Gerda Graf

Im Dialog mit Sterbenden


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Krebspatient, welcher sehr große Angst vor dem Sterben geäußert hatte, erzählte eines Morgens von einer wunderschönen Reise, die er gemacht hat. Er kann viele Einzelheiten von dem Ort erzählen, den er besucht hat, und meint, er würde gerne einmal wieder dorthin. In der folgenden Nacht stirbt er.

       Weitere mögliche Bilder: …

      

Koffer packen

      

Rucksack und Proviant packen

      

Sich auf eine Wanderung begeben

       Begegnung mit der Natur

       Fallbeispiele – Natur

      Als am Morgen der Pfleger ihn fragte, wie er geschlafen hätte, erzählte der 81-jährige Patient, dass er gar nicht geschlafen hätte. Er hätte eine wunderschöne Wiese gesehen und hätte dort eigentlich Blumen pflücken wollen. Aber dann habe er sie doch stehen lassen. Er wolle noch einmal dorthin zurückkehren. Der Patient starb noch am gleichen Tag.

      Eine junge Patientin erzählte, dass sie die letzten Tage immer wieder einen ähnlichen Traum hatte. Sie versuchte aus einem Wald herauszukommen und eine weite Ebene zu erreichen. Aber immer wieder musste sie in den Wald zurück. In der vorangegangenen Nacht hatte sie in dem Wald eine Lichtung erreicht, wo sie sich hatte ausruhen können. Nach einigen Rückschlägen erholte sich die Patientin und konnte das Krankenhaus verlassen.

      Ein 18-jähriger Patient träumte von einem schmalen Heckenweg, der durch die Dünen zum Meer führte. Als er das Meer erreichte, ließ er sich erschöpft in den Sand fallen. Dann habe es Sterne geregnet. Er habe jetzt keine Angst mehr vor dem Sterben, meinte er zu einem Pfleger, aber er wolle gerne noch einmal zum Meer. Seine Eltern bemühten sich eine Reise zum Meer zu arrangieren. Der junge Mann aber starb ruhig in der folgenden Nacht.

      Als die Ärzte ihm sagten, dass sie nichts mehr für ihn tun könnten, hatte ein 46-jähriger Patient den Eindruck, dass Pfleger und Ärzte nur noch selten in sein Zimmer kamen. Während eines Tagesschlafes erlebte er, dass er sehr schnell in eine Felsspalte hinabfiel und dabei immer wieder sehr schmerzhaft an die rauen Felswände schlug. Er konnte den Fall nicht aufhalten und sah weit unter sich einen großen Strudel. Ihm wurde übel und er wachte auf. Der Patient malte seinen Traum in der kunsttherapeutischen Begleitung und sprach von dem Gefühl, von Pflegern und Ärzten abgelehnt und allein gelassen zu werden.

      Ein älterer Herr erzählte seiner ihn besuchenden Nichte, er habe in der letzten Nacht versucht den Fluss zu überbrücken. Seine Nichte dachte zunächst, er sei draußen spazieren gegangen. Ihr Onkel erzählte, dass er gerufen worden sei. Erst habe er gar nicht seinen Namen verstanden, aber als der Wind sich etwas gelegt hatte, habe er ganz deutlich seinen Namen verstanden. Aber es sei keine Brücke da gewesen. Er wolle wieder an den Fluss gehen und schauen, ob nicht doch irgendwo eine Brücke sei. Die Nichte verstand und blieb die Nacht über bei ihrem Onkel. Dieser starb gegen Morgen.

       Weitere mögliche Bilder: …

      

Um einen Hügel herumgehen, bis man freie Sicht hat

      

Ins Gebirge, einen Felsen besteigen

      

Einen Graben überqueren

      

Wassermassen, Wellen

      

Auf der anderen Seite einer natürlichen Barriere bereits Verstorbene sehen, zu ihnen wollen

      Die Bilder der Natur können sowohl große Herausforderungen darstellen als auch Geborgenheit vermitteln.

