Andy D. Thomas

River & Matt


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sein Herz wurde schwer. Es war gerade mal acht Uhr durch.

      Wenig später landete er wieder im Wohnzimmer, fühlte sich dort aber noch schlechter und zog sich schließlich in sein Schlafzimmer zurück, wo er sich aufs Bett setzte und den Fernseher einschaltete.

      Wie lange er so dagesessen hatte, wusste er nicht, aber irgendwann klopfte es leise.

      Sein Kopf ruckte herum.

      „Darf ich reinkommen?“

      „Klar.“

      Matt schob sich herein. Seine Haare waren noch feucht vom Duschen und er hatte sich umgezogen. „Er schläft. Aber ich will die Tür einen Spalt offen lassen, falls was is’. Is’ das okay?“

      River nickte und schaltete den Fernseher wieder aus.

      Matt hob zwei Bierdosen an. „Lust auf ’nen Absacker oder hast du schon?“

      „Gerne. Ich hab mir überhaupt nix zu trinken mitgenommen, merk ich grad.“ Er fuhr sich durch die Haare und griff nach einer Dose, während Matt sich aufs Bett setzte.

      Schweigend nahmen sie den ersten Schluck.

      River überlegte, was er sagen sollte, doch auch Matt hing offenbar seinen Gedanken nach, daher zog sich das Schweigen auch über einige Minuten.

      „Du fragst dich sicher, ob ich das von letzter Nacht immer noch so meine, hm?“, brach Matt schließlich die Stille. Seine Stimme war sanft und mitfühlend, aber direkt wie eh und je.

      Fuck! Das war’s jetzt wohl, schoss es River durch den Kopf. Er merkte, wie seine Hand mit der Dose zu zittern anfing.

      Er sah überrascht auf, als Matt sich neben ihn setzte. River hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass er aufgestanden und ums Bett herumgegangen war.

      Matt nahm ihm die Dose ab und stellte sie zusammen mit seiner auf den Nachttisch. Stattdessen nahm Matt seine Hand.

      „Hör zu!“

      River schluckte.

      „Ich bin letzte Nacht über einen Schatten gesprungen, der mein halbes Leben vor mir hergerannt ist und mir immer eine Nasenlänge voraus war. Ich werde jetzt garantiert keinen Rückzieher machen“, sagte er mit leiser, aber eindringlicher Stimme.

      Rivers Herz begann fast schmerzhaft zu klopfen. Aber?, fragte er sich, doch dann küsste ihn Matt und er lehnte augenblicklich wieder mit dem Rücken am Felsen. Und wieder war der Kuss fast magisch für ihn.

      Matt setzte ab und strich ihm über seinen Fünftagebart. „Hast du dich nur noch nicht rasiert, weil ich dir gestanden habe, wie sexy ich den finde?“

      „Mhmm.“

      Matt lächelte. „Also willst du es auch immer noch?“

      „Machst du Witze?“

      Matt sah zum Fenster. „Joey is’ im Krankenhaus immer wieder eingeschlafen und ich hatte viel Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, wie ich ihm das mit uns beibringen soll.“

      „Und?“, fragte River leise.

      „Ich glaube, er ahnt eh schon was.“

      „Wie kommst du darauf?“

      „Mir sind viele Gespräche durch den Kopf gegangen und Kommentare, die er so im Laufe der Zeit abgelassen hat. Ich mein das ernst, ich glaub, er ahnt wirklich was.“

      „Is’ das jetzt gut oder schlecht?“

      „Er liebt dich … Onkel River“, sagte Matt mit einem Augenzwinkern.

      River konnte nicht anders, er musste lachen.

