die dem Prinzip der kognitiven Aktivierung gerecht werden, sind stark fachdidaktisch orientiert und bedürfen für jedes Fach einer expliziten Klärung. Es gibt aber auch einige allgemeindidaktische Entscheidungen in der Unterrichtsgestaltung; sie finden sich in folgenden Unterrichtsideen, die alle eine gewisse Binnendifferenzierung voraussetzen oder mit sich bringen:
Kooperatives Lernen nach Green und Green:[29] Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in Gruppen an bestimmten Aufgaben nach dem Stufenprinzip: «eigenes Denken – gemeinsames Denken – Vorstellen der Ergebnisse». Wichtig ist die gemeinsame Verantwortung für das Lernergebnis, das in der größeren Gruppe oder im Plenum vorgestellt wird. Entgegen der herkömmlich verbreiteten Gruppenarbeit, bei der nach dem Prinzip TEAM – Toll Ein Anderer Machts immer nur Einzelne arbeiten, werden Teilaufgaben verteilt und später wieder zusammengeführt (z. B. beim «Gruppenpuzzle» oder «Think-Pair-Share»), oder eine gemeinsame Aufgabe wird nach einer Eigenarbeitszeit gemeinsam besprochen und vorangebracht (z. B. nach den Methoden «Lerntempoduett» oder «Placemat»). Für die Erarbeitungsphase ist wichtig, dass Verantwortung für bestimmte Aufgaben und Rollen übernommen wird. Wir erläutern diese Arbeitsform noch mal etwas genauer in Abschnitt 3.6, hier.
Lernen durch Lehren:[30] Schülerinnen und Schüler erarbeiten selbstständig Lerninhalte, um sie sich dann gegenseitig vorzustellen, zu vertiefen und zu prüfen. Dabei übernehmen sie schrittweise Aufgaben der Lehrkraft. Der Redeanteil der Lehrkraft sinkt beträchtlich zugunsten des Redeanteils der Schülerinnen und Schüler. Dadurch ergibt sich eine lernseitige Perspektive auf die Inhalte.
Das Sandwichprinzip nach Hepting:[31] Durch einen Wechsel von unterschiedlichen Phasen – eine davon kann «Lernen durch Lehren» sein – können Lernstrategien erlernt und eingeübt werden.
Methoden zur Unterstützung der Selbstreflexion und Selbstverbalisierung: Selbstverbalisierung, der eine Reflexion vorausgeht, wird zum Beispiel durch die Methoden «Concept Map» oder «Clickerfragen» gefördert. Hierbei können die eigenen Lernprozesse rekonstruiert und überarbeitet, also reflektiert werden. Einschätzungsfragen zu den Lerninhalten ermöglichen eine inhaltsbezogene Selbstreflexion.
Unterschiedliche Aufgabenformate, beispielsweise die Methode «A-E-I-O-U»:[32] argumentieren, erkunden, imaginieren, ordnen, urteilen.
Konstruktive Unterstützung
Konstruktive Unterstützung offenbart sich im (schülerorientierten) Unterrichtsklima und im Ausmaß der Unterstützungsleistungen der Lehrkraft. Die pädagogische und fachdidaktische Begleitung für den Konstruktionsprozess der Schülerinnen und Schüler ist hierbei ganz stark im Blick. Mögliche Leitfragen lauten: «Auf welche Weise hilft die Lehrkraft den Lernenden, wenn Verständnisprobleme auftreten, und wie sehr ist die Interaktion zwischen Lehrkräften und Lernenden durch Wertschätzung und Respekt geprägt?»[33]
Es gibt eine Reihe von Faktoren, anhand deren sich das Unterrichtsklima beschreiben lässt.
