besonders Resonanzprozesse der Therapeutin beachtet und mit genutzt. (ebenda, 116f). Dabei können Veränderungen des körperlichen Ausdrucksverhaltens oder Brüche im Kontakterleben als Hinweise für mögliche Wechsel (switch) zu einer anderen inneren Person /Alter (von alternierender Persönlichkeitsanteil; ebenda, 14) dienen. Bei vielen verschiedenen Wechseln wird versucht eine gemeinsame Ausdruckslinie zu erfassen, als Hilfs-Integrationsleistung für die Klientin.
Die Autorinnen nutzen das Modell der acht blockierten Kontaktzyklen von Hartmann-Kottek-Schröder (1983, zit. nach Deistler & Vogler; ebenda, 120) zur Beschreibung der Kontaktunterbrechungen ihrer Klientinnen. Dabei können unterschiedliche innere Personen verschiedene Kontaktunterbrechungen aufweisen. Als Grundprinzipien gestalttherapeutischer Arbeit mit traumatisierten Menschen nennen die Autorinnen in Anlehnung an Butollo, Krüsmann und Hagl (1998) die übergeordnete Relevanz der Beziehung, das Arbeiten in der Gegenwart, und das Schließen unvollendeter Gestalten.
Durch die ständige Einbeziehung von Körper, Gefühl und Kognitionen wird eine integrierende Verbindung zwischen den dissoziierten Anteilen der Klientinnen gefördert. Diese Integration sollte dabei immer an dem Wohlbefinden und der Lebensqualität der Klientin orientiert werden und nicht zum Selbstzweck geraten. Die Verbesserung der Beziehungsfähigkeit auf der Grundlage erlebter Beziehung zwischen Klientin und Therapeutin stellt ein Lernmodell für andere neue Beziehungserfahrungen außerhalb des therapeutischen Settings dar (ebenda, 141).
Die Bedeutung einer möglichst gleichberechtigten Haltung wird unterstrichen, die sich jenseits des Gefälles von Definitionsmacht und Wissensmacht in der gleichberechtigten personalen Begegnung nach Gremmler-Fuhr (1999 zit. nach Deistler und Vogler; ebenda, 143) vollziehen kann. Dabei ist es wichtig, dass jede der Alters mit der Therapeutin in Beziehung tritt und auf ihre spezifische Weise auf die Therapeutin reagiert, antwortet und response-ability beweist (S. 161). Die Dissoziative Identitätsstörung wird als Beziehungsstörung angesehen. Zentrale Bedürfnisse der Klientin wurden dissoziert, und müssen erst wieder langsam wahrgenommen, benannt, verstanden und integriert werden, und zwar meist für verschiedene Alters. Dabei können Schwierigkeiten und Reinszenierungen auftreten. Deistler und Vogler beschreiben eine Reihe von Möglichkeiten, die Beziehung zwischen Klientin und Therapeutin zu regeln und die Klientinnen weiter zu stabilisieren, wie Verträge z.B. zum Gewaltverzicht, die Erstellung innerer Landkarten, Groundingübungen, Sicherheitsmaßnahmen, Sicherer-Ort-Übungen, und andere imaginative Übungen nach Reddemann (2001, zit. nach Deistler und Vogler). Die Arbeit an Täterintrojekten wird ebenfalls dargestellt. Die therapeutische Begleitung im Rahmen des betreuten Wohnens wird detailliert ausgeführt und ihre Möglichkeiten und Grenzen ausgelotet. Die Gefahren einer sekundären Traumatisierung von TherapeutInnen werden von den AutorInnen abschließend untersucht und mögliche Gegenmaßnahmen aufgeführt.
Trauer
Perls (1981) »Die Trauerarbeit (ist) ein ungeheuer wichtiger Prozess um (…) zu überleben.« Perls hat in dem oben zitierten Beispiel einer Therapie eines KZ-Überlebenden dessen Möglichkeit und wiedererlangte Fähigkeit zu trauern und seiner Trauer Ausdruck zu verleihen als entscheidenden Heilungsfaktor verstanden. Kepner (1995) betont die Trauer um den Verlust der Kindheit als einen wichtigen Entwicklungsschritt des erwachsenen Missbrauchsopfers. Auch Besem & van der Vugt (1990) halten die Trauer für eine bedeutsame Phase des Heilungsprozesses. Canacakis (2002) schildert vor einem gestalttherapeutischen Hintergrund essentielle Abläufe von Trauerprozessen. Butollo (1998, 269) betont die Notwendigkeit des Trauerns im Genesungsprozess einer Traumatherapie.