      „Ich hoffe, ich konnte ihn lehren, dass es völlig egal ist, wen man liebt, welche Religion man hat oder welche Hautfarbe. Unsere Freundschaft ist ein gutes Beispiel für unsere Offenheit. Ich hoffe, er hat das von mir und nicht so viel von seiner Mutter.“

      „Ich weiß, dass er mich schon immer so akzeptiert hat, wie ich bin. Und dass er mich Onkel River nennt, so sehr mich das auch nerven mag, sagt ja eigentlich schon alles.“

      „Seh ich auch so.“

      „Mhmm.“

      „Ich hätte es ihm natürlich am liebsten sofort gesagt, aber ich wollte ihn auf keinen Fall überfordern.“

      „Schon klar, er muss erstmal verarbeiten, was da passiert ist. Nicht auszudenken, wenn wir länger geblieben wären.“

      „Es passiert nix umsonst, hm? Und was uns betrifft …“

      „… haben wir alle Zeit der Welt“, sagten sie dann unisono und grinsten.

      Matt drückte ihm noch einen Kuss auf die Lippen und stand auf. Er nahm sein Bier und ging wieder auf die andere Seite des Bettes. River sah ihm glücklich nach, als er es sich wieder bequem machte. Er hatte keine Angst mehr, dass die Welt morgen vielleicht weniger rosig aussähe, wenn er vielleicht doch einschlafen würde.

      Stunden später lagen sie immer noch völlig bekleidet im Bett und redeten. Vor allem über das, was mit Joey passiert war, aber auch über anderes.

      Irgendwann mussten sie wohl doch eingeschlafen sein, denn River wachte auf, als sich Matt neben ihm ruckartig aufsetzte.

      Als er die Augen öffnete, sah er Joey am Fußende des Bettes stehen. Ihm wurde erst eiskalt, dann heiß. Erst dann sah er, dass Joey von einem Ohr zum anderen grinste.

      „Sorry, dass ich euch geweckt hab. Ihr habt total süß ausgesehen.“

      River warf Matt einen unsicheren Blick zu.

      Der räusperte sich. „Hey, Großer, ich, äh, wir haben noch ziemlich lang gequatscht und da müssen wir wohl eingeschlafen sein. Sorry, dass du aufgewacht bist, und ich war nicht da.“

      „Kein Problem, ich kenn mich hier ja aus.“ Joey ließ sich aufs Bett plumpsen und sah von einem zum anderen. „Heißt das, ich krieg dann das andere Zimmer ganz für mich allein, wenn du ab jetzt bei Onkel River schläfst?“

      River musste sich auf die Zunge beißen, um nicht laut loszulachen. DAS ist definitiv dein Sohn! Kein Blatt vor den Mund und immer schön raus damit.

      „Äh …“, hörte er Matt sagen.

      Joeys Grinsen wurde noch breiter. „Cool! Es is’ nämlich viel größer als mein altes Zimmer.“ Er runzelte die Stirn. „Du schläfst doch ab jetzt bei Onkel River, oder? Ich meine … hast du’s ihm endlich gesagt?“

      „Was gesagt?“, fragte Matt sichtlich verwirrt.

      Joey stöhnte. „Na, dass du ihn liebst!“

      Matt schluckte hörbar.

      Na, jetzt bin ich ja mal gespannt, dachte River amüsiert und beobachtete Vater und Sohn, die sich unverwandt in die Augen sahen.

      „Wär das denn okay für dich?“, fragte Matt mit leiser Stimme.

      Statt einer Antwort fiel Joey seinem Dad um den Hals. „Total“, murmelte er ihm ins Ohr.

      „Ich hab dich so doll lieb, Großer!“

      „Ich dich auch.“ Joey löste sich von Matt und hob die Hand, sodass River ihn abklatschen konnte. „Hast du Daddy auch so lieb, wie er dich?“, wollte er dann noch wissen.

      „Mhmm. Allerdings.“

      „Gut! Dann bin ich beruhigt.“ Er sah wieder seinen Dad an. „Mit dir und Onkel River in einem Haus zu leben, wird einfach toll werden.“

      „Äh, Joey?“, meldete sich River zu Wort.

      „Hm?“

      „Vielleicht kannst du ja mal versuchen, den vermaledeiten Onkel wegzulassen?“, fragte er vorsichtig.

      Joey grinste.

      „Klingt ’n bisschen komisch, vor allem jetzt, wo, äh … na ja, du weißt schon