•Bezogen auf das Unterrichtsverhalten der Lehrkraft, sind das zum Beispiel:
–Unterrichtstempo,
–Geduld,
–Verständnis,
–Achtsamkeit und Wertschätzung,
–Redeanteile,
–Verfügbarkeit bei Problemen,
–Flexibilität in der Aufgabenstellung,
–eine positive Fehlerkultur,
–Gesprächskultur,
–Interesse am Lernstand der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
•Bezogen auf die Unterstützung der Lernprozesse, sind es zum Beispiel:
–Lernfortschritte der einzelnen Schülerinnen und Schüler (individuelle Rückmeldung und individuell begleitende, differenzierende Aufgaben),
–ein regelmäßiges formatives Feedback im Lernprozess,
–das Ermöglichen von Helfersystemen innerhalb der Peergroup,
–das Ermöglichen von Selbstreflexion zur Einschätzung des eigenen Lernstandes.
Die Lehrkraft gewährleistet die positive motivationale und emotionale Entwicklung ihrer Schülerinnen und Schüler auch dadurch, dass sie verschiedene Rollen übernimmt, nämlich jene
•der Persönlichkeit, die Interesse für ihre Schülerinnen und Schüler signalisiert und an die sich diese hilfesuchend wenden können,
•der Lehrkraft mit hoher Diagnosekompetenz und großem Wissen über individuell erforderliche Aufgabenstellungen,
•der Mediatorin, die zwischen Lerninhalten und individueller Schülerleistung vermittelt,
•der Regisseurin von Lernsituationen zwischen aktivem Tun, Hilfestellung und Reflexion,
•des maßgebenden Vorbilds für eine konstruktive Gesprächsführung.
Klassenführung
Klassenführung strukturiert Lehr-Lern-Prozesse insofern, als sie auf die Schaffung einer lernförderlichen Atmosphäre und auf das Erreichen einer möglichst effektiven Lernzeit abzielt. Die Leitfragen sind folgende: «Wie gut gelingt es, den Unterricht so zu steuern, dass möglichst wenige Störungen auftreten, alle Schüler am Lernen beteiligt sind und Unterrichtszeit somit effektiv genutzt werden kann?»[34] In der Umsetzung geht es um das Organisieren von Regeln, das Einüben von Routinen und den Umgang mit Störungen, aber bei Weitem nicht nur. Genauso wichtig sind das Schaffen und Pflegen von Beziehungen im Klassenzimmer, denn nur dadurch können Lehrkräfte dafür sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler am laufenden Lernprozess beteiligt sind.
Klassenführung bedarf einer spezifischen Haltung, Intention und zielgerichteten Handlungsweise. Es ist deshalb unabdingbar für die Lehrkraft, ihre eigenen Entscheidungen in der Klassenführung reflektiert zu treffen.
Entscheidungen für die eigene Klassenführung
Als Lehrkraft sind Sie Kapitänin oder Kapitän Ihres Unterrichts: Sie werden gelockt von Ihren eigenen Reisebildern, die Sie als Vision im Kopf haben. Sie legen die Route fest, kümmern sich um eine intakte Ausstattung, delegieren und unterstützen Ihre Mannschaft, die Arbeitsaufträge zu erledigen, und sorgen dann unter Mithilfe der gesamten Mannschaft für das sichere Erreichen dieser Ziele.
Was Sie bei den Schülerinnen und Schülern in der Tiefe erreichen wollen, müssen Sie vorab in der Tiefe reflektiert und sich bewusst gemacht haben. Sie lassen sich dabei von Fragen leiten wie: Was bringe ich an Vision, an Haltung mit, und welche Lernziele strebe ich an? Wie muss meine Klassenführung dann aussehen, um möglichst viel effektive Lernzeit bei einem möglichst lernförderlichen Klima zu bewirken? Wichtig ist, immer die Wechselwirkung der Dimensionen vor Augen zu haben.
MÖGLICHE FRAGEN ZUR REFLEXION DER EIGENEN KLASSENFÜHRUNG | |
Möchte ich kognitive Aktivierung unterstützen?Durch welche Entscheidungen bezüglich der Lernsituation? | –Zum Beispiel durch kooperatives Lernen – das ist eine Entscheidung für meine Klassenführung, denn ich muss den Lernraum entsprechend gestalten, die Schülerinnen und Schüler auf
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