sich außergerichtlich. Ein Vergleich vom 12. Oktober 1973 sah vor, dass Lennon für seine nächste LP drei Songs aus dem Musikkatalog von Levy übernehmen sollte. Daraus wurde dann gleich ein ganzes Album mit Cover-Songs.
Im Falle der Popkünstlerin KESHA ist ein gesamtes Album aufgrund von Rechtsstreits infolge eines Vergewaltigungsvorwurfs gegenüber ihrem Produzenten Dr. Luke vom Label einbehalten worden. Schon 2012 arbeiteten Kesha mit den Flaming Lips auf deren Album »The Flaming Lips and Heady Fwends« zusammen. Gemeinsame Sessions im Jahr 2012 brachten sechs bis sieben Songs hervor, von denen »Past Lives« im Dezember als Bonustrack auf Keshas Album »Warrior« veröffentlicht wurde. Im April 2013 verkündete dann Wayne Coyne, dass mit »Lip$ha« ein gemeinsames Album der Flaming Lips und der Sängerin erscheinen würde. Doch nachdem Kesha im Oktober 2014 ihren Produzenten wegen sexueller Übergriffe und emotionalem Missbrauch verklagt hatte, wurde es still um das gemeinsame Projekt. Kesha versuchte zudem, aus ihrem Vertrag mit Dr. Lukes Label Kemosabe entlassen zu werden. Wie sollte sie weiter mit dem Produzenten arbeiten? Dr. Luke verklagte wiederum Kesha, deren Mutter und ihr neues Management. All dies verhinderte, dass Kesha neue Musik veröffentlichen konnte. Ihre Vertragssituation war ungeklärt. Nachdem Keshas Klage abgewiesen wurde, veröffentlichte sie 2017 tatsächlich ihr drittes Album bei Kemosabe, unter der Voraussetzung, nicht weiter mit Dr. Luke als Produzenten arbeiten zu müssen. Von »Lip$ha« war keine Rede mehr und es wurde still um die gemeinsame Kooperation mit den Flaming Lips. 2019 berichtete die Sängerin in einem Interview mit Front Row Live Entertainment rückblickend: »Wir schrieben zehn Songs gemeinsam, es war unglaublich. Wer weiß, ob die Stücke jemals jemand anderes hören wird, aber es war eine tolle Erfahrung für mich.«
Mit Ausnahme von Keshas Lip$ha, dem »Cocksucker Blues« der Rolling Stones und der Compilation von Monty Python ist allen erwähnten Alben und Songs gemein, dass sie letztendlich doch veröffentlicht wurden. Dementsprechend geht es auf den folgenden Seiten um drei Werke zur Vertragserfüllung, die bis heute noch in den Giftschränken der Labels ruhen.
THE BEACH BOYS UND BRIAN WILSON: WEIHNACHTEN UND SÜSSER WAHNSINN
Mitte der 70er Jahre fehlte den BEACH BOYS ihr wohl wichtigstes Mitglied. BRIAN WILSON kämpfte nicht nur mit den Drogen, sondern auch mit psychischen Problemen. Mit Mitte 20 begann er Stimmen zu hören. Stimmen, die er keiner Person aus seinem Umfeld zuordnen konnte, die für ihn dennoch vertraut klangen. Sie sagten ihm, dass seine Musik nichts wert sei. Und sie sagten, dass sie ihn töten würden. Wilson begann mit Alkohol und Drogen dagegen anzukämpfen, wollte die Stimmen zum Schweigen bringen. Aber es half nichts. Bereits 1964 zog er sich wegen seiner anhaltenden Probleme vom Touren zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits zwei Nervenzusammenbrüche erlitten und war tablettenabhängig. Ende der 60er war er kaum noch aktives Mitglied der Gruppe und am Album »Holland« von 1973 gar nicht mehr beteiligt.
Nach einem Aufenthalt in einer Klinik blieb Wilson zu Hause und komponierte einen Song nach dem anderen, von denen die wenigsten jemals das Licht der Welt erblickten. Für Wilson war das Songschreiben ein Mittel zur Stressbewältigung, und schon bald war von den mythischen »Bedroom Tapes« die Rede, die als unglaublich persönlich und Lo-Fi, aber auch genial beschrieben wurden. Immer wieder widmete sich Wilson dem Traditional »Shortenin’ Bread«, von dem er regelrecht besessen war und es über Jahre mehrmals neu aufnahm. Micky Dolenz von den Monkees erinnerte sich, wie er zusammen mit Wilson, Harry Nilsson und John Lennon LSD nahm, während Wilson immer wieder und wieder das Stück auf dem Klavier spielte. Zusammen mit Nilsson nahm er dann auch »Clangin’« auf, eine Variation des »Shortenin’ Bread«-Themas. Wilson war so sehr mit dem Stück, das er für das beste Lied aller Zeiten hielt, beschäftigt, dass nicht wenige Musiker*innen dieser Zeit in LA eine eigene »Shortenin’ Bread« -Anekdote erzählen können.
