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Einführung in die Publizistikwissenschaft


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der Basis der wissenschaftlichen Fachperspektive und des theoretischen Zugriffs vorab als Prozess der Signal- bzw. Informationsübermittlung, der Bedeutungskonstruktion, der Beeinflussung oder der Teilhabe thematisiert und analysiert:

      1.2 Kommunikation als einseitiger Prozess

      Eine erste Gruppe begreift Kommunikation als einseitigen bzw. unidirektionalen Prozess, wobei je nach Definition Kommunikation als Informationsübermittlung, als Interpretation von Zeichen oder vorab als sozialer Einflussprozess im Zentrum steht (vgl. die Definitionen in Merten 1977):

      • Transmission: Kommunikation heisst Transport von Mitteilungen (Maser 1971).

      • Interpretation: Unter Kommunikation werde die Aufnahme und Verarbeitung von physikalisch und chemisch nachweisbaren Signalen durch ein Lebewesen verstanden (Meyer-Eppler 1969).

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      • Reiz-Reaktion: „To define communication as the process by which an individual transmits stimuli to modify the behavior of another individual“ (Hovland 1948).

      1.3 Kommunikation als zweiseitiger Prozess

      Eine zweite Gruppe geht von der Vorstellung aus, dass Kommunikation prinzipiell ein zweiseitiger Prozess zwischen Gesprächspartnern ist, und zwar als:

      • Austausch: Die Interaktion oder Kommunikation zwischen Personen kann als Austausch von materiellen oder immateriellen Gütern verstanden werden (Homans 1958).

      • Teilhabe: „Communication comes from the Latin communis, commun. When we communicate, we are trying to establish a ‘commonness’ with someone. That is, we are trying to share information, an idea, or attitude“ (Schramm 1954).

      • Verständigung: Im engeren Sinn versteht man unter Kommunikation einen Vorgang der Verständigung, der Bedeutungsvermittlung zwischen Individuen (Noelle-Neumann/Schulz 1971).

      • Ritual: „A ritual view conceives communication as a process through which a shared culture is created, modified, and transformed. The archetypal case of communication is ritual and mythology […]“ (Carey 1989).

      Grundmetaphern: Technische Informationsübertragung vs. symbolische Konstruktion

      Zusammenfassend betrachtet, unterliegen den verschiedenen Konzeptionen von Kommunikation zwei Grundmetaphern (vgl. Krippendorf 1994): Kommunikation als medientechnisch vermittelter einseitiger Prozess der Übertragung von Information im Unterschied zu Kommunikation als wechselseitiger Prozess der symbolischen Bedeutungskonstruktion. –Sie sollen trotz der oben diskutierten Schwierigkeiten definiert werden:

      Information:

      Information–lat. „informare“: „formen, bilden, mitteilen“–ist in der Publizistikwissenschaft im Unterschied etwa zur Informatik keine ausschliesslich technische Signalübertragung, sondern ein sinnhaftes soziales Handeln. In der Individualkommunikation bezieht sich die Information auf einen bekannten und in der Massenkommunikation |116◄ ►117| meist auf gegenseitig unbekannte Empfänger (Rezipienten). Dementsprechend ist nach Luhmann (1996: 36) der Code des Systems der Massenmedien die Unterscheidung von Information und Nichtinformation. Information kann so definiert werden als Reduktion von Ungewissheit.

      Kommunikation:

      Kommunikation–lat. „communis“: „gemeinsam“–zwischen Menschen kann beispielhaft definiert werden als eine Form des sozialen Handelns, das mit subjektivem Sinn verbunden ist und auf das Denken, Fühlen und Handeln anderer Menschen bezogen stattfindet. Es handelt sich also um ein verbales und/oder nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum Austausch von Informationen (Kunczik/Zipfel 2005: 26 ff.).

      Massenkommunikation:

      Massenkommunikation, vom amerikanischen Begriff „mass communication“ übernommen, bezieht sich auf die Verbreitung von Informationen über ein technisches Vermittlungssystem, nämlich die Massenmedien. Meist wird damit auch eine soziologische Theorie der Massengesellschaft verknüpft. Beispielhafte Definition von Massenkommunikation: Informationsverbreitung bzw. Verbreitung symbolischer Inhalte durch spezialisierte soziale Gruppen (Kommunikatoren) mittels technischer Systeme (Medien) an ein grosses, heterogenes und weit verstreutes Publikum (Rezipienten).

