Bedeutung hatten die Schwyzer bereits 1417 Friedrich VII. von Toggenburg in ihr Landrecht aufgenommen, während seine Gemahlin und Universalerbin Elisabeth 1433 Zürcher Ausburgerin wurde. Als Friedrich ohne Kinder und ohne Testament starb, standen sich damit zwei Parteien mit vertretbaren, aber nicht soliden Erbansprüchen gegenüber. Schwierig wurde die Lage Zürichs, als die Ausburgerin Elisabeth auf ihr Erbe verzichtete. Damit gerieten die Gebiete zwischen Zürich- und Walensee (Grafschaft Uznach, Vogtei Windegg/Gaster) an Schwyz und seinen engsten Verbündeten Glarus, die sie fortan als Gemeine Herrschaft verwalteten. Die Zürcher reagierten 1438 mit einer Kornsperre. Da die Innerschweizer Viehzüchter existenziell von Getreidelieferungen abhängig waren, entstand daraus der Alte Zürichkrieg (1440-1450), in dem sich die übrigen Eidgenossen auf die Seite der Schwyzer stellten. Insbesondere wollte Bern verhindern, dass sich Zürich ähnlich erfolgreich in den Alpenraum vorschob wie es selbst.
Allein gelassen, schaute sich Zürich nach ersten Niederlagen und einem erzwungenen Frieden nach neuen Verbündeten um. Die «keiserliche Stadt», wie sie sich seit Sigismunds Privilegien von 1433 nannte, ging dazu den König und späteren Kaiser Friedrich III. an – mit dem aber seit 1440 wieder ein Habsburger im Reich herrschte. Friedrich war interessiert, einerseits als Pfandherr einiger Gebiete des verstorbenen Grafen von Toggenburg; andererseits deshalb, weil er die Habsburger Stammlande zurückgewinnen wollte. Damit und ebenso mit der Rückgabe der Grafschaft Kyburg erklärten sich die Zürcher im Bündnis einverstanden, das sie mit Friedrich im Juni 1442 «ze ewiger zit» schlossen.
Trotz österreichischer Hilfe blieb Zürich in der Defensive. Nachdem es die Vorladung zu einem Schiedsgericht verweigert hatte, das im Bundesvertrag vorgesehen war, verwüsteten die Eidgenossen das Umland. Der Wortführer gegen Schwyz, Bürgermeister Rudolf Stüssi, fiel vor den Toren der Stadt in der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl, die Besatzung der Zürcher Festung Greifensee wurde nach der Eroberung hingerichtet. Dieser «Mord von Greifensee» erregte viel Aufsehen, weil bisher ähnliche Bluttaten unter Eidgenossen unterblieben waren. Entlastung ergab sich dank einer anderen «Schlacht von St. Jakob», an der Birs in der Nähe von Basel, wo gleichzeitig (von 1431 bis 1449) das Konzil tagte. An der Birs stellten sich gut tausend Eidgenossen den Armagnaken in den Weg, Söldnern des französischen Thronfolgers, des späteren Ludwig XI. In einer Ruhepause des Hundertjährigen Kriegs zogen sie plündernd gegen das Mittelland, wozu Friedrich III. sie aufgefordert hatte. Die eidgenössischen Truppen wurden zwar völlig aufgerieben, doch verzichtete der Dauphin auf den weiteren Vormarsch. Nachdem König Friedrich III. den Reichskrieg ausgerufen hatte, griff stattdessen sein Bruder, Erzherzog Albrecht VI., der Regent in den Vorlanden, mit südwestdeutschen Adligen zusammen in die Kämpfe ein, die sich nun als Entscheidung zwischen habsburgischer Nobilität und «Schwyzer» Bauern präsentierten. Militärisch blieb es aber beim Patt, bis Bern als unumgänglicher, da mächtiger Vermittler 1450 einen Frieden herbeiführte, der Zürich fast alle besetzten Gebiete ohne Kriegsentschädigung zurückgab. Auch die Landvogtei Kyburg kam als Pfand wieder dauerhaft an die Stadt. Dies war ein Grundzug selbst der bittersten Kriege unter Eidgenossen und sollte es bleiben: Am territorialen Besitzstand der Verlierer wurde im Prinzip nicht gerüttelt, wie der Blick auf die heutigen Kantonsgrenzen lehrt, die zumeist jahrhundertealten Linien folgen. Die Bünde konnten nur dauerhaft werden, wenn sie die gemeinsame Sicherung der einzelörtischen Herrschaft gewährten. Expansion auf Kosten anderer Orte musste diesen Grundkonsens zerstören.
Entgegen der Zürcher Leseweise der älteren Bundesbriefe wurde jedoch die dort vorbehaltene Bündnisfreiheit eingeschränkt, sodass Zürich seine Allianz mit Österreich auflösen musste. Diese Verbindung wurde als Verstoss gegen die eidgenössischen Pflichten interpretiert, weil inzwischen Habsburg in der Argumentation der Innerschweizer zu einem historischen Erbfeind stilisiert wurde, gegen den bereits die Bündnisse des 14. Jahrhunderts gerichtet gewesen seien. Diese hatten indes ganz unterschiedliche, zeitbedingte Ziele und vor allem kein langfristiges Gesamtkonzept verfolgt, sondern gegenseitige Kontrolle und Absicherung der Herrschaftsinteressen gegen innen und aussen. Das konnte grundsätzlich ebenso gut mit wie gegen Habsburg geschehen. Die Zürcher hatten Ersteres versucht, und das machte sie im Innerschweizer Rückblick zu abtrünnigen Verrätern, die einen «Bürgerkrieg» provoziert hatten – ein Bild, das im künftigen Geschichtsverständnis der Schweizer haften blieb.
