Poppy J. Anderson

Rockstar Love - Ein Song für Alexis


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ihm einiges abverlangte. „Momentan arbeite ich an ein paar Songs. Vielleicht überzeugen die ja irgendeinen Produzenten. Mal abwarten.“

      Raphael zuckte mit den Schultern. „Mein Agent verhandelt gerade mit einem Streaminganbieter über eine Sprechrolle in einer Comicverfilmung. Wenn du willst, kann ich auch deinen Namen fallen lassen.“

      Taylor lächelte schwach. „Ich glaube, ich bleibe lieber bei meinen Songs.“

      „Falls du deine Meinung änderst, gib mir Bescheid.“ Raphael hob den Kopf. „Da vorne habe ich meinen Agenten entdeckt. Kann ich dich allein lassen?“

      „Sicher.“

      „Gut, wir sehen uns später.“ Er klopfte ihm gegen die Schulter und machte sich anschließend vom Acker, was Taylor nur recht war.

      Sobald er allein war, machte er sich daran, selbst eine Runde zu drehen und seine Schuldigkeit zu leisten, indem er mit ein paar Leuten ins Gespräch kam und sogar mit dem Verantwortlichen der Party ein paar Worte wechselte. Er glaubte nicht, dass sich seine Anwesenheit am heutigen Abend irgendwann auszahlen würde, aber wenigstens konnte er sich nun nicht nachsagen lassen, dass er es nicht wenigstens versucht hatte. Sein Agent würde zufrieden sein.

      Ungefähr zwei Stunden später verließ er die Party wieder und lief zu Fuß über den Sunset Boulevard, weil er auf die Schnelle kein Taxi bekommen hatte und die Uber in der Grammy-Nacht beinahe zusammenbrachen. Um ein wenig frische Luft zu bekommen, war ein nächtlicher Spaziergang nicht das Schlechteste.

      Während er am Roxy Theatre, am berühmten Club Whisky a Go Go und am wunderbar heruntergekommenen Viper Room vorbeilief und die harten Bässe hörte, die aus dem letzten Club drangen, vermisste er die Zeiten, in denen er zusammen mit seinen Bandkollegen Clubs in Großstädten der ganzen Welt unsicher gemacht hatte. Nach ihren Konzerten waren sie in Clubs gefahren, um dort ausgelassen zu feiern, bevor sie nach der Sperrstunde ins Hotel gefahren waren und dort weitergemacht hatten. Sie hatten so verdammt viel Spaß gehabt.

      Sie alle fünf.

      Diese Zeiten vermisste er.

      Komischerweise hatte er lange Jahre nicht an seine Zeit mit SpringBreak gedacht, sondern sich auf seine Solokarriere konzentriert. Dabei war ihm nie in den Sinn gekommen, dass er als Teil einer fünfköpfigen Band sehr viel glücklicher gewesen war als zu der Zeit, in der er als Solokünstler aufgetreten war.

      Damals hatte er SpringBreak als Sprungbrett betrachtet, das er ausnutzen wollte, um irgendwann Solokünstler zu werden. Das hatte auch funktioniert, doch im Nachhinein hatte es viel mehr Spaß gemacht, mit vier anderen Menschen als Band – als Einheit – aufzutreten und mit ihnen Musik zu machen. Vielleicht vermisste er auch einfach nur die Leichtigkeit, die man mit Anfang zwanzig besaß, weil das Leben als Erwachsener manchmal verdammt schwer sein konnte.

      Bevor er noch in Depressionen verfiel, schnappte er sich eines der Taxis, die vor einem Restaurant auf Fahrgäste warteten, und fuhr nach Hause nach Glendale. Während der knapp zwanzigminütigen Fahrt checkte er seine Mails, ärgerte sich über die Nachricht, dass ein wichtiger Termin mit einem Musikproduzenten abgesagt worden war, las die Anfrage eines Tonstudios, das ihn als Demosänger engagieren wollte, und hoffte, dass der Anruf seines Anlageberaters nichts Schlechtes bedeutete.

      Als er sein Handy in seiner Hosentasche verstaute und sich anschließend in den Sitz zurücklehnte, befahl er sich, nicht eingeschnappt zu sein, dass man ihn als Demosänger haben wollte.

      Dennoch nagte die Anfrage an seinem Ego. Demosänger wurden für Probeaufnahmen engagiert, um einen ersten Eindruck der Songs zu vermitteln, bevor die richtigen Sänger die Stücke einsangen. Für jemanden, der früher mit seiner Band mehrmals für den Grammy nominiert gewesen war, dreimal den Billboard Music Award und zweimal den MTV Music Award gewonnen hatte sowie daheim mehrere Platinplatten hängen hatte, war der Status eines Demosängers ein kolossaler Abstieg.

