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Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage


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bezieht, dann lässt sich dies nicht vereinbaren mit einer Opposition zwischen dem irdischen Jesus und dem auferstandenen Christus. Nachdem Karl Barth eine Zeitlang die Kritik Rudolf Bultmanns an der liberalen und pietistischen Orientierung an Jesus geteilt hatte, schreibt er gegen diesen Gegensatz in KD II/2, 631: »Gott will Jesus […]. Es handelt sich beim Gehorsam gegen Gott immer darum, Jesus gehorsam zu werden und zu bleiben.« Als Menschen können wir gar nicht anders als mit dem Menschen Jesus und der Vielfalt seiner menschlichen Züge, die uns die Evangelien zeigen, in glaubende Beziehung zu treten.

      2. Glaubensbekenntnis und Gesetzlichkeit

      3. Zur Frage eines Aufbrechens der Israel-Vergessenheit des Credos

      Auf dieser Grundlage ergibt sich auch meine Antwort auf das von Karl-Wilhelm Niebuhr angeregte Aufbrechen der Israel-Vergessenheit des Credos. Wenn die christologischen Aussagen nicht nach der Logik der Vollständigkeit, sondern der Kombination von individueller Konkretheit und universaler Reichweite ausgewählt wurden, ist eine Erweiterung grundsätzlich möglich, wenn auch ökumenisch höchst konfliktträchtig. Auch andere Erweiterungen könnten wichtig sein. Eine Einbeziehung Israels wäre in antijudaistischen Zeiten etwa in den 1930er und 40er Jahren aus ethischer Sicht sehr wünschenswert gewesen, sie steht aber, wenn die gegebene Analyse richtig ist, quer zum Text, indem sie weder auf Individuelles noch auf Universales, sondern auf etwas Partikulares, etwas, was ein Volk und dieses allein, betrifft, abhebt.

      Dahinter stehen wichtige hermeneutische Klärungen, die zwischen Neuem Testament und Systematik vorangebracht werden müssen. Das Apostolikum ist ein Text, der insofern im Gegensatz zu den paulinischen Schriften steht, als er die Israelbezogenheit in den Hintergrund treten lässt. Universales räumliches Denken setzt sich im Apostolikum gegenüber heilsgeschichtlichem, partikular-israelisches |107|unterstreichendem Denken durch. Eine hermeneutisch-kritische Grundfrage ist: Wie soll in dieser Diskrepanz entschieden werden? Welche Texte verdienen unter welchen Gesichtspunkten den Vorrang? Ein ähnliches Problem liegt auch bei dem Untertitel der jetzigen Einheit vor: Die Rede von Jesus als »Person der Trinität«, wie sie im Untertitel erscheint, ist Produkt der Dogmenbildung, sie ist als solche nicht im Neuen Testament zu belegen. Soll man sie deshalb zugunsten des neutestamentlichen Textes kritisch relativieren?

      4. Die hermeneutische Aufgabe im Blick auf das Judentum und das trinitarische Dogma

      Bereits im Neuen Testament lassen sich deshalb auch Strömungen finden, die über das Festhalten heilsgeschichtlicher Vorzüge Israels hinausgehen und zu einem Universalismus tendieren. »In Christus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist« (Gal 5,6) oder: »Hier ist nicht Jude noch Grieche […] denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus« (Gal 3,28). Ebenso ist die Bewegung, die zur Trinitätslehre führt, bereits im Neuen Testament angelegt. Jesus Christus wird mit dem Titel Herr, Kyrios und sogar »Gott« (Röm 9,5) bezeichnet. Kyrios ist in der Septuaginta die Wiedergabe für den Gottesnamen. Die Rekapitulationsdynamik geht schon sehr früh so weit, dass Christus mit Jahwe identifiziert wird. Dasselbe wird in 2 Kor 3,17 auch vom Geist ausgesagt: »Der Herr (ὁ κύριος) ist der Geist.« Damit sind die Grundlagen für den Trinitätsglauben gelegt, auch wenn die Begrifflichkeit des trinitarischen Dogmas erst in einem anderen Kontext und Jahrhunderte später festgelegt wird.