Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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rief es laut. »O ja, ich will wieder einen Vati haben und eine Mutti, wie sie die Sabine hat. Sie hat mir gesagt: Kinder, die noch Eltern haben, die sind furchtbar glücklich. – Bleibt ihr nun immer mein Vati und meine Mutti, bis ich groß und alt bin?«

      »Solange wir leben, wollen wir es dir sein.«

      »Und der Jule?«

      »Der Jule ist unser junger Freund, für den wir nach Möglichkeit sorgen wollen, Pommerle.«

      »Vati – Mutti –, nun habe ich zu Weihnachten neue Eltern bekommen. Ich denke, das ist sehr schön. – Ach, Tante, daß du jetzt meine Mutti bist, ach, Tante, das ist herrlich!«

      Gegen zehn Uhr mahnte Frau Bender zum Schlafengehen.

      »Darf ich das Grauchen mitnehmen?« fragte Pommerle.

      »Wir wollen das Grauchen nicht daran gewöhnen, daß es in deinem Zimmer schläft. Grauchen würde sich nicht glücklich fühlen, Grauchen bekommt ein schönes Lager, ganz nach seinem Geschmack.«

      »Na ja«, meinte Pommerle, »da brauche ich in der Nacht nicht Angst zu haben, daß es das Kopfkissen zerreißt. – Oh, Tante Mutti, ich bin ja so glücklich! Ich habe nun einen Roller, ein Grauchen, eine Mutti, eine neue Puppe und einen Vati! Habe ich aber viel bekommen, viel mehr, als ich mir gedacht habe. Aber weißt du, Tante, ich habe doch immer ein bißchen gehofft, daß ich den Roller bekomme. Sage mal, freust du dich eigentlich über die Kommode?«

      »Aber natürlich, die will ich mir nach den Feiertagen auf den Nähtisch stellen.«

      »Freust du dich auch, Onkel Vati, über die neuen Strümpfe?«

      »Ja, die werde ich sehr bald anziehen.«

      »Warte lieber damit noch ein wenig, Onkel Vati. Erst wenn es ganz kalt geworden ist, kannst du sie anziehen.«

      Als Pommerle im Bettchen lag, nahm es sich vor, recht bald den zweiten Strumpf für den neuen Vati fertigzustricken. Und noch im Einschlafen murmelte der kleine Mund:

      »Ich bin ja so glücklich!«

      Was Pommerle am Sonntag erlebte

       Inhaltsverzeichnis

      »Lauf schnell einmal zum Kaufmann, Pommerle, und hole zwei Pfund Zucker und sechs Eier. Hier hast du Geld. Beeile dich, ich brauche alles sehr notwendig.«

      Pommerle fuhr hastig in den Mantel, setzte die blaue Mütze auf und griff nach dem Roller, um möglichst schnell den Auftrag auszuführen. Auf dem Roller kam man doppelt so schnell vorwärts. Die Tante brauchte dann nicht lange auf die Sachen zu warten.

      Der Kaufmann wohnte nicht weit. Pommerle erstand die Eier und den Zucker, klemmte die Tüte fest unter den Arm, nahm die Eier behutsam in die Hand, schwang sich auf den Roller, dann ging die Fahrt los.

      Plötzlich bremste es heftig. Auf der Straße lag ein Hufeisen. Ein Hufeisen war immer die Sehnsucht des Kindes gewesen, seitdem der Vati geäußert hatte, er habe in letzter Zeit recht wenig Glück. Pommerle hatte in der Schule gehört, ein Hufeisen bringe Glück, und auch der Jule hatte gesagt, wenn man ein Hufeisen über sein Bett hänge, könne einem nichts mehr zustoßen.

      Das Hufeisen! Pommerle war mit einem Satz vom Bürgersteig herunter, schwang sich erneut auf den Roller, bremste geschickt gerade vor dem Hufeisen – im nächsten Augenblick stieß es mit dem Kopfe gegen den Kopf eines Knaben, der im vollen Lauf auf das Hufeisen zugestürzt kam.

      Einige Augenblicke flimmerte es vor den Augen des Kindes, es fuhr mit der Hand an die schmerzende Stirn, irgend etwas fiel zur Erde.

      »Au!« sagte Pommerle.

      »Dumme Trine!«

      Und dann stand neben Pommerle noch ein dritter, ein viel größerer Knabe. Pommerle hörte ihn laut lachen. Noch immer rieb das Kind die Stirn. – Endlich war der Schmerz ein wenig überwunden.

