Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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irgendwo stehenlassen, so kettete er es dreimal fest, damit ihm ja keiner seinen großen Schatz stehle. In jeder Tasche hatte er eine Sicherheitskette und ein mächtiges Schloß daran.

      »Aber vorsichtig sein, Kinder«, mahnte Frau Bender. »Jule, wirf mir das Pommerle nicht um!«

      »Wäre ja gelacht«, meinte der Jule. »Ich kann schon fahren, ohne daß ich die Hände auf die Lenkstange lege.« Mit diesen Worten schwang er sich aufs Rad, steckte die Hände in die Hosentaschen und fuhr Frau Bender eine Runde vor.

      »Wenn aber das Pommerle mit drauf ist, machst du mir solche Sachen nicht, Jule.«

      »Sie brauchen keine Sorge zu haben, Frau Professor. Ich weiß doch, wie man mit kleinen Mädchen umgehen muß.«

      Die Schmiede war bald erreicht. Jule brachte sein Anliegen vor, und der Meister war lachend bereit, dem Kinde ein Hufeisen zu geben.

      »Ein recht großes und recht dick. Je dicker, um so mehr Glück hat dann der Vati.«

      »Kannst es dir selbst aussuchen. Drüben in der Ecke liegt ein ganzer Haufen.«

      »Darf ich dann gleich zwei nehmen? Eins für den Vati und eins für die Sabine.«

      »Jawohl, das darfst du.«

      Pommerle suchte die beiden größten aus, bedankte sich artig bei dem Meister und sagte: »Du wirst ja genug Glück haben, Meister, du hast so viele Hufeisen, da kommt das Unglück nicht über deine Schwelle.«

      »Ich habe auch Glück, mein Kind, ich bin gesund, habe Arbeit, mein gutes Brot und liebe Kinder.«

      »Hast recht, Meister, du bist gesund und wohlgemut, und das ist wohl das größte Gut.«

      »Ei, ei, kleines Pommerle, so ist es richtig. Da weißt du ja etwas recht Schönes.«

      »Ich weiß auch noch mehr. Zur Arbeit, nicht zum Müßiggang, hat mich der Herr geschaffen.«

      »Auch das stimmt, kleines Mädchen. Denke nur immer daran, dein ganzes Leben lang.«

      »Steige nun endlich auf«, sagte der Jule. »Wollen wir noch etwas weiter fahren? Am Bober entlang?«

      »Es könnte nichts schaden.«

      »Ist dir auch nicht kalt?«

      »O nein, es zwickt wohl etwas im Gesicht und an den Händen, aber das ist nicht schlimm.«

      Sie fuhren los. Pommerle fand es herrlich. Sie hatte volles Vertrauen zu Jule und ängstigte sich auch nicht, als ihr Jule zeigte, daß er ohne Hände fahren könne. Das Rad schwankte zwar mitunter recht bedenklich, aber es gelang Jule doch immer wieder, das Gleichgewicht zu halten.

      Endlich ging es in raschem Tempo heim. Plötzlich mäßigte Jule die Geschwindigkeit. Ein Hund jaulte gar jämmerlich. Dazwischen vernahm man zornige Stimmen.

      Wieder schrie der Hund auf. Anscheinend bekam er Schläge. Und nun kamen zwei Burschen aus dem Walde heraus, die hatten einen Hund an der Leine und trieben ihn mit Schlägen dem Boberufer zu.

      Mit einem Satz war der Jule vom Rade herunter. Wenn man einem Tier ein Leid antat, drehte sich in Jule alles um. Schon stieg ihm dunkle Röte in die Stirn. In dem einen Knaben erkannte er seinen früheren Mitschüler, den um zwei Jahre älteren Robert Scholz.

      »Scholz Robert, was fällt dir ein, den Hund zu schlagen!«

      Daß Pommerle bei seinem Abspringen fast vom Rade gefallen wäre, kümmerte Jule im Augenblick nicht. Er vergaß sogar für Sekunden sein kostbares Geschenk.

      »Was zerrst du denn den armen Hund?«

      »Wir wollen ihn ersäufen.«

      »Ihr seid wohl verrückt!«

      »Wir mögen ihn nicht mehr. Er ist häßlich und schmutzig.«

      »Das ist er freilich«, stellte der Jule fest, indem er auf den unsauberen und ungepflegten Hund schaute. »Kann der Hund dafür? Denkst du vielleicht, du bist hübscher? Bist auch dreckig. Jetzt laß den Hund los!«

      Statt einer Antwort versetzte Robert Scholz dem Hund einen weiteren Schlag mit dem Stecken.

