht auf die Philister – die Unbeschnittenen und ihre Vorhäute – zielgenau lenken. Auf diese Weise erreicht Saul sein geheimes, vor David verborgenes und nur den Lesenden bekanntes Ziel, David der Hand der Philister auszusetzen (18,17.21; vgl. 18,25).

      Im Plot kam – wie gezeigt – Sauls Absicht, David zu ermorden, auf, als Saul mit dem Gesang der Städterinnen konfrontiert worden war (18,6–9.10–13). An diese Weichenstellung in der David-Saul-Beziehung werden die Lesenden durch die Darstellungen rund um Davids Zug der Vorhäute wegen erinnert. Das lässt sich durch einige Beispiele verdeutlichen. Nach der Redeweise über das Schlagen im Gesangstext und in Sauls Selbstgespräch beim Speerwurf in 18,7.11 (schlagen jemand, Image mit Image) taucht eine nicht unähnliche Wendung in 18,27 auf, als David Unbeschnittene erschlug (schlagen, Image, unter einer Menge, Image, einzelne).125 Auch David war zuvor auf die singenden Städterinnen Israels gestoßen, als er vom „Schlagen des Philisters“ zurückkehrte (18,6 Image); in 18,27 zieht dann David – samt Mannschaft – gegen die Philister und erschlägt unter diesen Männer (... Image). Analog zur Zahlenstaffel im Gesang (18,7; vgl. 18,8) steht nun in 18,25.27 eine Staffel von Hundert und Zweihundert insofern, als sie wieder Davids Schlagvermögen unterstreicht. Saul mit dem Speer „in der Hand“ (Image)