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Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage


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Brief, den er am 31. Oktober 1517 zusammen mit den 95 Thesen an Albrecht von Brandenburg sandte, ist das erste Dokument, das er nicht mehr als Luder, sondern als Luther unterzeichnete. Mit dieser Änderung der Schreibweise seines Namens hat er einen etymologischen Zusammenhang mit dem Freiheitsbegriff hergestellt, erinnert die neue Schreibweise doch ersichtlich an das griechische Wort für frei: ἐλεύθερος/eleutheros.[21]

      Die angezeigte Ambivalenz hat die historische Dynamik der protestantischen Christentumsgeschichte – mindestens seit dem späten 17. Jh. – maßgeblich geprägt. Mehrere prominente theologiehistorische Formationen haben nämlich beansprucht, das protestantische Christentum dadurch weiterzuentwickeln, dass die im Reformationsjahrhundert etablierte, angesichts der gewachsenen Bedeutung der religiösen Subjektivität aber zunehmend als gesetzlicher Buchstabenglaube kritisierte Form der Bekenntnisbindung dem Freiheitsgedanken (wieder) nachgeordnet wird. Verdeutlicht sei dies im Folgenden |65|am Pietismus (1), der Aufklärungstheologie (2) sowie der Position Friedrich Schleiermachers (3).

      2.1 Freiheit und Bekenntnisbindung im Pietismus

      »Aber es haben vor einiger zeit unterschiedliche rechtschaffene und das beste der kirchen redlich suchende leute / mit betrübnus wargenommen / wie sich auch bey uns auff unterschiedliche art etwas dieses päpstisch-gesinneten geistes hervor zuthun angefangen habe / wann das ansehen der menschen in glaubens-sachen wider das / was unsere bekantnus gleichwol mit sich bringet / ziemlich überhand nehmen will / und wo nicht einzelne Doctores, […] doch collegia die macht sich zuschreiben / in religions und glaubens-sachen / nicht |67|nur gutachten aus Gottes Wort andern vorzustellen / und dero prüfung willig zu unterwerffen (welches die rechte art in der wahren kirchen ist) sondern alles dermaßen außzumachen / daß dero außsprüche auch andere gewissen binden / ja wer sich nicht mit darzu verstehet / zu einem ketzer oder der brüderschafft verlustigt gemachet werden solle« (12: § 17).

      Spener hat also in den Versuchen der orthodoxen Hamburger Pastoren, eine die pietistischen Neuerungen zurückdrängende Verständigung über Lehre und Ordnung der Kirche zu erreichen, eine Kompetenzüberschreitung kirchlicher Amtsträger und einen Rückfall in den durch die Reformation überwundenen papistischen Gewissenszwang gesehen.

      2.2 Die normative Geltung der Bekenntnisschriften in der Aufklärungstheologie

      »[V]erständige Gemüther […] werden leicht einsehen, daß, da die menschlichen Erkenntnisse in neuern Zeiten in allen Wissenschaften höher gestiegen sind […], sich auch nothwendig die menschlichen Einsichten über diese und jene Lehrsätze des geoffenbarten Evangeliums […] verbessern müssen.« Eine schlichte Berufung auf »unsre grauen Vorfahren« ist daher ein unplausibles Argument für ein Festhalten am alten Bekenntnis. Vielmehr gilt nach Lüdke, »daß es uns zur Sünde angerechnet werden könne, wenn wir, denen mehrern Hülfsmittel in Erforschung der heiligen Schrift, als sie hatten, durch die göttliche Forschung gegeben sind, in dieser und jener theoretischen