Gelähmt von den Depressionen blieb Wilson meist daheim und nahm so massiv zu, dass er fast hundertfünfzig Kilo wog. Auch seine Kreativität litt und er schrieb immer weniger Songs.
So konnte es nicht weitergehen. Seine Frau Marilyn engagierte den Psychotherapeuten Eugene Landy und Wilson ergab sich seinem Schicksal, um nicht noch einmal in eine Klinik zu müssen. 1976 hatte er sich wieder im Griff und lieferte mit »15 Big Ones« sein erfolgreiches Comeback. »Brian is back« lautete die große Werbekampagne, und auch wenn die Kritiker*innen nicht begeistert waren, die Fans liebten die Platte. Eugene Landy sah das zum Teil als seinen Verdienst und verlangte dementsprechend einen Anteil an den Umsätzen der Band. Nachdem er im Dezember seine Kosten verdoppelte, feuerte ihn Wilsons Cousin Steve Love, der Manager der Beach Boys.
Am 11. April 1977, nur wenige Tage, nachdem die Beach Boys ihren neuen Acht-Millionen-Dollar-Vertrag bei CBS bekannt machten, veröffentlichte Reprise Records den »Big Ones«-Nachfolger »The Beach Boys Love You«. Eigentlich hätte das Album, das Wilson nahezu im Alleingang aufnahm, »Brian Loves You« heißen sollen, doch es galt schließlich, Verträge zu erfüllen. An der Platte schieden sich die Geister. Manche, wie z. B. Patti Smith, hielten es für genial, andere für einen großen Reinfall. Viel Promotion gab es nicht. Unklar ist, ob es daran lag, dass die Band einen neuen Vertrag bei der Konkurrenz unterschrieben hatte oder dass Reprise-Chef Mo Ostin die Platte einfach nicht mochte. Die Verkaufszahlen blieben unter den Erwartungen. Vielleicht war die fehlende Werbung schuld, vielleicht gefiel den Fans das Album aber auch einfach nicht.
BEACH BOYS: ADULT/CHILD (1977)
01. Life Is for the Living
02. Hey Little Tomboy
03. Deep Purple
04. H.E.L.P. Is on the Way
05. It’s Over Now
06. Everybody Wants to Live
07. Shortenin’ Bread
08. Lines
09. On Broadway
10. Games Two Can Play
11. It’s Trying to Say
12. Still I Dream of It
Bootleg-Cover von 1985
Wilson selbst ordnete die Qualität von »Loves You« gleich nach »Pet Sounds« in das Beach-Boys-Œuvre ein und war voller Tatendrang. Nur fünf Tage, nachdem er die Aufnahmen an »Loves You« fertiggestellt hatte, machte er sich im Januar 1977 an die Arbeit, ein weiteres Album zu produzieren, schließlich schuldete die Band Reprise trotz neuem Vertrag noch eine weitere Veröffentlichung. »Adult/Child« wurde ein seltsames Werk, bestehend aus Outtakes der letzten beiden Alben sowie noch älteren Stücken. Wilson lässt das Album mit einer Entertainer-Nummer beginnen, die auch Sinatra gefallen hätte. Kein Wunder, schließlich arbeitete er bei dem Album mit Dick Reynolds zusammen, der zwar schon zuvor für die Beach Boys aktiv war, aber vor allem als Arrangeur für Sinatra selbst tätig war. Auch das Cover »Deep Purple« hätte besser auf eine Platte des Paten aller Crooner gepasst und in »It’s Over Now« heißt es sogar: »I’ll put a Frank Sinatra album on / And cry my blues away«. Selbst eine Version von »Shortenin’ Bread« befand sich auf der Platte. Ein sehr untypisches Album, das Wilson im Juni 1977 mit zwölf Titeln fertigstellte und dem Label übergab, das jegliche Veröffentlichung ablehnte. Kommerziell nicht tragfähig, so das Urteil der Plattenfirma. Auch die Band war wenig begeistert und Mike Love soll beim ersten Hören der orchestralen Demo-Aufnahmen sogar gefragt haben, was zum Teufel Wilson da eigentlich mache.
Um den Vertrag letztendlich doch zu erfüllen, behalf sich die Band damit, ein altes Erfolgsrezept aufzuwärmen. Mike Love und Al Jardine, die mittlerweile die Geschicke der Band leiteten, reisten zusammen mit Brian nach Iowa, um an einem neuen Album zu arbeiten. Beziehungsweise gleich an zwei Alben. 1964 hatten sie eine Weihnachtsplatte aufgenommen, die zum Evergreen wurde. Wieso das Ganze nicht wiederholen? Auch hier wurden einige ältere Aufnahmen mit neuen Stücken zusammengemengt: Cover, Traditionals und eigene Songs. Erneut war das Label nicht besonders erfreut.