Bruttoeinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze (
Rechenbeispiele:
Frau A. ist als Angestellte tätig; sie verdient 2110 € brutto pro Monat. Das Bruttoeinkommen von Frau A. liegt sowohl in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (2020 : 6900 €, West, 6450 € Ost) als auch in der Kranken- und Pflegeversicherung (2020 : 4687,50 €) unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Deshalb werden die Beiträge an ihrem monatlichen Bruttoeinkommen bemessen. Frau A. ist pflichtversichert in der GKV (
Herr B. ist ebenfalls Angestellter, er verdient 7500 € pro Monat. Das Bruttoeinkommen von Herrn B. übersteigt die Beitragsbemessungsgrenze von Renten- und Arbeitslosenversicherung und ebenso jene der Kranken- und Pflegeversicherung. Seine Beiträge werden deshalb jeweils an der Beitragsbemessungsgrenze berechnet. Herr B. ist freiwillig in der GKV versichert (
Beide Versicherten haben Kinder; sie leben in den alten Bundesländern.
Der Arbeitnehmerbeitragssatz (ohne kassenindividuellen Zusatzbeitrag) zur Krankenkasse beträgt 7,3 %.
Tab. 10: Beispielrechnung Arbeitnehmeranteil Frau A.
Arbeitnehmerbeitrag zur …Arbeitnehmeranteil
Tab. 11: Beispielrechnung Arbeitnehmeranteil Herr B.
Arbeitnehmerbeitrag zur …Arbeitnehmeranteil
Aufgrund der Beitragsbemessungsgrenzen ergibt sich für Frau A. eine höhere prozentuale Belastung ihres Bruttoeinkommens als für Herrn B.
Die Beiträge zur Sozialversicherung hängen proportional vom Einkommen der Versicherten ab. Der Beitragssatz bleibt also konstant und steigt nicht mit dem Einkommen wie der Steuersatz bei progressiver Besteuerung. Zudem endet die Beitragszahlung an der Beitragsbemessungsgrenze. Wessen Einkommen diese Grenze übersteigt, dessen Beitragsbelastung bleibt konstant, da das die Beitragsbemessungsgrenze übersteigende Einkommen beitragsfrei bleibt. Herr B.s Monatsbrutto in obigem Beispiel übersteigt sowohl die Beitragsbemessungsgrenze der GKV/Pflegeversicherung als auch jene der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Folglich ist die prozentuale Belastung seines Verdienstes geringer als diejenige der Frau A. Das Solidarprinzip, nach dem die GKV wie auch die übrigen Sozialversicherungen organisiert sind, endet folglich an der Beitragsbemessungsgrenze.
Zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz erheben Kassen einen kassenindividuellen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag, wenn sie ihre Ausgaben aus den Ausschüttungen des Gesundheitsfonds (
Beispiel:
Der Krankenkasse A reichen die Mittel aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, sie erhebt deshalb von ihren Mitgliedern einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag von 1,1 %. Die Mitglieder und ihre Arbeitgeber zahlen folglich jeweils 7,3 % + 1,1 % = 8,4 % des Monatsbruttos in die Kasse ein (jeweils analog Rentner und Rentenversicherung).
Angenommen die Arbeitnehmerin Frau A. aus obigem Beispiel wäre in Krankenkasse A versichert, so trügen sie selbst und ihr Arbeitgeber jeweils 2110 € × 0,084 = 177,24 €; insgesamt 177,24 € × 2 = 354,48 €.
Um Ungerechtigkeiten zu verhindern, ist ein Einkommensausgleich vorgeschrieben. Es gibt Kassen mit vielen gutverdienenden Mitgliedern und Kassen, deren Mitglieder eher wenig Arbeitsentgelt erhalten. Letztere Kassen erhielten folglich weniger Geld, wenn sie einen ebenso hohen Zusatzbeitrag erhöben wie Kassen mit vielen Gutverdienern. Bzw., um gleich hohe Einnahmen zu erzielen, müsste die »arme« Kasse einen höheren Zusatzbeitrag erheben als die »reiche« Kasse. Der Einkommensausgleich dient also auch dazu, einen fairen Wettbewerb der Kassen zu gewährleisten.
