wieder zu kuriosen Zwischenfällen, die manchmal bei der Bahnhofsmission endeten. Die Rückreisen erfolgten in ähnlicher Weise. Dass manche der Konzilsteilnehmer die Rückreisen nutzten, um Abstecher in die Alpen oder zu touristischen Orten zu unternehmen, sei nur am Rande erwähnt.
3. Teilnehmer und Unterkunft
Quantitative Aussagen vermögen keine Wertungen über die Bedeutung der Konzilsteilnehmer aus der DDR zu geben. Dennoch sei zunächst hervorgehoben, dass die katholische Kirche der DDR – vergleicht man sie mit den anderen Ländern des Ostblocks – zu jeder der Sitzungen gut vertreten war. Die meisten der „ostdeutschen“ Konzilsteilnehmer, vor allem die, die gebürtig aus „Westdeutschland“ stammten oder Theologie in Rom oder einer der deutschen oder österreichischen Universitäten studiert hatten, fanden in Rom frühere Kommilitonen, Freunde oder „Landsleute“. Von besonderer Bedeutung waren auch die Quartiere, die man bezog oder in die man eingewiesen wurde59 und die – zumindest für die meisten – zu Recht als Kommunikationszentren bezeichnet werden können. Hier vollzog sich theologisches Gespräch, persönlicher Austausch und Kontaktpflege, die nach dem Konzil für die Kirche in der DDR bedeutsam blieb. Konzilspausen über Allerseelen und Allerheiligen nutzte man zu Reisen, und so mancher Plan für die DDR-Jurisdiktionsbezirke, wie das Projekt einer Meißner Diözesansynode, entstand dabei.60
Jeweils zwei Professoren des Philosophisch-Theologischen Studiums Erfurt, die die Erfurter Professorenkonferenz aus ihren Reihen als Begleiter bestimmte, wurden zu jeder Sitzung mitgenommen, wobei die Begleitung von Erzbischof Bengsch von ihm selbst festgelegt wurde. Jeweils ein anderer Bischof fungierte als Antragsteller. Außerdem nahmen einige Bischöfe neben ständigen Begleitern auch Diözesanpriester mit, um die „Konzilserfahrungen und Begegnungen“ in die Jurisdiktionsbezirke und Bistümer zu tragen und möglichst viele an dem Konzilsgeschehen teilnehmen zu lassen.
An der ersten Sessio (11. Oktober-8. Dezember 1962) nahmen 12 Personen teil61, an der zweiten (29. September-4. Dezember 1963) 1562, bei der 3. Sitzung (14. September-21. November 1964) waren 17 Teilnehmer aus der DDR anwesend63 und zur letzten Sessio (14. September-8. Dezember 1965) waren es 2164.
An allen Sitzungen nahmen Erzbischof Dr. Alfred Bengsch, Berlin, Vorsitzender der Berliner Ordinarienkonferenz und sein Begleiter Ordinariatsrat Otto Groß65, Chefredakteur des St. Hedwigblattes, teil. Zu jeder Sitzung nahm er einen anderen theologischen Berater mit, und zwar in der Reihenfolge: Domkapitular Erich Puzik66, Neuzelle, Prälat Professor Dr. Erich Kleineidam, Erfurt, Prof. Dr. Heinz Schürmann67, Erfurt und schließlich Dozent Dr. Wilhelm Ernst68, Erfurt. Seit der zweiten Sitzungsperiode nahm auch sein Weihbischof Heinrich Theissing69 und an der 4. Sessio der spätere Ostberliner Generalvikar Ordinariatsrat Prälat Theo Schmitz70 teil. Mit Ausnahme von Dozent Dr. Ernst71 wohnte diese Gruppe in der Via Lucrezio Caro 51.
Bischof Dr. Otto Spülbeck72, Meißen, Bischöflicher Rat Josef Gülden73, Chefredakteur des Tag des Herrn, Leißling, und Pfarrer Hermann Josef Weisbender74, Wilsdruff, nahmen ebenfalls an allen Sitzungen teil. Als Fachtheologe kam zur 4. Sessio Prof. Dr. Johannes Lubsczyk75, Erfurt, hinzu. Die „Meißner“ wohnten bei den Grauen Schwestern von der Hl. Elisabeth, Via dell‘ Olmata 9.
Weihbischof Dr. Friedrich Maria Rintelen76, Magdeburg, und Assessor Eduard Quiter77, Magdeburg haben ebenfalls an allen Sitzungsperioden teilgenommen. Prof. Dr. Bruno Löwenberg, Erfurt, war zur 1. Sessio, Prälat Martin Fritz78, Magdeburg,79 war zur 4. Konzilssitzung als Begleiter mitgereist. Sie alle wohnten bei den Karmelitinnen, Via Trionfale 6157.
Weihbischof Dr. Bernhard Schräder, Schwerin, und Kommissariatsrat Friedrich Kindermann80, Schwerin, die an allen Sessionen teilnahmen, hatten bei der ersten Sessio Prof. Dr. Otfried Müller, Erfurt, als Begleiter. Sie wohnten mit dem Osnabrücker Bischof Wittler in der „Olmata“.
