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Geist & Leben 2/2020


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Wort steht, wird dies vermerkt.

      4 Vgl. G. Schulz / J. Ziemer, Mit Wüstenvätern und Wüstenmüttern im Gespräch. Zugänge zur Welt des frühen Mönchtums in Ägypten. Göttingen 2010, 132.

      5 R. Roux, „ Vita Antonii“ des Athanasius aus der Perspektive des Resilienz-Begriffes, in: C. Sedmak / M. Bogaczyk-Vormayr (Hrsg.), Patristik und Resilienz. Frühchristliche Einsichten in die Seelenkraft. Berlin 2012, 31–52, hier: 48.

      6 H. Holze, Anapausis im anachoretischen Mönchtum und in der Gnosis. Überlegungen zur Geschichte der frühen Christenheit Ägyptens, in: ZKG 106 (1995), 1–17, hier: 1.

      7 Die spirituelle Ruhe wird in der Literatur meist mit dem Wort Hesychia verbunden – weil dies in der späteren byzantinischen Theologie in der Tradition des Herzensgebetes bei den „Hesychasten“ Karriere machte. In den Apophtegmata ist Hesychia jedoch keineswegs theologisch „aufgeladener“ als Anapausis gebraucht (was ich hier aus Raumgründen nicht näher nachweisen kann).

      8 So M. Bogaczyk-Vormayr, in: C. Sedmak / dies. (Hrsg.), Patristik und Resilienz, 189 f. [s. Anm. 5].

      9 So die schöne Erklärung bei Schweitzer II, 471.

      10 H. Holze, Anapausis, 5 [s. Anm. 6].

      11 Vgl. G. Schulz / J. Ziemer, Mit Wüstenvätern und Wüstenmüttern im Gespräch, 164–168 [s. Anm. 4].

      12 Nicht zufällig kann anapauein mitunter auch als „befreien“ übersetzt werden; so Schweitzer in III, 52: David befreite (anapauo) Saul vom bösen Geist.

      13 G. Schulz / J. Ziemer, Mit Wüstenvätern und Wüstenmüttern im Gespräch, 296 f. [s. Anm. 4].

      14 So H. Holze, Anapausis, 4 [s. Anm. 6].

      15 G. Schulz / J. Ziemer, Mit Wüstenvätern und Wüstenmüttern im Gespräch, 148 [s. Anm. 4].

      16 G. Agamben, Herrschaft und Herrlichkeit. Frankfurt/M. 2010, 293. Den Bezug zum Tier greift Agamben an anderer Stelle wieder auf, wenn er vom „Sabbat sowohl des Tieres als auch des Menschen“ spricht, zu dem auch die Versöhnung des Menschen mit seiner eigenen Animalität gehört (ders., Das Offene. Der Mensch und das Tier. Frankfurt/M. 2003, 100). Dies respondiert genau auf die vielen Wüstenvätergeschichten, in denen die Mönche einvernehmlich mit wilden Tieren zusammen leben. S. dazu mein Wüstenväter-Kapitel Nackt unter Antilopen, in: S. Horstmann / T. Ruster / G. Taxacher, Alles was atmet. Eine Theologie der Tiere. Regensburg 2018, 168–183.

      17 G. Agamben, Herrschaft, 297 [s. Anm. 16].

      18 Ebd., 299.

      Jules Monchanin

      Die Mission des Katholischen und die Begegnung mit Indien

      1958 wird Angelo Roncalli zum Papst gewählt und kündigt im Januar des folgenden Jahres die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils an, mit dem die katholische Kirche sich für die „Welt von heute“ öffnen und das u.a. auch ihr Verhältnis zu den anderen Weltreligionen in den Blick nehmen sollte. In der diesbezüglichen Erklärung Nostra Aetate ist über den Hinduismus folgendes niedergelegt: „So erforschen im Hinduismus die Menschen das göttliche Mysterium und drücken es in einer unerschöpflichen Fruchtbarkeit an Mythen und durch scharfsinnige Versuche der Philosophie aus, und sie suchen Befreiung aus der Beschränktheit unserer Bedingung durch aszetische Lebensformen, durch tiefe Meditation oder durch die Zuflucht zu Gott mit Liebe und Vertrauen.“ (NA 2) Schnell sind wir wohl geneigt, in diesen allgemein gehaltenen Sätzen auch nicht mehr als eine ebenso allgemein gehaltene Anerkennung des Anderen, hier des Hinduismus, seitens der Kirche zu vermuten. Das hieße jedoch unterschlagen, dass es bis zu diesem Zeitpunkt bereits tiefe spirituelle Begegnungen zwischen katholischen Christ(inn)en und Hindus gegeben hat – und dass es auch diese Erfahrungen sind, vor denen die Aussagen des Konzils zum Hinduismus gelesen werden müssen. Einer der Wegbereiter der katholischhinduistischen Begegnung war ein Jahr vor der Wahl Johannes XXIII. verstor-ben – am 10.10.1957. In seiner Wahlheimat Indien nannte er sich Swāmi Paramārūbyānandam („Wonne des höchsten gestaltlosen Einen“). Die Entscheidung von Jules Monchanin, so sein christlicher und bürgerlicher Name, im Jahr 1939 nach Indien aufzubrechen und einen Aschram (der allerdings erst 1948 entstand) zu gründen, kann leicht dazu führen, das Leben vor dieser Entscheidung zu verdecken oder zumindest als ein allein auf diesen Punkt ausgerichtetes darzustellen. Dabei ist das im Falle Monchanins keinesfalls so, sondern es ist – und das ist das Leitmotiv dieses Beitrags – die folgerichtige Suche nach der Mission des Katholischen in der Welt von heute.

