Magda Trott

Pucki


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Die Drillinge schrien den Ankommenden entgegen, was alles für Vorbereitungen getroffen wären, und dann gingen alle auf den Sportplatz. Die hohe Kletterstange erregte sogleich Puckis Interesse.

      »Da komm' ich schon 'rauf«, stellte sie prüfend fest. »Was dort oben hängt, hole ich mir.«

      Man zögerte nicht lange mit dem Beginn des Sportfestes. Aus Rahnsburg und dem Dorf, das in der Nähe des Gutes lag, hatten sich zahlreiche Zuschauer eingefunden. Die aufgestellten Bänke waren dicht besetzt. Pucki begrüßte den Oberförster mit seiner Familie und flüsterte Claus zu, dass sie alles von der Stange herunterreißen würde.

      Herr Hupfer eröffnete die Veranstaltung, indem er dreimal klingelte und eine kurze Ansprache hielt. Sport sei heute für die Jugend unerlässlich, sagte er, und alle Knaben und Mädchen sollten ihr Bestes hergeben, damit man sähe, dass sie mit Lust und Liebe bei der Sache wären.

      Die Knaben trugen Turnanzüge und ebenso die Mädchen. Nur die, welche am Volkstanz beteiligt waren, hatten sich in ein Zelt zurückgezogen, in dem sie sich unter Aufsicht von Fräulein Caspari umkleideten. Sie trugen alle hübsche, bunte Dirndlkleider.

      Die Knaben kamen zuerst an die Reihe. Sie zeigten ihr Können an Reck und Barren. Mitten auf der Koppel stand Herr Hupfer und leitete die Vorführungen. Er hatte seine helle Freude an den Leistungen, denn seine drei Zöglinge zeigten sich heute von der besten Seite.

      Dann kam der Volkstanz. Es war ein reizendes Bild, die acht Mädchen so frisch und fröhlich tanzen zu sehen. Ihre Leistungen wurden laut beklatscht. Sie sangen zu ihrem Tanz ein altes Bauerntanzlied.

      Claus Gregor schaute sich nach Pucki um. Sie war verschwunden, und Rose fehlte auch. Man wollte gerade zum Dauerlauf antreten, als das Hausmädchen an den Hauslehrer herantrat und ihm etwas zuflüsterte. Herr Hupfer klingelte.

      »Mit dem Dauerlauf warten wir noch ein wenig. Försters Pucki und Rose Scheele wollen uns nun durch eine besondere Überraschung erfreuen.«

      Vom Gutshause her bewegte sich ein eigenartiger Zug. Ein Puppenwagen wurde von einem Jagdhunde geschoben, der brav auf den beiden Hinterpfoten ging. Rechts und links neben dem Wagen schritt je ein kleines Mädchen, das einen Blätterkranz trug. In den Händen hielten die beiden je ein Windrädchen, das sich lustig drehte. Die Windrädchen hatte Rose Scheele aus buntem Papier gefertigt. Beim Näherkommen der Gruppe sah man im Kinderwagen eine Katze liegen, die ein rosa Jäckchen trug.

      »Der Kater mit den Sachen der kleinen Agnes!« rief Frau Sandler entsetzt.

      Herr Niepel brach in lautes Lachen aus. Der kleine Zug, der sich langsam an den Bänken vorbei bewegte, sah entzückend aus. Erst jetzt waren alle Einzelheiten zu sehen. Harras, der kluge, gutmütige Hund, war am Schwanz mit einer leuchtend roten Schleife geschmückt, und auf den Kopf hatten ihm die Kinder eine Haube gesetzt, die mit Bändern unter dem Maul zusammengebunden war. Eine Schärpe aus grünen Blättern vervollständigte seine Ausrüstung. Der Kater lag regungslos im Wagen.

      Ein lautes Gelächter brach los. Puckis Augen glitten erfreut über die Anwesenden. Die viele Mühe, die sich Rose und sie selber gemacht hatten, wurde heute belohnt; alle fanden diese Vorführung äußerst reizvoll. So fuhr der Puppenwagen mehrmals hin und her, bis der Kater schließlich aus dem Wagen sprang und unter hellem Lachen der Zuschauer über den Sportplatz lief. Das schien auch für Harras das Zeichen zu sein, seine Rolle als Kindermädchen zu beenden. Er lief mit langen Sprüngen hinter Peter her. Trotzdem beklatschten alle den Einfall der beiden Mädchen lebhaft. Sie konnten viel Lob dafür einheimsen.

      Sehr bald waren Rose und Pucki zum Sportplatz zurückgekehrt. Nun konnte es an den Dauerlauf gehen. Pucki, die immer wieder zur großen Stange hinüberschaute, vertrödelte damit viel kostbare Zeit und wurde eine der Letzten. Dagegen erhielt Rose Scheele einen Preis.

