indem wir ein Dementi verkünden ...“
„Alexis, dein Ruf steht auf dem Spiel.“
„Und du meinst, dass es meinem Ruf helfen könnte, wenn du einen Privatdetektiv engagierst?“ Sie erhob sich und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. „Mir ist es egal, dass diese Zeitschrift Details der Annullierungsvereinbarung veröffentlicht.“
„Mir ist es nicht egal“, widersprach ihre Mutter. „Und vielen anderen ist es ebenfalls nicht egal. Deine Plattenfirma interessiert sich beispielsweise sehr für dein Image, das unter diesem Artikel noch mehr zu leiden hat als zuvor.“ Mit ordentlich manikürten Fingernägeln tippte ihre Mom aufgebracht gegen das Foto auf der Titelseite. „Dieser Mann trägt nur eine Lederweste!“
„Vergiss den Cowboyhut nicht.“
„Das ist nicht witzig, Alexis.“
Sie schob das Kinn nach vorn. „Sehe ich etwa aus, als wäre mir zum Lachen zumute?“
„Du solltest die ganze Angelegenheit etwas ernster nehmen! Nicht nur dein Ruf steht auf dem Spiel, sondern auch deine Karriere.“
Alexis’ Agent mischte sich in das Gespräch der beiden ein, das immer lauter zu werden versprach. „Wir sollten uns alle erst einmal beruhigen. Okay?“
Alexis spürte, dass ihr Puls raste und sie vor lauter Anspannung ganz steif wurde. Sie wusste, dass sie damals einen Fehler gemacht hatte. Und sie wusste auch, dass sie aus ihrem Schneckenhaus herauskommen musste, wenn sie nicht wollte, dass ihre komplette Karriere den Bach hinunterging. Aber wie sollte sie mit einem strahlenden Lächeln vor ihre Fans treten, Autogramme geben und allen den immer fröhlichen Popstar vorspielen, wenn sie derart niedergeschmettert war und wenn sie sich ausgenutzt, benutzt und hintergangen fühlte?
In dieser Situation hätte sie ihre Mom gebraucht, aber nicht ihre Managerin, die sich nur für Alexis’ Image und ihre Außenwirkung interessierte.
„Das ist eine ernste Sache, Alexis“, begann ihr Agent mit besorgter Miene zu erklären. „Aber ich gebe dir recht, dass wir diesen Artikel am besten ignorieren sollten. Gleichzeitig ist es höchste Zeit, dich wieder ins richtige Licht zu rücken. Du hast dich monatelang nicht blicken lassen, und die Öffentlichkeit beginnt, die Gerüchte zu glauben, die über dich kursieren. Auch wenn wir kein Dementi hinsichtlich des Artikels veröffentlichen, müssen wir gegensteuern, um deinen guten Ruf wiederherzustellen.“
„Gegensteuern?“ Sie schluckte schwer, denn in ihren Ohren klangen die Worte ihres Agenten danach, sich wieder draußen blicken zu lassen und an die Öffentlichkeit zu gehen. „Was meinst du damit?“
Sehr ernst schaute er sie an. „Ivy ist als das fröhliche, herzliche, talentierte und typisch amerikanische Mädchen von nebenan berühmt geworden, das man sich als Tochter oder beste Freundin wünscht. Du bist der Vorzeige-Star, Alexis – skandalfrei und pflichtbewusst. Dass du dich in Las Vegas hast volllaufen lassen und einen Stripper geheiratet hast, war schlimm genug für deine konservativen Fans und insbesondere für die Eltern deiner minderjährigen Fans, aber dass du dich seit Monaten verkriechst, erweckt den Eindruck, dass du Depressionen und eventuell ein Alkoholproblem hast.“
„Ich habe kein Alkoholproblem“, wehrte sie sofort ab. Allein die Vorstellung war lächerlich. „Ich mag nicht einmal Rumkugeln!“
„Du warst total betrunken, als du einen Stripper geheiratet hast!“
„Die Sache in Las Vegas war eine absolute Ausnahme, und das wisst ihr.“
„Aber das wissen die Leute nicht, die dich nur aus Musikvideos kennen und das Foto mit diesem halb nackten Stripper gesehen haben“, erwiderte ihr Agent schonungslos. „Wir brauchen gute Presse, bevor Ivy als abgestürzter Popstar wahrgenommen wird. Du weißt doch, wie schnelllebig die Branche ist.“
„Außerdem dürfen wir nicht vergessen, wie viel Geld auf dem Spiel steht.“ Das kam von ihrer Mutter, auf deren Wangen sich rote, hektische Flecken gebildet hatten. „Du hast einen Vertrag mit deiner Plattenfirma zu erfüllen, und die Zeit läuft bald ab. Es fehlen noch immer ein paar Songs, und eingesungen ist erst ein Viertel. Seit Monaten warst du nicht im Tonstudio. Die Produzenten werden langsam nervös. Und wir auch.“