Ab der 2. Sitzungsperiode nahm der Erfurter Weihbischof Hugo Aufderbeck81 am Konzil teil. Zur 2. Sessio hatte er Professor Dr. Fritz Hoffmann82, Erfurt, zur 3. Sessio Professor Dr. Benno Löbmann83, Erfurt, und Domkapitular Karl Schollmeier84, Erfurt, und zur 4. Sessio Msgr. Ernst Göller85, Heiligenstadt, und für wenige Wochen auch Ordinariatsrat Paul Uthe86, Erfurt, als Begleiter gewählt. Sie wohnten bei den „Fuldaern“ Villa Maria Regina, Via della Camilluccia 687.
Bischof und Kapitelsvikar Gerhard Schaffran87, Görlitz, der ebenfalls seit der 2. Sitzungsperiode regelmäßig teilnahm, reiste zur 3. Sitzung mit dem Bischöflichen Sekretär Assessor Hubertus Bauschke88, Görlitz und zur 4. Sessio mit Ordinariatsrat Bernhard Huhn89, Görlitz. Auch diese Gruppe wohnt in der „Olmata“.
Dr. Werner Becker, Consultor im Sekretariat für die Einheit der Christen, Leipzig, nahm seit der 2. Sessio am Konzil teil. Sein Domizil hatte er in der Casa Pallotti, Via die Pettinari 64.
Prälat Johannes Zinke, Berlin, war kurzzeitig zur 4. Konzilssitzung in Rom anwesend.90
Zu den bedeutendsten Vertretern der katholischen Kirche in der DDR auf dem Konzil gehörte zweifelsfrei Erzbischof Dr. Alfred Bengsch. Im November 1961 war er von Johannes XXIII. in die Zentralkommission zur Vorbereitung des Konzils berufen worden.91 In die „Kommission für den Klerus und das christliche Volk“ wurde er zu Beginn des Konzils gewählt.92 Hervorgetan hat er sich als Konzilsvater vor allem in der Schlussphase bei der Diskussion über die Vorlage „Kirche in der Welt von heute“.
Bischof Dr. Otto Spülbeck, Meißen, wurde in die liturgische Kommission gewählt93 und ergriff in dieser Funktion und bei der Diskussion um Gaudium et spes mehrfach das Wort in der Konzilsaula. Weitere Bischöfe waren Mitglieder von Subkommissionen.
Selbstverständlich lassen sich trotz der schwierigen Quellenlage Beispiele für die Konzilsarbeit der „ostdeutschen“ Konzilsbegleiter anführen. Dass ihre Namen weniger in den Medien zu finden waren, mag auch daran gelegen haben, dass sie sich, wie die „ostdeutschen“ Bischöfe überhaupt, aus kirchenpolitischen Gründen mit öffentlichen Äußerungen zurückhielten.
Obschon die periti privati bei der ersten Sitzungsperiode nicht in der Konzilsaula zugelassen waren, haben sie sich an den Zuarbeiten und theologischen Diskussionen engagiert beteiligt. Professor Dr. Otfried Müller wurde zum Sprecher der deutschsprachigen Theologen bei der 1. Sitzungsperiode gewählt. Dies hatte seinen Grund vor allem darin, dass der „Ostprofessor“ wegen seines gediegenen theologischen Wissens in Fachkreisen bekannt war und geschätzt wurde. Natürlich dürften sein einjähriger Studienaufenthalt an der Anima 1937/38 ebenso wie ein gewisser „Ostbonus“ eine Rolle gespielt haben. Wie sehr diese Wahl gerechtfertigt war, zeigt sich aber auch durch die Veröffentlichung des fünfbändigen Sammelwerkes „Vatikanum Secundum“94, das er in Zusammenarbeit mit Werner Becker und Josef Gülden herausgegeben hat. Besonders Band I, der schon 1963 erschien, fand höchste Anerkennung.95
Professor Dr. Erich Kleineidam, Gründungsregens und Gründungsrektor des Erfurter Priesterseminars und Teilnehmer an der zweiten Sitzungsperiode, war, wie bereits dargelegt, an den Vorarbeiten und an der Erarbeitung des Dekretes über die Ausbildung der Priester beteiligt.
Am 12.10.1964 wurde der Erfurter Neutestamentler, Prof. Heinz Schürmann, zum Konzilstheologen berufen.96 Später wurde er (1969), wie auch der Erfurter Moraltheologe Wilhelm Ernst, Mitglied in der durch das Konzil initiierten Theologenkommission. Dr. Werner Becker ist zu nennen, der von 1961 bis 1978 Konsultor im Sekretariat für die Einheit der Christen war. Nicht zuletzt verdient Josef Gülden Erwähnung, der Mitarbeiter von Gerhard Fittkau – Leiter der deutschen Abteilung des Konzilspresseamtes97 – wurde und der durch seine engagierte Berichterstattung über das Konzil in der DDR den Rezeptionsprozess förderte.
4. Kirchenpolitische Implikationen
Als Fallbeispiele für kirchenpolitisch hochbrisante theologische Aussagen, die für DDR-Teilnehmer