      Kindheit, Jugend und Studium1

      Jules Monchanin wird am 10. April 1895, einem Aschermittwoch, in Fleurie (Département Rhône) in der bekannten Weingegend Beaujolais geboren. Die Familie ist wohlhabend, der Vater arbeitet als Weinhändler und ist viel unterwegs, so dass Jules und seine ältere Schwester vor allem bei der Mutter und den Großeltern aufwachsen. Der Junge ist von schwacher Gesundheit und wird Zeit seines Lebens an Asthma leiden, was wohl auch ein Grund dafür ist, dass er nicht der normalen Schullaufbahn folgt, sondern Privatunterricht bekommt. Während dieser Zeit liest er schon eine Legende über das Leben Buddhas und sein besonderes Interesse für Indien erwacht. Nach zwei Jahren im kleinen Seminar von Lyon tritt er 1913 in das Lyonaiser Priesterseminar in Francheville ein. Großes Interesse und Begabung für Philosophie markieren diesen ersten Studienabschnitt, zugleich wendet er sich der Mystik und besonders Johannes vom Kreuz zu. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges muss er das Studium jedoch unterbrechen und anstelle der einberufenen Lehrer an kirchlichen Schulen unterrichten. Während dieser Zeit erarbeitet er sich einen weitgefächerten eigenen Wissenshorizont und vertieft besonders seine Kenntnisse bezüglich der Kulturen Indiens. Gleichzeitig nimmt er auch kritisch Stellung hinsichtlich aktueller Entwicklungen (z.B. in Bezug auf die teilweise ablehnende Haltung innerhalb des französischen Episkopats hinsichtlich der Friedensinitiative Benedikts XV. zur Beendigung des Krieges). Die Weite und Gründlichkeit dieses Erkenntnisgewinns führen nach der Wiederaufnahme der theologischen Studien dazu, dass er deren funktionale Engführung kritisiert und ihre „Katholizität“ gerade in der Begegnung mit allen humanistischen Werten sucht.2 Er nimmt dabei auch die zeitgenössischen Bewegungen wie z.B. den Ökumenismus, den Surrealismus, den Kommunismus, den Anti-Kolonialismus und den Zionismus in den Blick.

      Priester in Lyon

      Am 29. Juni 1922 wird J. Monchanin zum Priester geweiht und ist aufgrund seiner theologischen Begabung ausersehen, an der Theologischen Fakultät Lyon (Fourvière) ein Lizentiatsstudium aufzunehmen. Auf die Frage seines Direktors, was er davon erwarte, antwortet der Neugeweihte: „mich eins werden zu lassen.“3 Besondere Aufmerksamkeit legt er nun auf das Studium der Trinitätstheologie. Nach zwei Studienjahren verzichtet er jedoch zur Überraschung seiner Oberen auf ein weiterführendes Doktoratsstudium. Er beginnt seinen Dienst als Vikar in der Arbeiter-Pfarrei La Ricamarie, die in der Nähe von Saint-Étienne liegt. Nach einigen Monaten wird er dann zuerst in die Pfarrei Saint-Maurice de Montplaisir und wenig später in die Pfarrei Saint-Vincent, beide in Lyon, versetzt. Monchanin erkrankt lebensbedrohlich an einer doppelten Rippenfellentzündung und legt das Gelübde ab, sich ganz der Missionierung Indiens zu widmen, wenn er wieder gesund wird. Einige Jahre später wird er dieses Ereignis in einem Brief an eine Ordensschwester, die er begleitet, folgendermaßen beschreiben: „Vor sieben Jahren, am Passionssonntag, empfing ich die letzte Ölung und bot meinen Tod oder mein Leben für Indien an – und litt vor allem daran, in Europa zu sterben. Gott ist gut: An diesem Morgen ruft mich Indien.“4 Danach wird er Seelsorger im Waisenhaus von Balmont und etwas später Seelsorger im „Collège“ der Lazaristen. Er frequentiert das intellektuelle Leben Lyons, wird in die hiesige Gesellschaft für Philosophie aufgenommen (sein erster Vortrag handelt über komparative Mystik), zum Berater einer bioethischen Forschungsgruppe der Zeitschrift Chronique sociale bestellt und zu Treffen mit evangelischen Pastoren eingeladen. In besonderer Weise widmet er sich der Begleitung von Menschen, die ihre Berufung in der Begegnung mit anderen Kulturen sehen.5 In dieser Zeit unternimmt er zwei Reisen nach