drei Weihnachtslieder kurzerhand umgedichtet, neu eingesungen und dem Label zusammen mit den Stücken aus dem anderen Projekt als fertiges Album angeboten. Kurzzeitig mit dem Titel »California Feeling« nach einem (fast) gleichnamigen Song Wilsons, den er ausdrücklich nicht auf der Platte haben wollte. Dann als »Winds of Change« und letztendlich unter dem finalen Titel »M.I.U. Album«, benannt nach der Maharishi International University, in der die Aufnahmen in Iowa stattfanden. 1978 sollte damit dann endlich das letzte Album für Reprise in den Läden stehen.
Mit »Hey Little Tomboy« findet sich sogar ein Stück von »Adult/Child« auf der Platte. Brian Wilson zog sich bald wieder aus der Öffentlichkeit zurück. An die Arbeit an »M.I.U.« könne er sich wegen all der Medikamente gar nicht erinnern und seine Benennung als »Executive Producer« auf der Platte war auch eher symbolischer Natur. Seine Probleme mit der Psyche und den Drogen nahmen wieder zu. Wilson begab sich in die Klinik und ließ sich von seiner Frau scheiden. Er hatte weder seine Gedanken noch seinen Körper unter Kontrolle, nahm wieder zu und zog Kokain. Nach einer Überdosis begab er sich erneut in die Hände des Psychotherapeuten Eugene Landy. Dieses Mal waren es die Beach Boys selbst, die Landy engagierten. Dieser verfolgte eine Strategie der Nonstop-Betreuung und trennte Wilson häufig von seiner Familie und seinen Freund*innen. Wer ihn besuchen wollte, musste erst die Fragen von Dr. Landy über sich ergehen lassen.
Das Verhalten von Landy, der sich bald auch als Produzent, Komponist, Manager und Marketing-Fachmann verstand, wurde zunehmend bizarrer. Er stopfte Wilson mit Medikamenten voll und hielt ihn in vollständiger Abhängigkeit.
Elf Jahre nach »M.I.U.« veröffentlichte Brian Wilson schließlich sein Solodebüt. Die ersten neuen Aufnahmen wurden von der Kritik hoch gelobt, fanden bei Fans allerdings wenig Anklang. Fünf der elf Songs soll Eugene Landy mitgeschrieben haben. Produzent ANDY PALEY berichtete, wie der Psychotherapeut in Sessions reinplatzte und von Wilson verlangte, Texte und Arrangements zu verändern. Manche Credits ließ er unter Druck an seine damaligen Freundin Alexandra Morgan überschreiben. Zusammen mit Landy und Andy Paley machten sich der Therapeut und sein Klient an eine neue Platte. Landy schrie Wilson an, dass er wieder Musik machen solle. »Sweet Insanity«, so der »geschmackvolle« Titel des zweiten Soloalbums von Wilson, sollte nie das Licht der Welt erblicken. Die Plattenfirma hatte Bedenken, und dann verschwanden auch noch die Masterbänder, aber auch Landy verschwand dann endlich. Bereits 1986 lernte Wilson die Managerin MELINDA LEDBETTER kennen, die dafür sorgte, dass der Therapeut gehen musste. Nur wenige Monate nach ihrem Kennenlernen versuchte sie, gegen Landy vorzugehen, konnte jedoch nichts erreichen, da sie nicht zur Familie gehörte. Mit Unterstützung von Wilsons Mutter und seinem Bruder Carl ging Ledbetter schließlich juristisch gegen den Therapeuten vor. Als Landy Wilson dazu zwang, sein Testament zu seinen Gunsten zu ändern, wurden CARL WILSONs Anwälte tätig. Mit Hilfe seiner Haushaltshilfe und einzigen Freundin in den neun Jahren Überwachung durch Landy konnte Wilson eine Kopie des Testaments an Ledbetter übergeben. Diese erwirkte mit der Unterstützung von Carl Wilson 1991 eine gesetzliche Verfügung, die Landy jeglichen Kontakt zu Brian untersagte.