1450: vom offenen zum ausschliesslichen Bündnis
Tatsächlich musste die Reichsstadt Zürich zwischen zwei problematischen, aber legitimen Optionen wählen, die ihrer Schaukelstellung seit dem 14. Jahrhundert entsprachen: hier die Eidgenossen um die aggressiven Landleute von Schwyz, dort die auf Revanche bedachten Habsburger, die als adlige, ja königliche Fürsten die natürliche Ordnungsmacht in diesem Reichsgebiet gewesen wären. Folgerichtig drängten jetzt gerade die Schwyzer darauf, dass die Landfriedensbünde des 14. Jahrhunderts eine neuartige, exklusive Verbindlichkeit erhielten, welche die acht Orte am 24. August 1450 in Einsiedeln durch einen gemeinsamen Eid erneuerten. Zudem wurden der Luzerner-, Zürcher- und Zugerbund unter dem ursprünglichen Datum neu ausgestellt – nun aber ohne den Vorbehalt der österreichischen Rechte. Die Originalverträge, in denen er festgehalten war, wurden jetzt vernichtet. Die Glarner mussten noch bis 1473 warten, ehe ein ebenfalls zurückdatierter Bundesbrief die nicht sehr freundeidgenössischen Bestimmungen des «bösen Bunds» von 1352 hinfällig machte.
Mit dem Frieden von 1450 trat die Eidgenossenschaft «in einen neuen Aggregatzustand», aus einem lockeren Bündnisgeflecht wurde ein geschlossener «Bündnisverbund» (Bernhard Stettler). Dies war für das politische Überleben der Eidgenossenschaft unabdingbar in einer Zeit, in der die lockeren Städtebünde gegenüber den erstarkenden Fürstenstaaten rasch an Bedeutung verloren. Wie offen die Situation war, zeigte die Fehleinschätzung der Stadt Bremgarten, die auf der Seite Zürichs und Habsburgs kämpfte und 1443 angeboten bekam, sich als eigener Ort der Eidgenossenschaft anzuschliessen, anstatt belagert (und schliesslich erobert) zu werden. Die Bremgarter lehnten ab, weil sie dachten, «die eydgnosschafft wurde kein bestand haben, und wann si ein ort weren, so möchten si nachmalen desterbas [umso eher] wider vom seyl fallen». Hätten die Bremgarter recht behalten, hätten Zürich, Bern und Luzern sich mit anderen Reichsstädten zurechtfinden und möglicherweise ihr Territorium weiter ausdehnen können, etwa zulasten der Landorte. Von denen wurde dagegen allein Schwyz an den Reichstag eingeladen. Es konnte aber ebenso wenig wie die anderen Landorte erwarten, dass die revanchistischen Habsburger, die fortan fast durchgehend den Kaiser stellen sollten, seine Herrschaftsrechte schützen würden. Doch seit 1450 waren diese in den alt-neuen Bünden mit den Städten fest begründet. Das bundesgemässe Recht der Eidgenossenschaft setzte sich durch, das auf Verhandlungen und Schiedsgerichten fusste und den Innerschweizern mehr Einfluss versprach als die gelehrte, römischrechtliche Jurisprudenz im Reich, die den Zürcher Kaufleuten wohl eher entsprach.
Der Bodenseeraum rückt näher
Insofern war es kein Zufall, wenn die Zürcher – mit ihren Handelsinteressen im Reich – sich lange geweigert hatten, «den puren zuo willen» zu sein. Mit der erzwungenen Entscheidung von 1450 wurden sie nun aber zu «Sviceri», ja zu «Kuhschweizern», statt in der schwäbischen Reichsstädtelandschaft zu verbleiben. Solche neu vom wichtigsten Landort auf alle Eidgenossen kollektiv übertragenen Namen standen auch am Ursprung des «Plappartkriegs» von 1458. Nachdem ein Konstanzer Bürger eine Berner Münze als «Kuhplappart» bezeichnet hatte, plünderten Innerschweizer Freischaren das Umland und erpressten von der Stadt 3000 Gulden an Brandschatzung. Wo, wie im Spätmittelalter, kein staatliches Gewaltmonopol Rechtsprechung und Rechtsvollzug gewährleistete, dort diente auch bei Nichtadligen eine Ehrverletzung als Rechtfertigung für eigenmächtige Gewalt, gleichsam in Notwehr als Selbsthilfe, um das eigene Recht zu verteidigen. Da das Fehderecht in der Theorie ein Privileg des Adels war, machte umgekehrt die Fehdepraxis eine Streitpartei tendenziell mit diesem gleichrangig. Wer seine Ehre selbst, also mit Waffengewalt, verteidigen konnte, durfte Gewalt ausüben, wurde also nicht nur fehde-, sondern auch herrschafts- und damit ordnungsfähig. Dies gestand man gemeinhin auch Städten zu. Seit den Appenzellerkriegen nahmen aber nun eidgenössische «Bauern» diese Rolle zusehends im Bodenseeraum wahr, einerseits zugunsten ihrer Bürger und Untertanen, gerade der Kaufleute, andererseits für eine wachsende Zahl von schutzbedürftigen Verbündeten. Dazu gehörten auch fürstliche Herren wie