Angst, Strukturelle Störungen, Sucht,
»Der Mangel an wesentlicher Stützung wird als Angst erlebt«, schreibt Lore Perls (1989, 111). »Allgemein wird Angst einer Einengung der Atmung gleichgesetzt; aber die Reduktion oder gar Suspendierung der Atmung und damit auch die Reduktion der Erregung und des Interesses ist manchmal schon eine Reaktionsbildung auf eine möglicherweise gefährliche Situation (Totstellreflex)«. (ebd.) Die Folgerung aus dieser Definition ist eine supportive Therapie. Einen Ansatz der Integration gestalt- und verhaltenstherapeutischer Herangehensweisen legte Butollo (1996) vor. Die Therapie von Persönlichkeitsstörungen wie der Borderlinestörung sowie von Suchterkrankungen, die beide ebenfalls als Folgen und Bewältigungsversuche traumatischer Erfahrungen angesehen werden können, sind von Gestalttherapeuten als spezifische Therapiefelder entwickelt worden. Zur Borderlinestörung legten Votsmeier (1988), Yontef (1999), Janssen (1999), Greenberg, Rice & Elliot (2003), Klampfl (2003) Beiträge vor. Votsmeier (1999) formulierte Grundsätze der Gestalttherapie mit besonderem Augenmerk der traumatischen Genese sowie des Konzepts der Dissoziation. Lang (2007) diskutierte mit entwicklungstheoretischem Blick frühe Störungen, die er frühe Entwicklungshemnisse nennt, als Traumafolgestörungen. Lang fordert bei frühen Störungen vor allem supportive therapeutische Schritte unter Einbezug des Körpergedächtnisses, sowie gegenwärtige Augenblicke genießen zu lernen. Gestalttherapeutische Suchtbehandlung beschrieben Röser (1994), Röser & Votsmeier (1999), Wardetzki (1999) und Clemmens (1997, 2006).
Eigene Beispiele gestalttherapeutischer Traumaarbeit
In meinen beiden Fallbeispielen werden die Kraft und der Schutz einer wichtigen sozialen Beziehung sichtbar, aber auch die Schwächung durch deren Verlust.
Wo ist mein Platz?
Eine 23-jährige gehörlose Patientin war mit ihrer besten Freundin vor einem halben Jahr in eine Lawine geraten. Dabei wurde sie selbst fast erdrückt, die beste Freundin starb noch in der Lawine vor ihren Augen. Die Klientin zeigte Hyperarousal, Flashbacks, Intrusionen, Suizidphantasien, sozialen Rückzug besonders auch von der Herkunftsfamilie, die vermieden wird. Die Therapie erfolgt in Gebärdensprache. Nach zwei Sitzungen will sie auch die Therapie abbrechen, das bringe alles nichts. Nach einer EMDR-Intervention zum traumatischen Erlebnis verändert sich der Focus. Nun wird klar, dass die beste gehörlose Freundin, mit der die Patientin zum ersten Mal außerhalb der Familie zusammen lebte und die sie bereits aus der frühen Schulzeit gut kannte, eine wichtige Funktion beim Ablösungsprozess von der Herkunftsfamilie hatte, der jäh unterbrochen wurde. Es besteht jedoch eine ungeheure Sprachlosigkeit der Klientin ihrer Familie gegenüber. Durch Stuhlarbeit kann sie langsam ihre Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken. Trauer, Wut und Ärger auf die Mutter und die Herkunftsfamilie dominieren nun als vorherrschende Gefühle. Die Patientin zeigte große Angst und scheint unfähig, dies der Mutter im Zweiergespräch zu zeigen. Wir vereinbaren eine Dreiersitzung mit moderiertem Dialog zwischen Mutter und Tochter und mir mit Ermutigung der Tochter. Die Tochter äußerte ihrer Mutter gegenüber vorsichtig ihre Wünsche nach einer besser auf sie abgestimmten Kommunikation im familiären Rahmen. Die Mutter beschwichtigt eher, die Patientin gibt enttäuscht auf. Weitere Stuhlarbeit mit noch prägnanterer Formulierung ihrer Bedürfnisse, danach erneuter moderierter Dialog mit Mutter und Tochter. Die Tochter kann ihrer Mutter jetzt sagen, dass sie sich in der Familie oft kommunikativ ausgeschlossen fühlt, und dass sie sich wünscht, dass in ihre Familie mehr gebärdet, mehr visuelle Kommunikation benützt wird. Die Mutter erklärt sich dazu bereit. Nun hat die Tochter endlich das Gefühl, von der Mutter wahrgenommen zu werden und potentiell in die Familie zurückkehren zu können. Dabei verschwinden die PTSD-Symptome, und die Isolationserfahrungen völlig. Bei einem Nachtreffen zwei Jahre später berichtet die Patientin, dass sie danach mit ihrem Freund zusammen gezogen sei, dass sie aber das Gefühl hatte, dass ihre Familie auch für sie da gewesen sei.
Darf ich wie ich will?
Eine ca. 50-jährige prälingual gehörlose Frau berichtet mir in Gebärdensprache über ihre Kindheit in einem strengen christlichen Gehörlosenschulheim, in das sie gegen ihren Willen mit sechs Jahren gebracht worden war. Dies war der Zeitpunkt ihrer Einschulung in die Gehörlosenschule und dies war die für sie zuständige. Sie hatte überhaupt nicht verstanden, weshalb sie dorthin musste. In ihrer Familie hatte ihr keiner erklärt was geschehen würde. Die Kommunikationsmittel waren begrenzt, und den Eltern war von der Heimleitung gesagt worden, dass sie so verfahren sollten. Sie fuhr also mit ihren Eltern in das Heim, diese sprachen mit den Schulschwestern, dann wurde sie plötzlich von den Schwestern gepackt und in einen Raum gesperrt. Sie sah durch einen Türspalt noch kurz, wie ihre Mutter mit Tränen in den Augen zu ihr hersah und von einer anderen Schwester mit ihrem Vater nach draußen geleitet wurde. Als sie schließlich aus dem Zimmer durfte, waren ihre Eltern nicht mehr da. Sie weinte und