Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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um acht Uhr die Schule begann, kratzte Schnapp an der Tür des Schlafzimmers.

      »Schnapp ist da!« rief das Kind fröhlich und eilte im Unterröckchen zur Tür, um die vierbeinige Freundin hereinzulassen.

      Schnapp stellte sich an Pommerle hoch, lief zur Tür zurück, wandte sich nach Pommerle um; aber da das Kind ruhig weiter die Haare kämmte, kam Schnapp erneut gelaufen, ging dann wieder zur Tür.

      »Willst du nun wieder 'raus?«

      Pommerle öffnete die Tür. Doch Schnapp wollte nicht gehen. Er stand vor dem Mädchen und blickte die Kleine bittend an.

      »Ich darf dir leider keine Wurstpellen geben, lieber Schnapp. Nachher bekommst du aber deine Suppe. – Ja, was willst du denn eigentlich?«

      Als Pommerle die Haare weiter kämmte, sprang der Hund an ihm hoch, ergriff mit den Zähnen das Unterröckchen und versuchte Pommerle zur Tür zu ziehen.

      »Aber guter, lieber Schnapp, ich bin doch noch lange nicht fertig. – Warum zerrst du mich denn so?«

      Der Hund ließ nicht nach.

      »Soll ich mit dir kommen?«

      Wieder das Zerren zur Tür hin.

      »Na, was willst du denn?« Pommerle stand in der Tür. Da lief Schnapp zur Treppe, kam wieder zurück. Es schien, als fordere er Pommerle ganz energisch auf, mitzukommen. »Was willst du denn?«

      Einige Stufen sprang Schnapp hinab, blieb wartend stehen und wedelte mit dem Schwanz. Als aber Pommerle nun auch an die Treppe trat, bellte der Hund vergnügt auf. Man sah ihm ganz deutlich die Freude an, daß das Kind ihm folgen wollte.

      »Schnapp, du bist ein kleiner Esel! Ich bin doch noch nicht angezogen. Ich kann doch nicht spazierengehen. Geh zurück zu deinen Kleinen und sage ihnen guten Morgen.«

      Wieder ein energisches Schnappen nach Pommerles Röckchen. Der Hund wurde immer aufgeregter. So blieb dem Kinde nichts anderes übrig, als die ersten Stufen hinunterzusteigen. Schnapp jaulte vor Entzücken. Jetzt ließ er das Röckchen des kleinen Mädchens nicht mehr los, so sehr Pommerle dem Hunde auch Vorwürfe machte. Es blieb nichts anderes übrig, das Kind mußte die Treppe hinabsteigen. Erst unten ließ Schnapp das Röckchen los und sprang zu seinem Körbchen, das unter der Treppe stand.

      Pommerle trat hinzu. – Was war denn das? Das Kind schlug die Hände zusammen.

      »Schnapp, was hast du denn da drin? O Schnapp, du böser, garstiger Schnapp, warum hast du Grauchen die Kinderchen weggenommen?«

      Mit großen, treuen Augen schaute der Hund zu Pommerle auf. Sein Schweif wedelte ruhig, er wußte, er hatte in dieser Nacht eine gute Tat getan.

      »Aber, Schnapp, was soll denn das?«

      Pommerle zählte. Es waren drei kleine, schwarze Hundchen und vier graue Kätzchen in dem Körbchen, und alle sieben Köpfchen waren mit schnubbernden Näschen aufgereckt, quiekend, miauend, bittend. Hündchen und Kätzchen, in buntem Durcheinander. Schnapp blickte stolz zu Pommerle auf, leckte dann jedes Tierchen, stieg behutsam in seinen Korb hinein und legte sich in seiner ganzen Breite auf die Kleinen.

      »Gib die Kätzchen wieder her, Schnapp«, sagte Pommerle tadelnd. »Oh, das arme Grauchen! Wie wird es um seine Kinderchen weinen. Ich weiß ja, Schnapp, daß du mein Grauchen nicht leiden kannst; daß du ihm aber die Kinderchen fortnimmst, ist böse von dir. – Geh fort, ich will die Kätzchen zu Grauchen zurückbringen.«

      Aber Schnapp rührte sich nicht.

      »Geh fort, Schnapp!«

      Pommerle griff mit den Händen in den Korb. Da fing Schnapp an, leise zu knurren.

      »Na warte, du unartiges Tier. Jetzt rufe ich meinen Vati, er wird dir sagen, was sich gehört.«

      Pommerle eilte hinauf zu Benders. Es erzählte, was es eben gesehen hatte. Frau Bender stieg die Treppe hinab und trat an den Korb. Da erhob sich Schnapp, kam vorsichtig heraus, blieb aber am Lager stehen und schaute bald die vier Kätzchen, bald Frau Bender an. Auch jetzt schien er noch sehr stolz zu sein und auf eine Liebkosung zu warten.

