Barbara E Stalder

Lehrvertragsauflösung und Ausbildungserfolg - kein Widerspruch


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besseren Position oder einem höheren Gehalt verbunden sind oder die Arbeitstätigkeiten umfassen, die den Interessen der Person besser entsprechen (Mitchell et al., 2001).

      Freiwillige Kündigungen und Stellenwechsel können mit traditionellen Fluktuationsansätzen und neuen Laufbahntheorien erklärt werden. Passung bzw. Anpassung spielen in vielen dieser Modelle eine Rolle. Klassische Ansätze gehen davon aus, dass die Unzufriedenheit mit der Arbeitsstelle, eine geringe Verbundenheit mit dem Betrieb und vorhandene beruflichen Alternativen die Absicht von Mitarbeitenden verstärken, eine neue Stelle zu suchen und zu kündigen (Griffeth, Hom & Gaertner, 2000; Holtom et al., 2008; Warr, 2007). Neuere Laufbahntheorien verweisen zudem darauf, dass die Laufbahngestaltung stärker als bisher in den Händen der einzelnen Mitarbeitenden liegt und dass häufige Stellenwechsel zur Normalität werden (Arthur et al., 2005).

      Nach dem traditionellen Person-Umwelt-Ansatz haben Arbeitnehmende und Organisationen das Ziel, eine optimale Passung zwischen den Merkmalen der Person und der Arbeitsumgebung herzustellen (Dawis & Lofquist, 1984). Liegt eine gute Passung im Sinne eines needs-supplies fits und eines demands-abilities fit vor, sind Mitarbeitende und Betriebe zufrieden und streben danach, die Passung aufrechtzuerhalten. Ist die Passung ungenügend, versuchen Personen und Umwelt, diese (wieder) herzustellen. Mitarbeitende können zum Beispiel ihre Erwartungen senken oder zusätzliche Kompetenzen erwerben, um neue oder anspruchsvolle Arbeitstätigkeiten effektiv auszuführen. Arbeitgebende können den Mitarbeitenden andere Aufgaben oder mehr (bzw. weniger) Verantwortung übertragen oder ihnen ein anderes Pensum anbieten. Wenn die von Mitarbeitenden und Arbeitgebenden initiierten Strategien nicht erfolgreich sind, steigt die Unzufriedenheit weiter an und beide Parteien überlegen sich andere Lösungen. Es kommt zu einer Kündigung oder einer Entlassung.

      Alternative Erklärungen für das Kündigungsgeschehen gibt das «Entwicklungsmodell freiwilliger Kündigung» (unfolding model of voluntary turnover) (Lee, Mitchell, Holtom, McDaniel & Hill, 1999). Das Modell berücksichtigt, dass die Kündigungsentscheidung nicht immer nach einem langen Abwägungsprozess, sondern je nach Situation auch kurzfristig erfolgt. Zudem wird angenommen, dass der Kündigungsprozess auch durch besondere Ereignisse im beruflichen oder privaten Bereich ausgelöst werden kann. Diese können erwartet oder unerwartet, positiv oder negativ sein, beispielsweise ein heftiger Streit mit der vorgesetzten Person, Umstrukturierungen im Betrieb, die Geburt eines Kindes oder eine Krankheit der Arbeitnehmenden. Durch das Ereignis wird den Mitarbeitenden bewusst, dass ihnen die Stelle nicht mehr entspricht. Die Unzufriedenheit steigt und die Mitarbeitenden prüfen Alternativen. Sie kündigen, wenn sie eine neue Stelle in Aussicht haben, oder aber verlassen die Stelle ohne Anschlusslösung. Mitarbeitende geben ihre Stelle insbesondere dann kurzfristig und ohne berufliche Alternative auf, wenn ihre Passung zur Arbeitsumwelt außerordentlich schlecht und ihre Unzufriedenheit mit der Stelle sehr hoch ist. In anderen Fällen kündigen Personen bei Eintritt eines Ereignisses auch dann, wenn sie mit ihrer Stellensituation zufrieden sind. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Personen unerwartet ein attraktives Stellenangebot erhalten. Insgesamt verdeutlicht das Fluktuationsmodell von Lee et al. (1999), dass eine ungenügende Passung in vielen, aber nicht in allen Fällen eine wichtige Determinante für eine Kündigung ist.