      »Wo hast du denn das Hufeisen?« sagte der Knabe. »Gib es her!«

      »Das Hufeisen gehört mir«, meinte Pommerle. Das Kind sah sich um. Von dem Hufeisen war nichts zu sehen. Dagegen sickerte aus einer Tüte eine gelbe Flüssigkeit heraus.

      »Der Steiner hat das Hufeisen genommen!« Der kleinere Knabe schrie es hinter dem davoneilenden größeren Knaben her.

      Pommerle stimmte ein. »Gib das Hufeisen wieder her!« Trotz der schmerzenden Stirn schwang es sich wieder auf den Roller, um den Dieb einzuholen. Der aber schwenkte das gefundene Eisen hoch in der Luft und verschwand um die nächste Straßenecke.

      Pommerle kehrte an die Stelle des Unfalls zurück. Jetzt erst sah es, daß nicht nur die Eiertüte, sondern auch der Zucker auf die Straße gefallen und beide Umhüllungen geplatzt waren.

      Das Kind war entsetzt. Es stimmte schon, was der Jule sagte. Ohne ein Hufeisen hatte man kein Glück.

      »Das Hufeisen«, klagte es, mitten auf dem Damm stehend. Es begann, in die geplatzte Tüte den Zucker hineinzufüllen. Erst im letzten Augenblick hörte es das laute Schimpfen eines Fuhrmannes, der gerade noch sein Pferd zum Stehen bringen konnte. Das Kind sprang entsetzt zur Seite. Der Wagen fuhr wieder weiter.

      »Meine Eier – meine Eier!«

      Aber es war zu spät. Das eine Rad des Wagens rollte durch den gelben Brei, Tüte und Eier waren völlig zermalmt.

      Da stand das Pommerle im Rinnstein, an seinen Roller gelehnt, den Zuckerrest in dem Stück Papier, und war so unglücklich, daß es nicht heim wollte. Und wie es nun immer ist, ein Unglück kommt selten allein. Aus einem der Nebenhäuser goß ein Mädchen, das soeben das Schaufenster putzte, den Wassereimer in den Rinnstein, und Pommerles Stiefelchen waren sehr bald von der schmutzigen Flut umspült. Es sprang auf. Da fiel auch noch der letzte Rest des Zuckers in das Wasser und wurde fortgeschwemmt.

      Sehr gedrückt kehrte es ins Haus zurück. Die Tante kam ihm schon entgegen.

      »Gib schnell her, mein Kind!«

      »Ach, was du denkst, das ist nicht. Das Hufeisen ist schuld daran, und der Kutscher ist über die Eier gefahren, und der Zucker liegt im Rinnstein.«

      »Aber, Pommerle, was ist denn schon wieder los? Was hast du denn an der Stirn? Das gibt ja eine große Beule.«

      »Da siehst du eben, der Vati und ich, wir haben beide kein Glück.«

      Anna wurde nochmals zum Kaufmann geschickt. Inzwischen rieb Frau Bender dem Kinde die Stirn ein. Aber sie konnte es doch nicht verhindern, daß Pommerles Stirn eine große Beule zeigte.

      Jule tröstete die Kleine am Abend.

      »Wenn du ein Hufeisen haben willst, dann gehen wir am Sonntag zum Schmied. Der hat viele. Dann kannst du es deinem Onkel bringen.«

      »Dem Vati.«

      »Ach was, dem Onkel, dem Professor!«

      »Das verstehst du nicht, Jule. Der Vati hat gesagt, er ist jetzt mein Vati, und darum ist er es auch. Aber zum Schmied komme ich mit.«

      »Ich fahre 'raus, und du kannst hinterherkommen. Es ist ja nicht weit. Gleich hinten am Bober.«

      »Kann ich nicht hinten aufsitzen?«

      »Ja, das kannst du.«

      Am Sonntag drängte das Kind, es müsse mit dem Jule eine geheimnisvolle Besorgung machen.

      »Es ist wohl besser, mein Kind, du sagst uns zuerst, was du tun willst.«

      »Der Mutti kann ich es sagen, aber der Vati darf es nicht wissen. Der Jule meinte, man müßte damit überrascht werden, sonst hilft es nicht.«

      Frau Bender erfuhr von dem Geheimnis, und da der Schmied nur eine Viertelstunde entfernt wohnte, gab sie die Erlaubnis, daß die beiden Kinder ein Hufeisen holten.

      Sehr stolz kam der Jule am