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Persönlichkeitsentwicklung in Hochschulausbildungen fördern (E-Book)


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vorwiegend Fragen zur Feststellung und Messung von Kompetenzen. Weit weniger bearbeitet wurde die Frage, wie auf Hochschulebene Handlungskompetenzen – im Besonderen Selbst- und Sozialkompetenzen – didaktisch gefördert werden können. Es fehlt weitgehend an erprobten Konzepten, an denen sich Curriculumsentwicklerinnen und -entwickler und Hochschullehrpersonen orientieren können. Der nachfolgende Beitrag versucht, Hilfestellung zu bieten, und benennt theoretisch und empirisch gestützte didaktische Prinzipien, die die lehrmethodische Ausgestaltung einer Lernumgebung zur Förderung der Entwicklung berufsrelevanter Selbst- und Sozialkompetenzen anleiten können. Sie sind das Resultat umfassender Evaluationstätigkeit der Autorin im Rahmen ihrer Dissertation (Studer, 2019).

      Bevor die Gestaltungsprinzipien dargestellt werden, soll zum einen zunächst geklärt werden, was in diesem Artikel unter berufsrelevanten Selbst- und Sozialkompetenzen verstanden wird; zum anderen erfolgt ein kurzer Einblick in theoretische Ansätze zur Kompetenzförderung, die den Ausgangspunkt der im Anschluss beschriebenen didaktischen Gestaltungsprinzipien bildeten.

       1 Begriffliche Fassung von Selbst- und Sozialkompetenzen

      Selbst- und Sozialkompetenzen bilden Bestandteile beruflicher Handlungskompetenzen, die im deutschsprachigen pädagogischen Bereich mit «innere[n] Potenziale[n] beziehungsweise Dispositionen für ein stabiles, regelmäßiges Handeln in bestimmten Situationstypen» (Euler & Hahn, 2014, S. 83) gleichgesetzt werden.[1] Als innere Dispositionen sind Kompetenzen nicht Handlungsergebnis, sondern Handlungsvoraussetzung. Innere Dispositionen und damit Kompetenzen sind entweder bereits gegeben, oder sie lassen sich über Lernprozesse entwickeln (a. a. O., S. 82).

      Als mehrdimensionale Konstrukte sind Selbst- und Sozialkompetenzen in den Dimensionen «Erkennen» (Wissen), «Werten» (Einstellungen) und «Können» (Fertigkeiten) differenzier- und präzisierbar:

      «In der Dimension des Erkennens stehen kognitive Handlungsschwerpunkte im Vordergrund. Es existiert Wissen über […] die Beziehung zu anderen Menschen oder die eigene Person. Das Wissen wiederum kann unterschiedliche Ausprägungen haben, wie Verstehen oder Analysieren.

      In der Dimension des Wertens wird eine bestimmte Einstellung beziehungsweise affektiv-bewertende Haltung […] in der Beziehung zu anderen Menschen oder gegenüber Facetten der eigenen Person eingenommen. Diese Gegenstände des Wertens werden beispielsweise unter moralischen, ästhetischen oder Nützlichkeitskriterien als eher wertvoll oder wertlos beurteilt. Die Einstellungen können ebenfalls unterschiedliche Ausprägungen besitzen [wie sich interessieren, zuwenden, tolerieren, zulassen usw.; Anm. der Autorin] […].

      In der Dimension des Könnens ist in erster Linie das handhabend-gestaltende Wirken angesprochen. Der Handelnde will […] die Beziehung zu anderen Menschen oder Facetten der eigenen Person neu konstruieren, verändern oder auf eine andere Weise bearbeiten. [Es geht beispielsweise darum, mit Hilfe spezifischer Techniken und/oder Prinzipien eine Beziehung zu einem anderen Menschen zu gestalten, Arbeitsprozesse effizient umzusetzen, Gespräche konstruktiv zu führen oder Aspekte der eigenen Person zu verändern; Anm. der Autorin.]

      Die Unterscheidung zwischen Erkennen/Wissen und Können/Fertigkeiten ist in Grenzfällen schwer zu ziehen. […] Pointiert formuliert lässt sich Können auch als Fertigkeit zur Anwendung von Wissen bezeichnen.» (A. a. O., S. 142 f.)

      Die Palette an Ansätzen, die sich in der Literatur zur inhaltlichen Festlegung von Selbst- und Sozialkompetenzen finden lassen, ist groß. In diesem Beitrag wird auf das Begriffsverständnis der Gruppe um Dieter Euler zurückgegriffen. Diese Autorinnen und Autoren verstehen

      – Selbstkompetenz als die Fähigkeit, die eigenen bisher erworbenen Kompetenzen, die eigenen physischen und psychischen Dispositionen und Zustände sowie das eigene Selbstkonzept weiterzuentwickeln (a. a. O., S. 284 f.);

      – Sozialkompetenz «als Disposition zur zielgerichteten Kommunikation mit anderen Menschen über sachliche, soziale oder persönliche Themen in spezifischen Typen von Situationen» (a. a. O., S. 237).