      2 Dimensionen des Kommunikationsprozesses

      Die Definitionsanalyse macht deutlich, dass das Grundphänomen „Kommunikation“ alltäglich und flüchtig, aber gleichzeitig umfassend und komplex ist, und sich darum verschiedenste Dimensionen ausgrenzen und näher beleuchten lassen. Auf einige davon soll nachfolgend kurz eingegangen werden.

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      2.1 Interdependenz, Reziprozität und Intentionalität

      Beziehung Kommunikator-Rezipient und Bezugnahme auf Welt

      Kommunikation als Interdependenz basiert immer auf einer Beziehung zwischen verschiedenen Personen. In dieser Beziehung zwischen Sprecher (Kommunikator) und Zuhörer (Rezipient) besteht in Form von Reziprozität immer ein gegenseitiger Bezug zueinander. Gleichzeitig nimmt man auf etwas Bezug, d. h. es gibt als Intentionalität eine Gerichtetheit auf einen Sachverhalt. Aufgrund der Prämissen der Reziprozität und der Intentionalität leiten Watzlawick/Beavin/Jackson (1969) die Unvermeidbarkeit von Kommunikation ab, weil selbst das Schweigen des Partners als intendierte Bedeutung interpretiert wird.

      2.2 Codes und mediale Verfahren der Vermittlung

      Verständigung basiert auf kulturell geteilten Codes

      Menschliche Kommunikation ist immer nur aufgrund gemeinsamer Erfahrung möglich. Dazu gehört auch ein Repertoire von Symbolen, deren Anwendung auf sozialen Regeln beruht. Das wichtigste Zeichensystem der menschlichen Verständigung ist die Sprache. Daneben gibt es aber auch nonverbale kulturelle Codes, wie z. B. Gebärden und Gesten. Diese Codes ermöglichen es, mittels symbolischer Zeichen als Verfahren der medialen Vermittlung zu kommunizieren (vgl. Fassler 1997).

      2.3 Sozialer Kontext

      Kommunikation ist situationsspezifisch

      Kommunikation zwischen bestimmten Personen ereignet sich immer in spezifischen Situationen. Insofern verweist Kommunikation immer auf einen konkreten Kontext zurück.

      Reflexivität:

      Man kann über Kommunikation kommunizieren

      Kommunikation selbst ist in der Kommunikation thematisierbar. Bei Kommunikationsstörungen kann darüber gesprochen werden. Kommunikation selbst kann also Gegenstand der Kommunikation werden (Meta-Kommunikation).

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      Normativität:

      Bedingungen von „gelungener“ Kommunikation

      Kommunikation zwischen Menschen impliziert normativ die Möglichkeit der Verständigung. Jürgen Habermas, einer der bekanntesten zeitgenössischen Sozialphilosophen, versucht in seiner „Normativen Theorie der kommunikativen Kompetenz“ (1981) universale Bedingungen möglicher Verständigung zu identifizieren (vgl. den Beitrag Theorien und theoretische Perspektiven, i. d. B.): Jeder Kommunikationsteilnehmer anerkennt selbst und unterstellt beim anderen die Ansprüche auf Verständlichkeit des Ausdrucks, Wahrheit des Inhalts, Wahrhaftigkeit der Selbstdarstellung und Richtigkeit von Werten bzw. Normen. Neben der „Normativen Theorie der Kommunikation“ als Verständigungsmittel wird in der Systemtheorie Kommunikation normativ als Mittel sowohl der Adaption nach aussen als auch der Verhaltenskoordination nach innen verstanden. Kommunikation dient so ganz allgemein der Integration der Gesellschaft.

      3 Funktionen von Kommunikation und Massenkommunikation

      Individuelle vs. soziale, funktionale vs. dysfunktionale, manifeste vs. latente Leistungen von Kommunikation

      Für das Individuum, aber auch für die Gesellschaft übt Kommunikation verschiedene Funktionen aus. Der Begriff der Funktion bezieht sich dabei auf den Leistungsbeitrag von Kommunikation zur Lösung eines bestimmten Problems, allerdings kann Kommunikation auch latente Probleme sichtbar machen oder gar erzeugen (vgl. Saxer 1991).