würden (z.B. «Was mache ich, wenn es zu einer Schlägerei kommt?» oder «Wie kann so etwas überhaupt passieren?»).
Fragen wählen: Alle stimmen darüber ab, welche Frage vertieft behandelt werden soll (z.B. «Wie kann so etwas überhaupt passieren?»).
Schritt 4: Raster wählen und darstellen
Wahl eines Rasters: Es wird ein Raster (ein theoretisches Konzept, ein Modell, eine Theorie) bestimmt, anhand dessen sich die gewählte Frage im Rahmen der Geschichte behandeln lässt (z.B. das Konzept des Vier-Ohren-Modells von Schulz von Thun).
Präsentation des Rasters: Eine Person beschreibt das Raster, sodass es allen präsent ist.
Schritt 5: Beschreibung
Die Geschichte wird in das Raster «eingefüllt», das heisst mithilfe der Begrifflichkeit des Rasters geordnet (z.B. Aspekte einzelner Äusserungen im Gespräch mit dem verärgerten Kunden den entsprechenden «Ohren»).
Schritt 6: Analyse
Anschliessend wird geklärt, ob das, was in der Geschichte geschehen ist, aus der Sicht des Rasters sinnvoll beziehungsweise korrekt war (z.B. «Wurde ein ‹Ohr› systematisch vernachlässigt?»).
Schritt 7: Varianten
Dieser Schritt schafft einen Freiraum, um Aspekte der Geschichte zu behandeln, die durch die vorangegangene fokussierte Analyse nicht berücksichtigt wurden. Er kann verschiedene Formen annehmen, wie beispielsweise:
Diskussionen, Input: Alle beteiligen sich an einer Diskussion, wie man beispielsweise in der Geschichte auch noch hätte vorgehen können (z.B. «Und was mache ich jetzt wirklich bei einer Schlägerei?»).
Übungen: Ausgewählte Aspekte des Rasters und seiner Anwendung werden gezielt geübt, etwa in Form von Rollenspielen (z.B. «auf Widersprüche zwischen den ‹Ohren› achten»).
Schritte 8: Konsequenzen
Individuell planen: Die Lernenden ziehen je für sich Konsequenzen aus dem Behandelten (z.B. das benutze Raster nochmals genauer durcharbeiten, in Zukunft im Betrieb anders zu reagieren …).
Schlussrunde: Die Lernenden beschreiben reihum kurz, welches ihre persönlichen Konsequenzen sind.
ERFAHRUNGEN REFLEKTIEREN IM ÜBERBLICK
1. Vorgabe einer typischen beruflichen Handlungssituation
2. Geschichte erzählen
3. Frage wählen
4. Raster wählen
5. Beschreibung
6. Analyse
7. Varianten
8. Konsequenzen
A2.3 Anregungen zu den einzelnen Schritten
So weit das Rezept Erfahrungen reflektieren einmal im Schnelldurchgang und anhand eines einfachen Beispiels (weitere Beispiele: B4 Reklamationsgespräch, B5 Das gute Leben und B6 Unterrichtsbeispiele besprechen). Damit die einzelnen Schritte die gewünschte Funktion übernehmen und als Ganzes ineinandergreifen, gibt es Verschiedenes zu beachten.
Zu Schritt 1: Vorgabe einer typischen beruflichen Handlungssituation
Hintergrund: C1 Subjektive Erfahrungsbereiche; C7 Schnelles Denken, langsames Denken
Situation als Analyseeinheit: Erfahrungen werden als Situationen erinnert (Hintergrund: C1 Subjektive Erfahrungsbereiche). Entsprechend ist die Einheit bei der Analyse von Erfahrungen die Situation.
Bekannte Situation: Der ganze Ablauf geht davon aus, dass die Lernenden mit der Situation bereits Erfahrungen gemacht haben. Am besten eignen sich daher Situationen, bei denen diese Voraussetzung für alle Lernenden erfüllt ist. Es ist aber auch möglich, an Situationen zu arbeiten, zu denen nicht alle Lernenden eigene Erfahrungen gemacht haben. Eine bestimmte Geschichte wird letztlich für alle – ausser der Lernenden, die sie erzählt – eine fremde Geschichte sein, und auch die Lernenden mit einschlägigen Erfahrungen müssen sich in diese fremde Geschichte eindenken. Allerdings sollten mehr als ein Drittel der Lernenden die Situation schon erlebt haben, da sonst in der Klasse der Eindruck entsteht, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt, die den ganzen Aufwand nicht wert ist.