Rechenbeispiel:
Kasse B hat 1 Mio. Mitglieder, die im Durchschnitt 3000 € brutto pro Monat verdienen. Kasse C hat ebenfalls 1 Mio. Mitglieder, deren Durchschnittsverdienst liegt bei nur 2000 € pro Monat. Angenommen, beide Kassen erheben einen Zusatzbeitrag von 1 %.
Kasse B erhielte pro Monat: 1 000 000 × 3000 € × 0,01 = 30 Mio. €
Kasse C erhielte pro Monat: 1 000 000 × 2000 € × 0,01 = 20 Mio. €
Um die »arme« Kasse C nicht zu benachteiligen, wird ein vollständiger Einkommensausgleich vorgenommen: Die kassenindividuellen Zusatzbeiträge sind auf die beitragspflichtigen Durchschnittseinkommen der Mitglieder aller Kassen zu beziehen.
Im Rechenbeispiel ergäbe sich ein Durchschnittseinkommen von 2500 € mit der Konsequenz, dass beide Kassen Zusatzeinnahmen von 25 Mio. € pro Monat erhalten.
Seit im Jahr 2015 der kassenindividuelle Zusatzbeitrag eingeführt wurde, ist es für preisbewusste Mitglieder lohnend, sich nach Kassen mit niedrigem Zusatzbeitrag umzusehen und von ihrer Kassenwahlfreiheit Gebrauch zu machen. Für die Kassen bedeutet es, dass sie sich verstärkt im Preiswettbewerb um Mitglieder profilieren können.
Für Mitglieder ohne Krankengeldanspruch gilt statt des allgemeinen Beitragssatzes ein verminderter Satz von 14,0 %. Dieser Beitragssatz, zu dem noch der kassenindividuelle Beitragssatz dazu kommt, gilt für Selbstständige, die freiwillig in der GKV versichert sind.
Mit Wahltarifen ist es den Mitgliedern möglich, die Beitragsbelastung zu senken. In der Satzung kann eine Kasse vorsehen, den Mitgliedern, die einen Teil der jährlichen Kosten für Gesundheitsleistungen selbst übernehmen (Selbstbehalt), eine Prämie auszuzahlen. Prämienzahlungen sind in der Kassensatzung ebenso möglich, wenn Mitglieder und ihre mitversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr keine Kassenleistungen in Anspruch nehmen (Beitragsrückerstattung). Allerdings darf die Prämienzahlung ein Zwölftel des Jahresbeitrages nicht überschreiten, da andernfalls die Solidarität zu stark eingeschränkt würde. Wer den Selbstbehalt wählt, ist drei Jahre lang an seine Kasse gebunden, d. h. er kann in dieser Zeit nicht von seinem Kassenwahlrecht Gebrauch machen. Für die Beitragsrückerstattung gilt eine Bindefrist von nur einem Jahr.
2.5.2 Gesundheitsfonds
Die Einnahmen der Kassen aus dem allgemeinen Beitragssatz – Arbeitnehmer- bzw. Rentner sowie Arbeitgeber bzw. Rentenversicherung – müssen die Kassen an den Gesundheitsfonds abliefern. Daneben fließen Steuermittel des Bundes in Höhe von 14,5 Mrd. € (2019) jährlich in den Fonds ein. Die Steuermittel dienen dazu, sogenannte versicherungsfremde Leistungen zu finanzieren. Darunter sind jene Leistungen der Kassen zu verstehen, die nicht der Diagnose, Heilung oder Linderung von Krankheiten dienen. In erster Linie sind dies alle mit Schwangerschaft und Geburt (es handelt sich dabei eben nicht um Krankheit) verbundenen Ausgaben. Vor allem aber soll der Bundeszuschuss die Ausgaben der Kassen für beitragsfrei versicherte Kinder und Jugendliche abdecken. Leistungen für Kinder und Jugendliche, so die Argumentation, sind eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, also der Steuerzahler, und nicht nur der Beitragszahler der Krankenkassen.