       Ein (Lebens-) Weg, der plötzlich abbricht

       Fallbeispiele – (Lebens-) Weg

      Eine ältere Patientin kam mit der Reinemachefrau, die das Klinikzimmer säuberte, ins Gespräch. Als die Reinemachefrau die Schuhe der Patientin wieder ordentlich unter das Bett stellen wollte, meinte die Patientin, die Schuhe würde sie nicht mehr brauchen, ob die Reinemachefrau Interesse an dem Paar Schuhe hätte. Diese versuchte die Patientin zu überreden, dass sie doch bestimmt bald wieder aufstehen könne und dann ihre Schuhe bräuchte. Die Patientin erzählte, dass sie wisse, dass ihr Weg zu Ende sei: Sie habe in der Nacht dort nichts mehr gesehen, nur Licht. Da sei kein Weg mehr, wo man gehen könne. Sie brauche keine Schuhe mehr. Zwei Tage später starb die Patientin.

       Einladung zum Gehen

       Fallbeispiele – Einladung zum Gehen

      Eine 57-jährige Patientin berichtet der Hospizhelferin, dass in der Nacht ihre verstorbene Schwester zu ihr gekommen sei und erzählt hätte, dass sie sich freut, wenn sie bald komme. Der Patientin hatte diese Begegnung Angst gemacht und sie hatte die Hospizhelferin gefragt, ob sie jetzt sterben müsse. Im gemeinsamen Dialog entdeckte die Patientin, dass ihre Schwester ihr im Sterben beistehen würde und sie sich so mit dem Gedanken des Sterbens langsam anfreunden könne.

      Eine alte Dame erzählt ihrer Pflegerin, dass ihr Mann sie am Nachmittag wieder besuchen wolle. Der Ehemann war eine Woche zuvor gestorben. Die Pflegerin vermied den realen Tod des Ehemannes erneut zu erwähnen und fragte stattdessen: Freuen Sie sich schon auf den Besuch Ihres Mannes? Die alte Dame bejahte und starb am Nachmittag ruhig.

      Eine 38-jährige Patientin hat eine Operation überstanden. Als sie aus der Narkose aufwacht, sieht sie am Ende ihres Bettes den Knochenmann sitzen. Er sagt nichts. Aber die Patientin entdeckt sofort ihre Wut und weist ihn entschieden ab: Geh, ich bin noch nicht dran! Hau ab! Der Knochenmann verschwindet. Die Patientin schläft die nächsten Tage unruhig, aber der Knochenmann erscheint nicht wieder. Die Patientin ist wieder wohlauf, leidet aber daran, dass sie ihre Erfahrung nicht Familie und Freunden mitteilen kann. Sie hat Angst, dass man sie wahrscheinlich für verrückt hält.

      Eine junge Mutter liegt im Krankenhaus im Sterben. Sie kämpft gegen die Krankheit, da sie weiter für ihre kleinen Kinder da sein möchte. Eines Nachts ruft sie in Panik ihren Vater an und sagt, man würde sie abholen kommen. Sie sei in großer Gefahr und er müsse kommen, sonst würde sie mitgenommen werden. Der Vater und die ganze Familie bleiben abwechselnd bei der jungen Mutter. Als ihr Vater an ihrem Bett ist, fragt sie, ob sie denn mitgehen müsse. Der Vater sagt, sie dürfe gehen, wenn es so weit sei. Ein paar Stunden später stirbt seine Tochter.

       Nachlassende Lebenskraft und stummer Zuschauer (Pastellkreide)

       Fallbeispiele – Nachlassende Lebenskraft

      Eine Patientin erlebt einen schweren Schwächeanfall. Sie malt später, wie ihre Lebenskraft aus dem Körper geflossen ist. Von außen schaut ein Beobachter zu, bleibt aber untätig. Die sie betreuenden Ärzte und Pfleger waren gegenüber dem Schwächeanfall hilflos gewesen. Auch das Fehlen einer gemeinsamen Sprachebene spiegelt sich in dem Bild der Patientin wider.

       Engel

       Fallbeispiele – Engel

      Eine 44-jährige Zahntechnikerin mit einer schweren chronischen Erkrankung erzählt, dass sie seit vielen Jahren sich beschützt und begleitet fühlt. Sie könne den Beschützer nicht sehen, aber manchmal habe sie das Gefühl beobachtet zu werden und schaue dann zum entsprechenden Hausdach hinauf. Sie fühle sich geborgen und könne sich vorstellen, dass sie von Geistwesen oder Engeln begleitet würde. Wenn sie um Hilfe bittet, spüre sie einen geborgenen Halt an ihrem linken Schulterblatt.

      Ein 63-jähriger