Kathy Lyons

Mission Mr. Happy


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einer langen Nachtschicht in diesen Tag gestartet und jetzt war es weit nach ein Uhr. Das war vermutlich der wahre Grund, warum er mit einem Salat-Fae redete. Er war in seinem Auto eingeschlafen und träumte. »Lass mich aus meinem Auto raus.«

      »Ich kann nicht zulassen, dass du dich in die morgigen Geschehnisse einmischst. Dafür steht für unser beider Welten zu viel auf dem Spiel. Es ist zu gefährlich.«

      »Aber du wirst es, wenn ich die Kirsche esse?«

      »Die Unschuld rauben! Ist das nicht der Ausdruck? Willst du nicht, dass ich dir die Unschuld raube?«

      »Beantworte die verdammte Frage. Wenn ich die Kirsche esse, werde ich dann unsterblich?«

      »Du meine Güte, nein. Du wirst ein Werwolf, genau wie dein Bruder. Er ist nicht unsterblich. Er ist hin und wieder haarig und unter den richtigen Umständen ziemlich unsterblich.« Er grinste. »Zum Beispiel, wenn er anfängt, für mich zu arbeiten.«

      Eine Ewigkeit lang ein Sklave dieses Arschlochs? »Nur über meine Leiche.« Abgesehen davon ergab nichts Sinn. Dieser Fae-Prinz bedeutete Gefahr für seinen Bruder. Daher würde Bruce ihn beschützen.

      Der Fae schnaubte. »Du kannst mich nicht aufhalten, wenn du nicht mitspielst.« Er deutete mit der Hand auf den Apfel.

      »Wirst schon sehen.« Bruce griff hinter seinen Sitz nach dem Backstein, den er in seinem Auto hatte, für den Fall, dass er ein Fenster einschlagen musste… oder den Schädel eines Fae. Es würde wehtun, sein Auto zu demolieren, aber sein Bruder war es wert. Angenommen, er konnte ihn zur Vernunft bringen. Was ziemlich witzig war, wenn man bedachte, dass er sich gerade mit einem Salat-Fae unterhielt.

      »Bist du dir sicher, dass du die Frucht nicht willst? Es ist kein schlechter Deal.«

      »Nein«, sagte Bruce entschlossen. »Jetzt lass mich aus meinem Auto.«

      »Na schön, na schön«, sagte der Fae lächelnd. »Aber es ist ziemlich spät. Denkst du nicht, es ist Zeit für ein Schläfchen?«

      In dem Moment, als der Fae die Worte aussprach, wusste Bruce, dass er in Schwierigkeiten war. Denn die Worte besaßen Macht. Bruce' Augenlider wurden schwer und der Backstein fiel ihm aus den schlaffen Fingern. Er kämpfte gegen die Einflüsterung an. Er kämpfte verzweifelt mit allem, was er hatte, aber es war nicht genug. Dunkelheit umfing ihn.

      Er erwachte, als die Sonne in seinen Augen brannte.

      »Verdammt. Verdammt. Verdammte Scheiße!«

      Es war Morgen und die Kirsche und der Apfel lagen immer noch auf seinem Armaturenbrett und sahen so perfekt aus wie in der Nacht zuvor. Noch mehr sogar, denn jetzt lagen sie im Sonnenlicht. Allein beim Anblick lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Aber statt einen Bissen zu nehmen, schnappte er sich beides und ließ sie in seine Jackentasche fallen. Auf keinen Fall würde er sie mehr als nötig berühren. Die Versuchung war einfach zu groß.

      Er startete den Wagen und fuhr, so schnell er konnte, zum White River State Park. Es war ihm nicht entgangen, dass Bitterarsch den Ortsnamen fallen lassen hatte, an dem was auch immer sich abspielen würde. Außerdem war sein Bruder niemals zu irgendwas pünktlich, daher hatte Bruce immer noch Hoffnung, dass er eine Versklavung würde verhindern können.

      Nach sieben frustrierend langen Minuten der Suche fand er Neros Auto. Und dann war es ein Leichtes, dem Weg zu einer kleinen, von Bäumen umsäumten Senke zu folgen. Er sah Kleidung und einen Rucksack, die ordentlich unter einem Baum abgelegt worden waren, aber bevor er dort ankam, erschien Mr. Salat-Fae, nur war er diesmal groß, düster und feixend. Aber die Attitüde war die gleiche, und auch die Art, wie er Bruce die Früchte aus der Tasche schnappte.

      »Suchst du nach denen hier?«, stichelte er.