MERRY CHRISTMAS FROM THE BEACH BOYS (1977)
01. Christmas Time Is Here Again
02. Child of Winter (Christmas Song)
03. Winter Symphony
04. Michael Row the Boat Ashore
05. Seasons in the Sun
06. Morning Christmas
07. Alone on Christmas Day
08. Go and Get That Girl
09. Santa’s On His Way (Neue Fassung von »H.E.L.P. Is On the Way«)
10. I Saw Mommy Kissing Santa Claus
11. Xmas Carol Medley
BRIAN WILSON: SWEET INSANITY (1991)
01. Intro
02. Someone to Love
03. Water Builds Up
04. Don’t Let Her Know She’s an Angel
05. Do You Have Any Regrets?
06. Brian
07. The Spirit of Rock & Roll (featuring Bob Dylan and Jeff Lynne)
08. Rainbow Eyes
09. Love Ya
10. Make a Wish
11. Smart Girls
12. Country Feelin’ (CD Bonus)
Die Arbeit mit Andy Paley setzte Wilson unterdes fort. Direkt nachdem Landy aus Wilsons Leben verschwunden war, rief dieser Paley an und berichtete, dass sie von nun an machen könnten, was immer sie wollten. Mehrere Dutzend Songs entstanden in den sogenannten Andy- Paley-Sessions von 1992 bis 1997. Es ist unklar, zu welchem Zweck die Songs mit Paley aufgenommen wurden. Paley verstand es so, dass Wilson an Material für die Beach Boys arbeitete, denn er dachte oft über Harmoniegesangslinien nach, für die die Band so berühmt war. Tatsächlich trafen sich Wilson und Mike Love 1995, um an gemeinsamem Material für die Beach Boys zu arbeiten, brachten aber lediglich einen einzigen Song zustande. Über die Jahre erschienen einige wenige Songs wie z. B. »Where Has Love Been« auf dem Soloalbum »Imagination« von 1998 oder »Soul Searchin’« und »You’re Still a Mystery« auf dem Beach Boys-Box-Set »Made in California« von 2013, der Großteil dieser Aufnahmen ist bisher jedoch unveröffentlicht.
SSV-NSMABAAOTWMODAACOTIATW: EIN GROSSES »FUCK YOU« AN DIE PLATTENFIRMA
»Wenn Donald Trump tatsächlich Präsident würde, wäre das ein Grund für mich ein neues Album zu veröffentlichen«, verkündete THE SISTERS OF MERCY-Mastermind ANDREW ELDRITCH in einem seiner seltenen Interviews im Juni 2016 mit dem Classic Rock Magazin. Trump wurde tatsächlich Präsident, aber ein neues Sisters-Album ist bis dato nicht erschienen. Genau genommen ist »Vision Thing« aus dem Jahr 1990 das bisher letzte Album der Band, die jedoch weiterhin besteht und regelmäßig auf Tour geht.
Was wirklich damals passierte, ist unklar. Klar ist, dass Eldritch nach der Veröffentlichung von »Vision Thing« dem Label East West Records, einer Tochter von Time Warner, noch zwei weitere Sisters-Alben zugesichert hatte. Statt aber neue Musik zu produzieren, bestreikte Eldritch seine Plattenfirma und verweigerte neues Material. Grund dafür war die mangelhafte Unterstützung für die Sisters Of Mercy durch das Label, insbesondere in den USA – so zumindest Eldritchs Eindruck. Unterschrieben hatte Eldritch seinen Vertrag damals mit WEA Records, einer Tochter von Warner Music. Nachdem Warner 1988 expandierte und East West zukaufte, waren die Sisters Of Mercy plötzlich dort unter Vertrag und Eldritch zeigte sich von der Arbeit seines unfreiwilligen neuen Partners gänzlich unbeeindruckt.
Dennoch gab es seitens Eldritch zumindest kurzzeitig den Willen, neues Material zu liefern, und Eldritch traf sich mit Sisters-Gründungsmitglied Gary Marx, weil dieser neue Stücke für die Band schreiben sollte. Nachdem Marx elf Backing-Tracks geliefert hatte, hörte er nie wieder ein Wort von seinem ehemaligen Bandkollegen. Jahre später stellte Marx die Songs fertig und veröffentlichte sie 2007 unter dem Titel »Nineteen Ninety Five and Nowhere«.
Die Sisters indes streikten weiter. Erst 1997, nach sieben Jahren ohne ein neues Album, konnte sich Eldritch aus dem Vertrag lösen: Statt zwei neuen Alben als Sisters Of Mercy, lieferte er East West ein neues Album des eigens hierfür gegründeten Projekts SSV-NSMABAAOTWMODAACOTIATW, oder kurz SSV. Wofür der Name steht ist unklar, doch angeblich gab Eldritch selbst den Hinweis, dass es »Screw Shareholder Value – Not So Much A Band As Another Opportunity To Waste Money On Drugs And Ammunition Courtesy Of The Idiots At Time Warner« heißen könnte. Tatsächlich schaffte der Sisters-Frontman, die Bedingung durchzudrücken, dass East West das Album mit dem Titel »Go Figure« vorher nicht hören durfte. East West durfte dafür 75.000 Pfund einbehalten, die sie wiederum Eldritch schuldeten.
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