      Das Hindernislaufen fiel für Pucki noch schlechter aus. Sie stolperte sogar über einen Balken und lag auf der Nase. Hier wurde Martin der Sieger, der mit einem Satz über den Zaun sprang. Er erhielt als Preis das längst ersehnte Taschenmesser.

      Wieder klingelte Herr Hupfer, denn die Kaffeepause war gekommen.

      »Jetzt wird bei Kaffee und Kuchen ausgeruht, dann geht es ans Klettern und ans Reiten für die Kleinen. Dann folgt das Geräteturnen und zum Schluss eine Überraschung meiner Zöglinge, von der ich selber nicht weiß, was es sein wird.«

      »Und das wird das Feinste«, schrie Paul. »Alles, was gewesen ist, war doch nichts«, flüsterte er Martin zu.

      »Nach Schluss des Sportes dürft ihr euch an der Würfel- und Schießbude belustigen. Auch stehen zwei Pferde zur Verfügung. Da wir aber ein Sportfest veranstalten, wollen wir während des Kaffeetrinkens noch ein wenig Denksport treiben und Rätsel aufgeben. Ein jeder, der ein hübsches Rätsel weiß, darf es sagen.«

      Alle riefen durcheinander, denn jeder wusste ein Rätsel. So hatte Herr Hupfer Mühe, wieder Ordnung in die aufgeregte Kinderschar zu bringen. Es gelang ihm jedoch bald.

      »Es ist meines Wissens das erste Mal«, sagte Frau Niepel zu Frau Gregor, »dass eine Veranstaltung so nett und friedlich verläuft wie das Sportfest. Nicht einen einzigen Missklang hat es bisher gegeben.«

      »Ihr Hauslehrer scheint ein äußerst tüchtiger Herr zu sein.«

      »So folgsam und brav wie heute sind meine drei Jungen noch nie gewesen. Wir werden mit Freuden an den heutigen Tag zurückdenken.«

      »Wir sind noch nicht zu Ende«, sagte der Oberförster, »erst heute abend können wir uns über den Verlauf des Sportfestes freuen.«

      »Sie sehen doch, wie alles klappt. Meine Jungen haben heute keine Neigung zu tollen Streichen.«

      »Was wird das denn für eine Sonderüberraschung, die die drei planen?«

      »Das weiß ich nicht, Herr Oberförster«, erwiderte Frau Niepel.

      Während des Kaffeetrinkens wurden Rätselfragen gestellt.

      »Was ist schwerer«, fragte Rose, »ein Pfund Eisen oder ein Pfund Bettfedern?«

      »Eisen«, riefen mehrere. »Ach, das ist aber ein leichtes Rätsel!«

      »Falsch«, sagte Rose.

      »Rede doch keinen Quatsch«, rief Paul. »Eisen ist immer schwerer.«

      Rose lachte. »Nein, ein Pfund ist eben ein Pfund. Man muss nur recht viel Bettfedern nehmen, um ein Pfund zu haben. Beides ist gleich schwer.«

      »Ach so«, sagte Paul. »Ist das ein dummes Rätsel! Ich werde euch ein anderes aufgeben. – Wie wird der Neger, wenn er ins Rote Meer fällt?«

      »Rot«, piepste Dora.

      »Nein, weiß«, rief Waltraut. »Dann geht doch aller Schmutz von ihm ab.«

      »Er bleibt schwarz«, sagte Pucki. »Das ist ihm doch angewachsen.«

      »Hahaha, seid ihr dumm«, lachte Paul, »der Neger wird nass, wenn er ins Rote Meer fällt. Das Rote Meer ist doch ein großes Wasser.«

      »Nun will ich euch mal ein Rätsel aufgeben«, rief der Hauslehrer. »Passt gut auf. Auf einem Dach sitzen sieben Schwalben. Wenn ich drei davon herunterschieße, wieviele bleiben noch sitzen?«

      »Du darfst keine Schwalben schießen«, rief Pucki aufgeregt. »Das ist eine ganz schlechte Tat. Schwalben darf niemand schießen.«

      »Nun ja, Pucki, da hast du recht. Also waren es keine Schwalben, sondern Sperlinge.«

      »Die kleinen Sperlinge haben dir auch nichts getan. Die kannst du ruhig auf dem Dach sitzen lassen.«

      »Nun sei man still, kleine Plaudertasche, und lasse die anderen raten.«

      »Das ist ja viel zu leicht«, rief Wanda Meister, »wenn sieben auf dem Dache sitzen und drei heruntergeschossen werden, bleiben vier Schwalben sitzen.«

      »Nein, drei!« rief ein anderes Mädchen.

      »Kannst