      »Nein. Nach meinem Bruder.«

      »Nun, du hast Glück. Er wird jeden Moment hier auftauchen.«

      »Als dein Sklave?«

      »Nicht dieses Mal.« Das Arschloch wackelte mit seinen sehr dunklen, sehr gestylten Augenbrauen. »Aber irgendwann werde ich ihn kriegen.« Er wedelte mit dem Apfel vor Bruce' Augen hin und her. »Es sei denn, du willst spielen?«

      »Nein, danke.«

      »Wie du willst. Aber du kannst ihnen eine Nachricht von mir überbringen, oder?« Er zog ein grünes Blatt Pergament offenbar aus der Luft und gab es Bruce, ebenso wie die Kirsche, die in seiner Handfläche zu summen schien. »Die hier ist gratis«, sagte er. »Damit du haben kannst, was er hat. Wir sind quitt.« Dann hielt er den Apfel ins Sonnenlicht, wo er schimmerte und leuchtete, als käme er direkt aus dem Garten Eden. »Der hier gibt dir mehr.« Er betonte das letzte Wort, als würde er Evas Versuchung anbieten. »Ruf mich dreimal bei meinem Namen. Erinnerst du dich daran?«

      Das tat er. Jonas Bitterroot. Aber das war nicht das, was er sagte. »Ich werde dich nicht rufen. Ich will nur mit meinem Bruder reden.«

      Das Arschloch zuckte mit den Schultern. »Wie du willst. Dieses Mal habe ich einen interessanteren Sklaven bekommen. Aber dein Bruder ist immer noch auf meinem Radar und mir gefällt, wie er denkt.«

      »Schwirr ab«, knurrte Bruce. »Oder zwinker dich weg. Oder tu, was zum Teufel auch immer du…« Er verstummte. Er stand allein auf der Lichtung. »Arschloch«, murmelte er.

      Dann las er die Notiz.

      Wenn ihr bereit seid, ruft mich. Ich werde fünf Schilde, Pullover und eine magische Kugel bereithalten, die ihr nutzen könnt. Keine Bezahlung, abgesehen von den Drachen.

      Die Worte ergaben keinen Sinn, aber er nahm an, dass das so sein sollte. Wenn er sie verstehen wollte, musste er mitspielen. Die magische Kirsche essen, die rote Pille schlucken oder dem gelben Ziegelsteinweg folgen. Es war eine Einladung in eine gefährliche Welt, wo Fae ihre Erscheinung ändern und seinem Verstand Streiche spielen konnten, wenn ihnen der Sinn danach stand. Es klang nicht mal ansatzweise sicher und sein kleiner Bruder war mittendrin.

      Er hielt die Kirsche hoch und fühlte, wie sie in seiner Handfläche pulsierte. Es wäre so einfach, sie zu essen, aber was würde dann passieren?

      Er bekam keine Gelegenheit, diese Frage zu beantworten, als Geräusche von der Lichtung her erklangen. Die Stimme seines Bruders. Und Neros Antwort.

      »Also, ist es vorbei? Wir sind... frei?«

      »Ich denke schon.«

      Die Unterhaltung ging noch weiter, aber Bruce folgte ihr nicht. Er trat näher und sah, dass Nero nackt war und Josh in seinen Armen hielt. Er wollte darüber spotten. Er wollte irgendein Geräusch machen, um sie zumindest auseinanderfahren zu lassen, aber er konnte nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt, in sich aufzunehmen, wie sehr sie einander ergeben waren. Glücklich, traurig, lachend und weinend, alles gleichzeitig. Sie liebten sich, verdammt. Und das ließ ihn zurück in den Schatten weichen, mit dem Gefühl, als würde er einem Pärchen in den Flitterwochen hinterherspionieren. Was auch immer Josh gefunden hatte, es machte ihn glücklich.

      Aber war es echt?

      Bruce wusste es nicht. Er glaubte, dass Bitterroot Josh immer noch beobachtete, was bedeutete, dass der immer noch in Gefahr war. Und wenn Bruce Josh beschützen wollte, dann musste er in der Nähe bleiben. Wichtiger noch, er musste verstehen, was vor sich ging.

      Es gab nur einen Weg, das zu schaffen, und der pulsierte in seiner Handfläche.

      »Glückwunsch, kleiner Bruder. Sieht so aus, als hättest du die Liebe gefunden«, sagte er.

      Josh und Nero fuhren auseinander, aber es war Josh, der sprach: »Bruce, was tust du denn hier?«

      »Ich bin dir gefolgt. Habe dich beobachtet.«

      Er sah, wie die Augen seines Bruders sich vor Entsetzen weiteten. »Hör mal, ich weiß, dass es seltsam scheint, aber –«

      »Es scheint, als seid ihr Werwölfe, die Deals mit Fae machen.«

      Nero spannte sich an und kniff die Augen zusammen. »Wie kommst du denn darauf?«, fragte er in einem viel zu beiläufigen Tonfall.