Theißen, 2003, 131–137.
Vgl. etwa die integrative narratologische Studie von Finnern, Sönke, Narratologie und Biblische Exegese. Eine integrative Methode der Erzählanalyse und ihr Ertrag am Beispiel von Matthäus 28. WUNT II/285. Tübingen 2010, hier: (zur Figurenanalyse) 125–163. Finnern unterscheidet 1. „Figurenbestand und -konfiguration“; 2. „Figurenmerkmale“; 3. „Figurenkonstellation“; 4. „Figur und Handlung“; 5. „Figurendarstellung“ und 6. „Figurenkonzeption“.
Vgl. auch die Reihe „Biblische Gestalten“ der Evangelischen Verlagsanstalt (Leipzig), die bewusst eine Synthese zwischen Historie, literarischer Figur und Wirkungsgeschichte anstrebt.
So z.B. Schneider, Ralf, Grundriß zur kognitiven Theorie der Figurenrezeption am Beispiel des viktorianischen Romans. ZAA Studies 9. Tübingen 2000, 37–98; Jannidis, Fotis, Figur und Person. Beitrag zu einer historischen Narratologie. Narratologia 3. Berlin/New York 2004, 177–185.
So auch treffend Mendl, Hans, Religionsdidaktik kompakt. Für Studium, Prüfung und Beruf. München 2011, 77: „Der Stellenwert der Bibel im Religionsunterricht ist ein Seismograf für die Gestalt und Zielrichtung didaktischer Konzepte“.
Vgl. dazu die einleitenden Bemerkungen im → Art. Bibliodrama.
Vgl. etwa unsere kleine Studie Zimmermann, Mirjam/Zimmermann, Ruben, Lutscher des Lebens? Kindertheologische Zugänge zu Johannes 6. Wie Kindergartenkinder Metaphern verstehen und die Brotrede Jesu deuten. KatBl 132 (2007), 336–340.
Eine überzeugende Kritik dieses Defizitansatzes jetzt bei Porzelt, 2012, 47–54, der sich insbesondere mit den Negativfolien von H.K. Berg und I. Baldermann auseinandersetzt. Dem „dualistischen Begründungsmuster“ liege eine doppelt verzerrte Wahrnehmung zu Grunde: „Die Gegenwart der Schüler/innen wird hier pauschal als problematisch bestimmt. Im Gegenzug werden der Bibel ausschließlich positive Züge abgewonnen.“ (a.a.O., 49).
Vgl. Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaft nach RGG4, hg. von RGG-Redaktion. Tübingen 2007.
|23|1. Im Fokus: Geschichte
(Entstehungs- und Wirkungsgeschichte)
|25|Bibel: Entstehung, Überlieferung, Kanonisierung
Georg Plasger
Die Bibel gilt heute bei vielen Schülerinnen und Schülern als veraltetes Buch ohne Bezug zur Gegenwart. Und es stimmt ja auch, dass die Bibel der altorientalischen Welt entstammt und von moderner Technik ebenso wenig weiß wie von globalen Vernetzungen. Die Bibel ist also als historisches Dokument zu betrachten und deshalb ist zu fragen, wie, wann und wo sie entstanden ist. Die Bibel ist dann ihrem Wortsinn nach als „Bibliothek“ verschiedener Bücher zu sehen, die spezifisch zu verorten sind. Gleichzeitig wird die Bibel als „Wort Gottes“ benannt, was sie über alle anderen Texte heraushebt – für manche gilt sie sogar als irrtumslos. Wer so von der Bibel ausgeht, hat eine Geschichte vor Augen, von der die biblischen Texte bezeugen, dass sie die Geschichte Gottes sei. Es wird dann die Kanonisierung und d.h. die Zusammenstellung der vorhandenen biblischen Schriften und der Ausschluss anderer Texte vorausgesetzt. Ist die Bibel Menschenwort – oder ist sie mehr? Die christliche Kirche hat sie von Anfang an nicht nur als literarisches Produkt verstanden: Die Bibel zeugt von Gott – und zwar authentisch. Die Reformation verstand ihren Grundsatz „sola scriptura“ (allein die Heilige Schrift) als Ruf zur Autorität der Bibel. Aber ist sie dann noch Menschenwort? In manchen Kreisen wird die Lehre von der Verbalinspiration vertreten, nach der Gott im Heiligen Geist den Autoren den Inhalt gleichsam diktiert hätte; diese Vorstellung hatten die Reformatoren nicht, auch wenn sie natürlich nicht den historisch-kritischen Methodenkanon kannten, der in der modernen Exegese üblich ist (→ Art. Historisch-kritische Bibelauslegung).