      Pommerle wollte rasch in den Korb fassen; aber da lag der Hund schon wieder auf den Kleinen und ließ sich weder durch Bitten noch durch freundliches Zureden bewegen, seinen Platz zu verlassen.

      »Da will ich doch gleich einmal nach dem Boden gehen und nach Grauchen sehen.«

      »Ich habe die Katze schon überall gesucht, gnädige Frau«, sagte Anna. »Ich wollte früh die Milch hinauftragen. Aber Grauchen ist fort und das Körbchen leer.«

      Nun begann ein gemeinsames Rufen nach Grauchen. Die Luke war geöffnet. Grauchen war sicherlich, wie alle Nächte, ein wenig spazierengegangen. Als man Professor Bender den Verlust der Katze meldete, erinnerte er sich, daß er heute nacht das ängstliche Miauen einer Katze vernommen hatte. Schnapp hatte heftig gebellt. Sollte man Grauchen weggefangen haben? Man klagte in den letzten Wochen in der ganzen Gegend, daß so viele Katzen gefangen wurden. Wahrscheinlich brauchte man die schönen Felle und opferte die armen Tiere.

      Schnapp war des Nachts mehrfach die Treppe hinaus und hinunter gegangen. Wahrscheinlich hatte er die kleinen Kätzchen oben auf dem Boden jämmerlich miauen gehört. Da hatte er die Jammernden und Frierenden Stück für Stück heruntergebracht und in seinen Korb getan.

      »Schnapp«, sagte Professor Bender, als er am Korbe des Hundes stand, »du guter Schnapp. Hast du heute nacht die armen, verlassenen Kätzchen heruntergeholt? Hast du gehört, daß die Kleinen nach der Mutter riefen und Hunger hatten?«

      Es schien fast, als verstehe Schnapp die Worte Herrn Benders. Er blickte so stolz um sich, wedelte dazu fröhlich mit dem Schweif und bellte einige Male kurz und freudig auf. Dann stieg er aufs neue aus dem Korb, betrachtete voller Interesse seinen Familienzuwachs, beleckte abwechselnd Hund und Kätzchen und legte sich dann wieder zu ihnen.

      Der gute Schnapp. Es war nichts Wunderbares, daß ein Hund auf einmal ein kleines Kätzchen mit großzog. So etwas hatte man schon manches Mal erlebt. Warum sollte Schnapp nicht ebenso edel handeln?

      Immer wieder rief und suchte man nach Grauchen. Man fragte nach ihr in der ganzen Umgegend, aber sie war nirgends zu finden.

      Pommerle kehrte mittags aus der Schule zurück. Seine erste Frage galt Grauchen.

      »Du mußt dich damit abfinden, mein Kind, daß Grauchen nicht wiederkommt. Böse Menschen haben sie gefangen und wahrscheinlich getötet, um das Fell zu verkaufen.«

      Eine tiefe Trauer breitete sich über das Kindergesicht. Pommerle hatte sein Grauchen so gern gehabt.

      »Und der Schnapp, was macht er nun mit den Katzenkindern?«

      »Er wird sie mit seinen Hundchen säugen. Wir müssen ihn jetzt ganz besonders gut pflegen, denn er braucht viel Kräfte, um sieben Kinder zu ernähren. Es wäre besser, wenn es zwei weniger wären. Wollen wir ihm nicht zwei Kätzchen fortnehmen?«

      Pommerles Augen strömten über. »Wenn ich schon kein Grauchen mehr habe, möchte ich doch die vier kleinen Kätzchen behalten. Oh, liebe Mutti, laß mir die vier kleinen Kätzchen und die drei Hundchen. Du kannst auch immer mein Essen dem lieben Schnapp geben. Ich will gar nichts Gutes mehr haben, nur die vier Kätzchen und die drei kleinen Hundchen.«

      »Dem Schnapp wäre es aber auch lieber, wenn er nicht so viele Kinderchen hätte.«

      »Nein«, sagte Pommerle energisch. »Wenn sich der Schnapp heute nacht die vier Kätzchen heruntergeholt hat, will der Hund doch so viele Kinderchen haben. Man darf dem Schnapp die Kinderchen nicht nehmen.«

      Wieder gaben Benders dem Bitten des Kindes nach. Das Körbchen mit den sieben Tierchen sah auch gar zu niedlich aus. Dieses bunte Durcheinander bereitete sogar dem Professor und seiner Frau die denkbar größte Freude. Wie oft nahm Schnapp behutsam eins der Kätzchen ins Maul, um es anders zu betten. Aber immer herrschte größte Ordnung in dem Körbchen. Kroch einmal eins der Hundchen zwischen die Kätzchen, so schob und scharrte Schnapp so lange im Korbe herum, bis wieder die Hundchen