„Mir macht die Möglichkeit einer Vertragsverletzung mit Shine Productions am meisten Sorgen“, bekannte ihr Anwalt. „Der Vertrag besagt ganz deutlich, dass du als Ivy ein gewisses Image pflegen und nach außen präsentieren musst. Die Plattenfirma hat dich jahrelang als All-American-Girl vermarktet. Der Skandal deiner Annullierung muss vom Tisch sein, bevor das neue Album veröffentlicht wird. Und das bedeutet, dass wir nicht einfach die Hände in den Schoß legen können, während irgendwelche Artikel über dich im Umlauf sind. Dein Image leidet, und dein Image ist Bestandteil deiner Verträge.“
Ihr Agent gab ihm sofort recht. „Alexis, du hast schon das Sponsorship mit der Kosmetikfirma verloren, die an dir als Werbegesicht ihrer Pflegelinie interessiert war. In deiner jetzigen Position kannst du dir nicht noch mehr schlechte Presse leisten. Dave Phillips von Shine Productions ist zwar dein größter Fan und hatte bislang immer Verständnis für dich, aber er wird keine Sekunde zögern, dich fallen zu lassen, wenn er mit Verlusten rechnen muss.“
Dass er ausgerechnet Dave Phillips ins Spiel brachte, den Mann, der ihr als Achtzehnjährige einen Vertrag und damit eine Chance gegeben und sie seither protegiert hatte, gab Alexis zu denken. Irgendwie war sie nämlich immer davon ausgegangen, der Unterstützung ihres Produzenten sicher zu sein. Wenn sogar Dave Phillips darüber nachdachte, sie fallen zu lassen, dann war die Situation ernster als gedacht.
Weil alle drei Augenpaare kritisch und teilweise tadelnd auf sie gerichtet waren, nahm ihre Stimme einen etwas trotzigen Tonfall an. „Und was soll ich jetzt tun? Schadensbegrenzung üben?“
Ihre Mutter verzog den Mund. „Für eine einfache Schadensbegrenzung ist es etwas spät.“
„Wir dachten an eine Art Charme-Kampagne“, warf ihr Agent ein.
„Charme-Kampagne?“ Alexis runzelte die Stirn. „Und wie soll die aussehen?“
„Na, altes Haus, was treibst du gerade?“
Taylor schnitt eine Grimasse, während er den Stapel Rechnungen, die er soeben durchgegangen war, auf den Tisch in seiner Küche fallen ließ. Leider trudelten zurzeit mehr Rechnungen als Tantiemenzahlungen ein, was zusammen mit der Nachricht seines Anlageberaters, dass ein paar seiner Aktienpakete deutlich an Wert verloren hatten, zu seiner schlechten Laune beitrug. Momentan war einfach der Wurm drin. Eigentlich hatte Taylor heute den ganzen Tag in einem Aufnahmestudio verbringen wollen, aber den Termin hatte er am Morgen abgesagt, weil er nicht in der Stimmung war, seine neuen Songs einzusingen.
Unter diesen Voraussetzungen wären die Aufnahmen katastrophal geworden.
Vielleicht half ja Coles Anruf, ihn ein wenig aufzuheitern, denn sein Kumpel war der Inbegriff der guten Laune.
„Nicht viel, um genau zu sein. Ich arbeite an einem neuen Song, aber bislang ist er miserabel. Und wie sieht es bei dir aus?“
„Vor allem sonnig“, ertönte Coles blendend gelaunte Stimme. „Du weißt ja – in San Diego scheint immer die Sonne.“
„Wie auch in Los Angeles.“
Sein Freund lachte amüsiert. „Danach klingst du aber nicht.“
„Auch wenn die Sonne scheint, muss das nicht auf meine Laune abfärben.“ Taylor ließ sich auf den Barhocker seiner Küche sinken, die rein funktionell eingerichtet war, was kein Wunder war, weil es sich um eine Mietswohnung handelte. Obwohl Taylor seit Jahren in Los Angeles wohnte, kam er immer nur in Mietswohnungen unter, um flexibel zu sein, wenn es darum ging, seinen Wohnort zu wechseln. Von seinen Musikinstrumenten abgesehen reiste er gerne mit leichtem Gepäck und war nicht sonderlich anspruchsvoll, was seine Unterkunft betraf. Das eine und auch andere Mal hatte er darüber nachgedacht, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen und dort ein eigenes