Einerseits sind die biblischen Schriften von Menschen verfasst und sind deshalb wie alle anderen Schriften mit prinzipiell allen möglichen Methoden befragbar: Wie und wann ist der Text entstanden und von wem kommt er? Ist eine ursprüngliche Intention erkennbar? Hat es mögliche Zusätze gegeben, sind Redaktionsprozesse denkbar? Trotz einer wissenschaftsgemäß nicht eindeutigen Antwort zeigen sich innerhalb der Forschung Tendenzen und immer wieder auch breite Übereinstimmungen.
Andererseits reicht allein die Frage nach dem historischen Werden der Bibel theologisch nicht aus, denn es ist der Akzent auch auf die „Botschaft“ der Bibel insgesamt zu richten – sie ist die „Heilige Schrift“ des Christentums.[1] Wer die Bibel als Ganzes in den Blick nimmt, setzt den Kanonisierungsprozess voraus und fragt nach der Gegenwartsrelevanz: Und hier sind Kirche und Theologie |26|prinzipiell zuversichtlich, dass die Bibel sich als zuverlässiges und wirkmächtiges Zeugnis von Geschichte und Person Gottes erweist – immer wieder neu.
Entstehung des Alten Testaments
Im Judentum wurden zwischen ca. 250 und 50 v. Chr.[2] die im heutigen AT vorhandenen Schriften zusammengestellt. Die Hebräische Bibel hat aber eine andere Reihenfolge als das christliche AT. In drei „Abteilungen“ stehen dort die Tora (5 Bücher Mose), gefolgt von den Nebi’im (Propheten) und den Ketubim (andere Schriften); zusammengefasst mit dem Kunstwort „TeNaK“ (sprich: tenach; T = Tora, N = Nebi’im und K = Ketubim). Zwar gab es noch bis ins 3. Jh. n. Chr. im Judentum Diskussionen über einzelne Schriften (z.B. beim Buch Ester und bei Kohelet), aber im Prinzip gab es schon früh Klarheit über den Kernbestand der jetzt 22 Schriften umfassenden Sammlung. Die einzelnen Schriften sind nach gegenwärtiger Auffassung in ihrer Endfassung zwischen dem 6. und 2. Jh. v. Chr. entstanden, wobei viele ältere schriftliche und mündliche Überlieferungen eingearbeitet wurden (die bislang bekanntesten ältesten erhaltenen schriftlichen Fragmente sind zwei erst 1979 entdeckte Silberrollen aus dem 7. Jh. v. Chr. mit dem aaronitischen Segen aus Num 6). Immer wieder gibt es in der exegetischen Wissenschaft Diskussionen über die genaue Entstehungszeit einzelner Schriften und verschiedene Hypothesen über die Art und Weise der Redaktion.[3] Die Texte sind auf Hebräisch verfasst; einzelne Abschnitte aus dem Danielbuch sind aramäisch. Schon ab dem 3. Jh. v. Chr. entstand die Septuaginta („Übersetzung nach den Siebzig“), die griechische Übersetzung der Hebräischen Bibel. Die Septuaginta, die die Reihenfolge der Schriften zum Teil veränderte, war für viele Christen im 1. Jh. ihre Fassung der Heiligen Schriften.
Das christliche AT fußt auf der jüdischen Sammlung und hat den Textbestand übernommen. Da dieser aber sowohl in der Hebräischen Bibel als auch in der Septuaginta verschieden vorliegt, hat sich in der christlichen Kirche keine ganz einhellige Entwicklung ergeben. Einerseits ist die Vulgata (entstanden ab dem Ende des 4. Jh.s) vor allem als lateinische Übersetzung der Septuaginta zu sehen (wobei noch einmal die Reihenfolge der Bücher verändert wurde); andererseits ist schon früh deutlich, dass der eigentliche Referenztext die hebräische Fassung ist. Aufgrund der kirchenrechtlich hohen Bedeutung der Vulgata umfassen heute die Bibelfassungen der römisch-katholischen Kirche auch die Apokryphen, |27|wohingegen die Bibelfassungen der reformatorischen