Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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      »Das ist ein Geologe, lieber Jule; ein Mann, der Gesteinkunde studiert hat und der –«

      »Ich kann Ihnen auch viele Steine bringen. – Ich möchte doch morgen Hörnerschlitten fahren.«

      »Wenn du jetzt noch ein Wort sagst, Jule, ein Wort in diesem Ton, darfst du morgen gar nicht herkommen.«

      »Wenn ich morgen doch nicht Hörnerschlitten fahre, liegt mir auch nichts daran.«

      »Schön, dann bleibst du morgen bei Meister Reichardt. Ich will dich hier nicht sehen.«

      Pommerle streichelte dem Jule die Wange. »Siehst du, Jule, das haben wir nun davon. Erst sollen wir Hörnerschlitten fahren, und weil dann das dumme Telephon klingelt, und weil so ein alter, neugieriger Mann herkommt, muß der Vati sein Wort brechen.«

      »Ich hoffe, mein liebes Pommerle, daß du nicht auch so unvernünftig bist wie der Jule. – Komm einmal her zu mir.«

      Professor Bender hob die Kleine auf die Knie.

      »Nun höre mich einmal an. – Du weißt doch, daß sich der Vati sein Geld zum Leben durch Schreiben von Büchern verdient. Das ist nicht immer leicht. Nun hat er ein Buch geschrieben, viele, viele Jahre lang hat er dazu gebraucht. Dieses Buch haben ganz berühmte Leute gelesen, und das Buch gefällt. Nun kommt so ein ganz berühmter Mann zu deinem Vati und will ihm recht viel Schönes und Liebes sagen. Der Vati hat darüber große Freude und ist sehr glücklich, daß der Herr Geheimrat morgen kommt.«

      »Ich wäre aber auch sehr glücklich, wenn ich morgen Hörnerschlitten fahren könnte.«

      »Ich habe dir doch eben gesagt, liebes Pommerle, daß es für deinen Vater eine Freude ist, wenn berühmte Leute sein Buch schön finden.«

      »Na ja, Vati, ich finde den ›Struwelpeter‹ auch sehr schön. Aber der Mann könnte doch auch an einem anderen Tage kommen. Dann könnten wir morgen doch Hörnerschlitten fahren. Hier, Vati«, Pommerle nahm das Telephon zur Hand, »sage ihm, er soll am Montag kommen, und wir fahren dann morgen doch Hörnerschlitten.«

      »Ich habe gedacht, daß mein Pommerle seinem Vati eine große Freude gönnt.«

      »Nun ja, Vati, aber du hast doch auch Freude, wenn du Hörnerschlitten fährst.«

      »Er kann ja mitkommen«, klang es aus der Ecke her. »Auf einem Hörnerschlitten kommen wir sowieso nicht alle weg. Sie können sich doch unterwegs von Ihrem Buche unterhalten.«

      »Jetzt ist es genug«, sagte Bender. »Morgen wird daheim geblieben. Sollte sich das Wetter halten, werden wir am nächsten Sonntag fahren.«

      »Und dann kommt wieder so ein Unhold«, maulte der Jule. »Ich glaub's nicht mehr!«

      »Jule! Habe ich dich schon jemals belogen?«

      »Nein, Vati«, rief Pommerle dazwischen. »Aber gesagt hast du doch, daß wir morgen Hörnerschlitten fahren.«

      »Es war ein Plan, mein Kind, der nun durch Geheimrat Unolt durchkreuzt wurde.«

      »Wenn man schon Unhold heißt«, murmelte Jule. »Wenn mir der Unhold unter die Finger käme! – Ich bin ja schon still!«

      Jule verschwand aus dem Zimmer, und Pommerle eilte hinter ihm her.

      »Wollen wir zur Mutti gehen? Sie freut sich auch so sehr – oder vielleicht weiß sie noch gar nichts. Vielleicht sagt sie ja, und dann fahren wir mit der Mutti.«

      Die beiden Kinder stürmten in Frau Benders Zimmer.