      Zur Festlegung der berufsrelevanten Selbst- und Sozialkompetenzen, die in einem Ausbildungsgang adressiert und erworben werden sollen, gilt es, diese eher abstrakten Definitionen für das Berufsfeld inhaltlich zu präzisieren. Referenzpunkt sind hierbei die Anforderungen und Herausforderungen, die aktuell im beruflichen Handlungsfeld zu meistern sind. Zu berücksichtigen sind bei der inhaltlichen Präzisierung aber auch gesellschaftliche Trends, die möglicherweise Folgen für die Ausgestaltung des Berufsfelds haben könnten. Schließlich beeinflussen normensetzende Dokumente von Fachverbänden, wie beispielsweise für die Ausbildungsinstitutionen vorgegebene Kompetenzprofile, sowie das institutionseigene Bildungsverständnis den Entscheid, welche Kompetenzen als Abgangskompetenzen eines Ausbildungsgangs konkret festgelegt und damit von den Studierenden im Verlaufe ihres Studiums entwickelt werden sollen (Studer, 2019, S. 28).

      Eine Übersicht über auf diese Weise abgeleitete berufsrelevante Selbst- und Sozialkompetenzen für das Handlungsfeld «Soziale Arbeit» findet sich bei Studer (a. a. O., S. 29 ff.).

       2 Ansätze zur Kompetenzförderung

      Sind die im Studium zu erwerbenden Selbst- und Sozialkompetenzen festgelegt, stellt sich die Frage, wie deren Entwicklung didaktisch unterstützt werden kann. Die Literatur antwortet auf diese Frage vorwiegend mit dem Verweis auf die klassischen (behavioristischen, sozial-kognitiven und kognitiven) Lerntheorien. Ein Konzept jüngeren Datums, dem ebenfalls Potenzial hinsichtlich der Förderung von Selbst- und Sozialkompetenzen zugeschrieben wird, ist das «Konzept des problemorientierten Lernens» (vgl. Euler & Hahn, 2014, S. 118 ff.). Ausgangspunkt für das Erlernen von Kompetenzen bilden diesem Konzept zufolge möglichst praxisbezogene und herausfordernde Problemstellungen, die an den Lernzielen und den Voraussetzungen der Lernenden auszurichten sind. Dadurch wird der Erwerb von Handlungskompetenzen im (hoch-)schulischen Rahmen mit ihrer Anwendung im Praxisfeld verknüpft. Durch die Verortung des Problemlösens in unterschiedlichen Kontexten kann das Anwenden der Kompetenzen zusätzlich erleichtert werden. Nach von Rosenstiel (2012, S. 113) ist es grundsätzlich die Auseinandersetzung mit Herausforderungen, die zur Entwicklung von Kompetenzen führt. Solche Herausforderungen können sich seines Erachtens infolge unerwarteter, komplexer Situationen ergeben, wie sie beispielsweise in Praktika während der Studienzeit anzutreffen sind.

      Ein weiterer Ansatz, der zur didaktischen Unterstützung der Kompetenzentwicklung in der Literatur vorzufinden ist, ist das «Prinzip des problembezogenen Lernens durch Erfahrung» (vgl. Euler, 2012, S. 186 ff.; Euler & Walzik, 2009, S. 129 ff.). Grundlage des Lernens bilden nach diesem Prinzip konkrete Erfahrungen, deren Reflexion zur Entwicklung von Kompetenzen führt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Reflexion einem Nachdenken über eine erlebte Situation oder einem Vordenken zukünftiger Handlungen gleichkommt. Entscheidend für die Kompetenzentwicklung ist dem Prinzip zufolge die Verzahnung von Erleben (im Sinne der Auseinandersetzung mit vergangenen [eigenen wie fremden] Geschehnissen), Erproben (im Sinne des eigenen Agierens in konkreten Situationen) und Reflektieren – oder wie bereits Dewey (2000, S. 215) und Schön (1983) betont haben: die Verknüpfung von Handlung und Reflexion.

      Dass die Kompetenzentwicklung der Reflexion bedarf, darüber sind sich viele Autorinnen und Autoren einig (u. a. Euler, 2012, S. 186 ff.; Gerber & Müller, 2014, S. 37; Greif, 2008, S. 20; Müller, Gerber & Markwalder, 2014; Müller Fritschi, 2013; Reis, 2009; von Rosenstiel, 2012, S. 113 ff.). Als förderlich wird sowohl das Reflektieren als Einzelperson als auch das Reflektieren in Gruppen angesehen. Letzteres kann beispielsweise das gemeinsame Auswerten und gegebenenfalls Generalisieren von Erfahrungen (von Rosenstiel, 2012, S. 113), das Bewusstmachen eigener, aber auch fremder Stärken und Schwächen (a. a. O., S. 14) wie auch das gemeinsame, dialogartige Hinterfragen des Wissens und Könnens, das sich in konkreten Praxishandlungen zeigt (Schön, 1987, S. 100 ff.), umfassen. Im Hinblick auf die Förderung der Kompetenzenzwicklung scheint es Greif (2008, S. 37) zufolge jedoch wichtig zu sein, in Abgrenzung zu ziellos kreisenden Grübeleien ergebnisorientierte Reflexionen anzustreben. Diese zeichnen sich durch ein systematisches Vorgehen und ein