      Kündigungen sind mit unterschiedlichen beruflichen Anschlusslösungen verbunden. Mitarbeitende können eine Stelle in ihrem bisherigen Beruf in einer anderen Organisation annehmen. Sie können sich aber auch entscheiden, den Beruf zu wechseln oder vorerst nicht mehr erwerbstätig zu sein. Zudem sind Stellenwechsel auch innerhalb der Organisation möglich, zum Beispiel durch einen Wechsel in eine andere Abteilung, eine Beförderung oder Rückstufung. Zurzeit gibt es nur wenige Studien, die Berufs- und Betriebswechsel oder interne und externe Fluktuation gleichzeitig untersucht haben (Ng et al., 2007; Rhodes & Doering, 1993). Sie zeigen, dass sich Mitarbeitende, die betriebsintern in eine neue Stelle wechseln, nur wenig von Mitarbeitenden unterscheiden, die in ihrer Stelle verbleiben (Doering & Rhodes, 1996). Beide Gruppen sind zufrieden mit ihrer Arbeit und beabsichtigen kaum, sich eine neue Stelle zu suchen. Im Gegensatz dazu sind Personen, die den Beruf und den Betrieb verlassen, vor der Kündigung nicht nur unzufrieden mit ihrer Arbeit, sondern insgesamt mit ihrem Beruf (Blau, Tatum & Ward-Cook, 2003). Die Studien weisen darauf hin, dass es wichtig ist, das Fluktuationsgeschehen im Zusammenhang mit der beruflichen Anschlusslösung zu untersuchen.

      Neue Laufbahntheorien betonen, dass Berufslaufbahnen infolge grundlegender Veränderungen im Arbeitsmarkt offener und unsicherer geworden sind (Arthur et al., 2005). Globalisierung, technologischer Wandel und Konkurrenzdruck erhöhen die Arbeitsbelastung und verlangen, dass Mitarbeitende ihre beruflichen Kompetenzen stetig weiterentwickeln. Gleichzeitig hat sich die Verantwortung für eine erfolgreiche Laufbahngestaltung weg von den Organisationen hin zu den einzelnen Mitarbeitenden verschoben (Hall, 2002). Im Vordergrund stehen Mobilität, Flexibilität und Selbstverantwortung, d. h. eine ständige und aktive Anpassung der Mitarbeitenden an ein sich rasch wandelndes Umfeld. Der Antrieb für die Laufbahnentwicklung geht von den einzelnen Individuen aus, die ihre Karriere selbstbestimmt und nach eigenen Wertvorstellungen vorantreiben (Briscoe & Hall, 2006). Durch die zunehmende Flexibilisierung von Laufbahnen werden Selbstverwirklichung in der Arbeit und die Erfüllung persönlicher Ziele immer wichtiger. Traditionelle Werte wie Pflichterfüllung und Loyalität gegenüber dem Betrieb scheinen hingegen in den Hintergrund zu treten. Mit Bezug auf Passung und Fluktuation bedeutet dies, dass Selbsterfüllung und Weiterentwicklung zu zentralen Inhalten von Passung werden und das Kündigungsverhalten beeinflussen (Briscoe & Hall, 2006).

      Zwei Metaanalysen bestätigen, dass eine geringe Arbeitszufriedenheit und Verbundenheit mit dem Betrieb, häufige Kündigungsgedanken und die Suche nach Alternativen die Wahrscheinlichkeit von Kündigungen stark erhöhen (Allen et al., 2010; Griffeth et al., 2000). Proximale Sozialisationsergebnisse (z. B. Beziehung zu Vorgesetzten, Rollenklarheit bzw. Rollenkonflikte) sowie Arbeitsbedingungen (z. B. Mitbestimmungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz, Belastung) leisten einen wenn auch eher geringen direkten Beitrag zur Voraussage von freiwilligen Kündigungen. Individuelle Merkmale wie Alter, Ausbildung, kognitive Fähigkeiten oder ein Migrationshintergrund sagen eine Kündigung hingegen kaum oder gar nicht voraus. Insgesamt bestätigt sich, dass Fluktuation vor allem mit distalen Sozialisationsergebnissen (Fluktuationstendenz, Arbeitszufriedenheit, Verbundenheit mit dem Betrieb) zusammenhängt. Proximale Sozialisationsergebnisse (Rollenklarheit, soziale Beziehungen) beeinflussen das Kündigungsverhalten von Mitarbeitenden vor allem indirekt, vermittelt über die distalen Sozialisationsergebnisse.

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