      »Hat dir Vati auch gesagt, daß wir morgen Hörnerschlitten fahren?«

      »Jawohl. Du siehst, die Mutti sucht schon alles zusammen.«

      »Laß mal sein«, sagte das Kind mit wegwerfender Handbewegung. »Ein Unhold kommt an und macht uns alles kaputt.«

      »Nein, Pommerle, der Vati hat gesagt, wir fahren, und dann ist es auch so.«

      »Nee, so ist es eben nicht«, rief Jule ergrimmt. »Vor einer Viertelstunde hat er ja gesagt, nu sagt er nee.«

      »Waret ihr vielleicht unartig?«

      »Ganz im Gegenteil. Der Meister hat mich gelobt, und Pommerle hat gut gearbeitet. Da denkt man nun, man kann endlich mal wieder Hörnerschlitten fahren, und dann kommt der Unhold.«

      Jules Faust fiel auf den Tisch, daß die daraufstehenden Gläser klirrten.

      »Weiht du, Mutti, wir wollen jetzt alle furchtbar böse sein, wenn der Vati durchaus nicht will. Die Uhse Minna hat mir gesagt, ihre Mutter macht immer so lange Krach, bis der Vater nachgibt. – Wollen wir mal auch so sein?«

      »Aber, Pommerle!«

      »Na ja«, sagte das Kind kleinlaut, »wenn der Vati doch gesagt hat, daß wir morgen Hörnerschlitten fahren, und ich möchte doch so gern fahren. Mutti, ich wünsche mir noch hinterher zu Weihnachten, daß ich morgen Hörnerschlitten fahre.«

      »Willst du endlich schweigen!« Professor Bender stand in der Tür. Er war gekommen, um seiner Frau den angekündigten Besuch zu melden. Schon ein ganzes Weilchen hatte er die temperamentvollen Äußerungen seiner Tochter gehört. »Soll ich dich ernstlich bestrafen, Pommerle?«

      »Wenn – wenn –« Mehr wagte das Kind nicht zu sagen. Von unten heraus schaute es den zürnenden Vati an.

      »Ihr geht sofort hinaus!«

      Unter der Treppe, neben dem Hundelager, kauerten die beiden Kinder. Pommerle erzählte den Tieren, daß aus der schönen Hörnerschlittenfahrt nun nichts werde, weil ein Unhold dazwischengekommen sei.

      »Ich fahre überhaupt nicht mehr mit. Und wenn er mich das nächste Mal noch so sehr bittet, ich bleibe daheim. Ich lasse mir nichts vormachen!« Jule stampfte zu seinen Worten mit dem Fuße auf.

      »Wollen wir morgen allein Hörnerschlitten fahren? Ich auf dem Roller, und du auf deinem Rade?«

      »Ein Gedanke! Ich habe einen Rodelschlitten fertiggemacht, einen Doppelsitzer. Wollen wir am Vormittag hingehen?«

      »Au ja, wenn der Unhold beim Vati ist.«

      »Wird gemacht«, rief der Jule. »Wenn er nicht mit uns Hörnerschlitten fährt, fahren wir allein.«

      »Ja, das machen wir«, bekräftigte Pommerle. »Jule, holst du mich ab?«

      »Nee, ich darf ja morgen nicht herkommen.«

      »Aber vorbeikommen kannst du doch und draußen kräftig pfeifen. Wann kommst du denn?«

      »Wenn wir morgen doch nicht Hörnerschlitten fahren, brauche ich auch nicht so früh aufzustehen. Ich komme um elf.«

      »Ist gut, dann bin ich weg, wenn der Unhold kommt. Ich kann den Mann gar nicht leiden, Jule.«

      »Geizig ist er. Soll er sich doch das Buch von deinem Vati kaufen, dann kann er sich die Bilder besehen, die drin sind. Dazu kommt er doch nur her, weil er sich das Buch nicht kaufen will. Und darum können wir nicht Hörnerschlitten fahren.«

      »Schrecklich!«

      »Wenn du dann mittags heimkommst, dann sagst du: ›Ätsch, jetzt sind wir auch Hörnerschlitten gefahren.‹«

      »Au ja, das sage ich!«

      Die beiden kleinen Bösewichter waren sich einig. Wenn ihnen der Vati das Vergnügen verdarb, wollten sie sich auf eigene Faust eins schaffen. Schon lange bastelte der Jule an einem Rodelschlitten herum. Den wollte man morgen einmal benutzen.

      »Wohin gehen wir denn?«

      »Weiß noch nicht. Es muß sehr steil sein, gerade so wie von der Prinz-Heinrich-Baude herunter.«

      Diese versprochene Rodelpartie schien für Pommerle zwar nur ein schwacher Ersatz, aber immerhin, es war doch ein Vergnügen. Nun mochte der Unhold stundenlang in die Bücher des Vaters gucken. Pommerle würde sich mit Jule schon vergnügen.

      Beim Abendessen