      In der nächsten Sekunde war der Jule auf den einstigen Schulkameraden losgesprungen, hatte ihm den Stock aus der Hand gerissen und verabfolgte ihm einen kräftigen Schlag.

      »Daß du weißt, wie das tut!« Dann knickte er den Stock über dem Knie in kleine Stücke.

      »Dich geht das gar nichts an«, sagte der andere. »Der Hund gehört uns, wir können mit ihm machen, was wir wollen.«

      Angstvoll war Pommerle näher gekommen. »Warum soll denn der süße Hund totgemacht werden? So ein lieber Hund.«

      »Weil er häßlich ist, wir wollen ihn nicht mehr.«

      »Oh, du bist doch aber auch häßlich«, meinte das Kind. »Wenn dich deine Mutter auch ins Wasser werfen wollte! Laß doch den lieben Hund in Ruhe.«

      »Wenn du den Hund noch einmal schlägst«, rief der Jule wild, »sollst du aber was erleben! Dann haue ich dich so zusammen, daß dir Hören und Sehen vergehen soll. – Jetzt laß den Hund los!«

      Der Größere suchte einen Stein, um ihn dem Hunde um den Hals zu binden.

      Pommerle schrie angstvoll auf. »Der liebe Hund darf nicht sterben, es ist ein lieber Hund.« Das Kind kniete neben dem verängstigten Tier nieder, das Pommerle zunächst anfletschte, sich dann aber ruhig streicheln ließ.

      »Du lieber, schmutziger Hund«, meinte Pommerle, »häßlich bist du ja, aber gut bist du doch. Die alte Krausen ist auch häßlich, aber sie ist gut, und niemand wird ihr was tun.«

      Wieder hatten sich Jule und Robert angepackt, sie rauften zusammen und wälzten sich schließlich am Boden. Jule merkte, daß er unterliegen würde.

      »Rübezahl«, schrie er laut, »du willst nicht, daß man Tiere quält! Rübezahl, komm!«

      »Laß den Jule los!« rief Pommerle, und kurz entschlossen schlug es mit beiden Fäusten auf den anderen ein. Nun kam aber der Größere seinem Gefährten zu Hilfe, versetzte dem Kinde einige kräftige Schläge und riß es von den sich Balgenden zurück.

      »Rübezahl!« schrie der Jule laut.

      »Was ist denn hier los?«

      Es war ein Spaziergänger, der von dem Lärm aufmerksam geworden war. Jule zeigte arge Kratzwunden im Gesicht, Pommerle hatte den Strumpf heruntergezogen und rieb das blutende Knie.

      »Sie schlagen den lieben Hund und wollen ihn ins Wasser werfen, nur weil der Hund häßlich ist.«

      Da geschah etwas ganz Merkwürdiges. Der Hund kam zu dem weinenden Kind, legte seinen Kopf in Pommerles Schoß und sah es mit seinen treuen Augen vertrauensvoll an.

      »Nun bittet er, ihr sollt ihm wieder gut sein und ihm das Leben lassen. Ja, du lieber Hund, du brauchst nicht zu sterben. – Willst du mit mir kommen?«

      Der Spaziergänger wollte Aufklärung haben. Da schrie der Jule los. Aber auch der andere verteidigte sich. Und so war es für den Herrn schwer, etwas zu verstehen.

      »Schenkt mir den Hund«, sagte Pommerle weinerlich, »ich schenke euch auch eins meiner Hufeisen oder was anderes. Aber ich möchte nicht, daß der Hund ins Wasser kommt. – Nicht wahr, du süßes Hundchen, du gehst mit mir? Daheim hast du auch eine Spielgefährtin, eine Katze. Du kannst doch Katzen gut leiden, kleines Tierchen?«

      Der Herr schlichtete schließlich den Streit. Mürrisch erklärten sich die beiden Burschen bereit, den Hund zu verschenken.

      »Es ist ja gar kein Hund, es ist eine Hündin. Wir mögen sie nicht mehr. Sie hat Ungeziefer und bekommt Junge.«

      »Dir streiche ich es noch mal an!« rief der Jule erbittert. »Komm du nur in meine Nähe, ich schlage dich mit meinem ersten gehobelten Brett vor den Kopf. – Einen Hund so zu quälen. Komm du mir nur in den Weg, du Lümmel – du Mörder!«