Beobachtungsaufträge: Das Material, auf das die Lernenden bei der Arbeit an ihren Erfahrungen zurückgreifen, ist reichhaltiger, wenn man ihnen geeignete Vorbereitungsaufträge stellt. Dabei kann es sich um Beobachtungsaufträge handeln. Die Lernenden beobachten sich selbst oder andere in der entsprechenden Situation und machen sich Notizen. Man kann sie aber auch auffordern, Materialien wie schriftliche Unterlagen oder Handyfotos der erlebten Situation mitzubringen, soweit dadurch nicht rechtliche Bestimmungen verletzt werden.
Zu Schritt 2: Geschichte wählen und erzählen
Auswahl: Als Einstieg fragt die Lehrperson, wer von den Lernenden schon Erfahrungen mit der entsprechenden Situation (z.B. «Reklamationen entgegennehmen») gemacht hat und darüber erzählen möchte. Die Lernenden schildern kurz in zwei, drei Sätzen, was sie erzählen könnten. Diese Kurzfassungen dienen dann als Basis für die Entscheidung darüber, welche Geschichte ausführlicher erzählt werden soll.
Dadurch, dass die Lernenden bei der Auswahl der Geschichte mitwirken, wird sichergestellt, dass sich möglichst viele Lernende dafür interessieren und sich aktiv mit ihr auseinandersetzen (Hintergrund: C8 Gewisse Ungewissheit). In seltenen Fällen kann es trotzdem sinnvoll sein, wenn die Lehrperson die Lernenden überstimmt und eine Geschichte wählt, dank der sich besser an aktuellen Lernzielen arbeiten lässt (z.B. lieber «eine anspruchsvolle Kundin» als «ein wütender Kunde»).
Geschichte: Die Arbeit wird ergiebiger und wirksamer, wenn die Erfahrung ungefiltert einfliesst. Der Begriff «Geschichte» ist daher ganz bewusst gewählt. Es geht nicht darum, einen «Fall» zur Illustration einer bestimmten Theorie zu gewinnen, sondern darum, an den realen Erfahrungen der Lernenden anzuknüpfen und diese zu bearbeiten (Hintergrund: C1 Subjektive Erfahrungsbereiche; C2 Erfahrungen und Ressourcen; C7 Schnelles Denken, langsames Denken).
Nur eine Geschichte: Es wird nur eine Geschichte erzählt, damit genügend Platz vorhanden ist, um die entsprechende Erfahrung in ihrer vollen Komplexität darzustellen und zu analysieren. Allerdings wird so das situative Wissen nur von einer einzigen Lernenden direkt bearbeitet. Daher ist es wichtig, die Geschichte ausführlich zu erzählen, sodass die anderen Lernenden sie als eine Ersatzerfahrung auch in ihr situatives Wissen einbauen können (Hintergrund: C2 Erfahrungen und Ressourcen; C5 Erfahrung und Instruktion).
Zu Schritt 3: Frage wählen
Funktion: Jede reale Erfahrung lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln genauer analysieren. Fragen, die man im Zusammenhang mit der erzählten Geschichte behandeln möchte, entsprechen solchen Blickwinkeln. Dabei kann es um eher fachliche, aber genauso gut um sozial-kommunikative oder methodische Fragen gehen.
Bei «Reklamationen entgegennehmen» könnte es beispielsweise aus einem eher fachlichen Blickwinkel um den professionellen Umgang mit Reklamationen gehen oder aus einer eher sozial-kommunikativen Perspektive um die Gestaltung der Interaktion mit dem Kunden.
Wahl: Auch hier sollen nach Möglichkeit die Lernenden die Frage bestimmen, mit der weitergearbeitet wird, damit sich möglichst viele von ihnen mit ihr identifizieren und aktiv mitarbeiten (Hintergrund: C4 Lernziel richtige Antwort). Sogar wenn die Frage aus Sicht der Lehrperson nicht besonders sinnvoll erscheint, kann es zweckmässig sein, auf den Wunsch der Gruppe einzugehen. Dies ermöglicht es den Lernenden zu erleben, welche Fragen in welchem Kontext eher zu interessanten