      Noch vor ein paar Jahren hätte er gelacht oder zumindest geschmunzelt, wenn man ihm gesagt hätte, dass er als Demosänger arbeiten sollte.

      „Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht bei irgendeinem Club herauslassen soll? Es ist nicht einmal zwölf, und Sie sind zu sehr herausgeputzt, um allein nach Hause zu gehen.“

      Taylor schaute auf und begegnete dem Blick des Taxifahrers durch den Rückspiegel hindurch. Er lächelte schwach. „Nach Hause klingt fabelhaft.“

      „Langer Tag?“

      „So könnte man es nennen.“

      „Streit mit der Freundin?“

      Seine Mundwinkel zuckten. „Es gibt keine Freundin.“

      Der Taxifahrer, der dank des akkurat geschnittenen Bartes und der winzigen Brille dezente Ähnlichkeit mit Ringo Starr besaß, zog seine Augenbrauen in die Höhe. „Dann sollten Sie vielleicht wirklich ausgehen und sich auf die Suche nach einer machen.“

      Eine Freundin würde sicherlich dazu beitragen, dass er noch mehr Probleme hatte, als er ohnehin schon besaß. Aus seiner Erfahrung mit Frauen wusste er, dass das weibliche Geschlecht nicht damit zurechtkam, wenn der Mann bereits eine große Liebe besaß, für die er alles tun würde.

      Und bei Taylor war es die Musik.

      Frauen spielten nicht gerne die zweite Geige, wenn der Partner Musiker war und seine volle Aufmerksamkeit seinem Job widmete.

      „Lieber nicht“, wägte er ab, woraufhin der Taxifahrer mit den Schultern zuckte und das Radio lauter stellte.

      „Für viel Gelächter, etwas Spott und auch einige Kritiken sorgte der Moderator der diesjährigen Grammy-Verleihung. Der britische Comedian Bill Carey überraschte das Publikum bei seiner Eröffnungsrede, indem er verkleidet als Liza Minnelli auftrat und eine Darbietung von Cabaret bot. Nur kurze Zeit später parodierte er den Skandal des letzten Jahres, als er mit blonder Perücke die Bühne betrat und die Rede der mehrmaligen Grammy-Gewinnerin Ivy persiflierte. Ivy, die nach ihrem grotesken Auftritt im letzten Jahr für einige Skandale sorgte, war in diesem Jahr nicht ...“

      „Könnten Sie das Radio bitte ausschalten?“, bat Taylor den Taxifahrer und merkte, wie sich seine Kopfhaut unangenehm zusammenzog – auch dann noch, als der Fahrer das Radio längst ausgeschaltet hatte.

      Nach seinen heutigen Gedanken über SpringBreak und über den Verlauf seiner Karriere wollte er nicht auch noch über Ivy nachdenken müssen.

      Ivy.

      Noch mehr Nostalgie, die unangenehme Gefühle in ihm auslöste, konnte er an diesem Abend wirklich nicht vertragen.

      3

      Sie hatte nicht geglaubt, dass es noch schlimmer werden könnte.

      Alexis starrte auf die Titelseite des Schmierblattes und wäre am liebsten in einem Erdloch versunken und nie wieder aufgetaucht. Von allen Peinlichkeiten, die ihr im letzten Jahr passiert waren, war dieses Foto zusammen mit der Schlagzeile tatsächlich der Höhepunkt aller beschämenden Nachrichten – oder der Tiefpunkt. Es war eine Frage des Standpunktes. Alexis glaubte jedenfalls nicht, dass sie noch tiefer sinken konnte.

      Himmel, sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann und wie jenes Foto entstanden war. Jene Nacht in Las Vegas fühlte sich auch Monate später wie ein schlechter Albtraum an, aus dem sie nicht entkam.

      Liebeskummer, Long Island Iced Tea und Las Vegas vertrugen sich leider überhaupt nicht und führten dazu, dass man verdammt schlechte Entscheidungen traf. Vor allem dann, wenn man keineswegs trinkfest war. Alexis hätte sich viel Kummer, einen Haufen Probleme und einige Demütigungen erspart, wenn sie damals zu Hause geblieben wäre, anstatt die Einladung eines Promoters anzunehmen und die Eröffnung eines Clubs zu feiern.

      Von dem Geld einmal abgesehen.

      Aber damals – vor etwas mehr als sechs Monaten – hatte sie sich dazu entschieden, für alle Welt sichtbar Party zu machen und die gehässigen Stimmen verstummen zu lassen, die davon sprachen, dass ihr das