Miri „ihren“ Weihnachtsbaum. Auch als die Weihnachtstage längst vorüber waren, wollte sie sich nicht von ihm trennen. Zum ersten Mal in ihrem Leben durfte sie bestimmen, wann es Zeit zum Abschmücken war. Dieses Gefühl wollte sie genießen.
Tage verstrichen. Wochen schließlich. Immer noch hatte Miri Freude am Anblick des geschmückten Baumes. Mitte Januar fragte Papa vorsichtig, wann er den Baum wegräumen solle. Miri protestierte: „In diesem Jahr bin ich zuständig und ich finde, er kann noch stehen bleiben!“
Papa ließ sie gewähren.
Erst als im Garten die ersten Krokusse zielstrebig ihre Köpfe der Sonne entgegenstreckten, kamen Miri Bedenken. Sie würde ihren Weihnachtsbaum nicht für immer behalten können. Plötzlich war ihr das sonnenklar.
Sofort machte sie sich an die Arbeit. Behutsam zog sie die Kugeln von den Zweigen. Es gab ein leises, knisterndes Geräusch, als die Nadeln dabei zu Boden rieselten. Miri ging so vorsichtig wie möglich zu Werke. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass sich unter dem Baum ein dichter Teppich aus Tannennadeln bildete. Beim Hinaustragen verlor der Baum den letzten Rest seiner grünen Nadeln. Wieder stieg ein Glucksen in Miris Kehle hoch. Sie lachte über sich selbst. Was hatte sie da angerichtet! Der Staubsauger, dessen Bauch prall gefüllt war mit all den eingesaugten Tannennadeln, verbreitete noch tagelang ihren Duft. Papa entsorgte schmunzelnd das Gerippe und Mama lachte sich schief, als Miri ihr davon erzählte. Vielleicht war das das Beste an der ganzen Geschichte.
Christiane Amendt, Jahrgang 1955, ist freiberuflich tätige Lehrerin und LRS-Beraterin sowie Referentin für Fragestellungen zum Thema „Schule und Legasthenie“. Mit ihrer Familie lebt die fünffache Mutter in Minden in Westfalen. Ihre Hobbys: Gesang und Lesen, die Hunde Lolle und Leopold sowie deren Ausbildung und Training.
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Weihnachten im Hause Nimmersatt
Ach, da warn die beiden platt,
die Gebrüder Nimmersatt.
Angenervt und voller Frust
hatten Pitt und Didi just
einen riesen Berg an Gaben
unterm Baum hervorgegraben,
diese dann nur kurz betrachtet,
nichts davon recht wertgeachtet,
und mit nicht mal schlecht’ Gewissen
auf den Gabentisch geschmissen.
Statt den Eltern Dank zu sagen,
fing man an, sein Leid zu klagen:
„Vater, das ist alles öde!“
„Mutter, Weihnachten ist blöde!“
Die Beschuldigten, sie stöhnten:
Was kann man den so verwöhnten
Jungs denn überhaupt noch schenken?
Kann man ihnen denn verdenken,
dass sie, die sie alles haben,
sich nicht freun an all den Gaben?
Gut, der Fall ist so weit klar.
Ist ja doch wie jedes Jahr …
Aber eins ist anders heut:
Hört den Anfangssatz erneut:
Ach, da warn die beiden platt,
die Gebrüder Nimmersatt.
Oma Lisa nämlich war’s,
die auf ihrem Sessel saß,
um die Jungs, die ziemlich litten,
kurz an ihre Seit’ zu bitten:
„Seht mal, was ich für euch habe,
hier kommt meine kleine Gabe.“
Skeptisch aber sind die Jungen,
das war ja wohl höchst misslungen.
„Oma, was soll das schon sein.
Guck mal, ist doch viel zu klein!“
Das Papier ward aufgerissen:
Erster Kommentar: „Beschissen!
Oma, einer deiner Scherze!
Was solln wir mit dieser Kerze?“
Oma Lisa froh und munter
geht in keiner Weise unter,
sondern flüstert lieb und leise:
„Kommt mit mir auf eine Reise!
Heute möchte ich entschleiern,
weshalb wir die Weihnacht feiern.
Ihr wisst gar nicht – wie ich denk –,
welches riesige Geschenk
allen, die auf Erden leben,
uns vom Herrngott ist gegeben.
Gott selbst hat sich aufgemacht
und ward Mensch in dieser Nacht.
Er verließ den Himmelsthron,
kam als Jesus, Gottes Sohn.
Warum hat er das getan?
Das ist Teil von Gottes Plan,
uns, die Menschen, zu erlösen,
von der Sünde, allem Bösen,
und von Krankheit, Sorge, Schmerz.
Groß ist Gottes Vaterherz.“
O, da warn die beiden platt,
die Gebrüder Nimmersatt.
„Und die Kerze, sag uns nun:
Was hat die damit zu tun?“
Gerne fuhr die Oma fort:
„In der Bibel, Gottes Wort,
da sagt Jesus, Jesus Christ,
dass das Licht der Welt er ist.
Ich, ich kenne dieses Licht,
weiß, es hält, was es verspricht.
Und mein Wunsch, drum dies Präsent,
dass auch ihr das Licht erkennt.
Dafür bet zu Gottes Sohn
ich seit vielen Jahren schon.“
Wieder warn die beiden platt,
die Gebrüder Nimmersatt.
Pitt und Didi traf es tief,
und sie wurden gleich aktiv.
Didi hielt die Kerze fest,
die dann Pitt entflammen lässt.
Schweigend und doch tief erfüllt
und in Kerzenschein gehüllt,
träumten sie. – Ach, warn sie froh
und die Oma sowieso.
Als es keiner hört und sah,
flüstert sie: „Wie wunderbar,
bist du Jesus, o mein Herr,
du beschenkst uns, und wie sehr …“
Und im Hause Nimmersatt
warn nun alle völlig platt.
Arne Baier, 1970 in Neumünster geboren, ist Lehrer am Gymnasium Kiel-Wellingdorf. Er hat diverse Weihnachtsgedichte geschrieben, die auch auf seiner Internetseite veröffentlicht sind.
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Wie der Drache Fress-dich-nicht dem Christkind geholfen hat
Es war einmal ein kleiner König. Sein Königreich war