Anke Ortlepp

Geschichte der USA


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deshalb immer wieder, dass der Krieg nicht zur Befreiung der Sklaven, sondern allein zur Wiederherstellung der Union geführt werde; noch Mitte 1862 – ein Jahr nachdem die Leibeigenschaft im RussischenRusslandZarenreich Reich aufgehoben worden war – befürwortete er eine graduelle Sklavenemanzipation mit Entschädigung der Eigentümer und die „Kolonisierung“, d. h. die eigentlich längst überholte Rückführung der Schwarzen nach AfrikaAfrika oder in die KaribikKaribik.

      Karte 5: Die USA im Bürgerkrieg (1861–1865)

      2 Der Amerikanische BürgerkriegBürgerkrieg, 1861–1865

      Das militärische Patt, 1861–1863

      Der BürgerkriegBürgerkriegVerlauf ist zweifellos das einschneidendste Ereignis in der bisherigen Geschichte der Vereinigten Staaten, und er nimmt deshalb in der kollektiven Erinnerung der Amerikaner, im Norden wie im SüdenSüden, den Rang eines nationalen Epos ein. Zu Beginn rechneten beide Seiten mit einem raschen Sieg: Die Nordstaatler planten den Durchmarsch nach RichmondRichmond, Virginia, der aber schon im Juli 1861 in der ersten Schlacht von ManassasManassas (Schlacht bei) (oder Bull RunBull Run (Schlacht bei)) gründlich misslang; die Südstaatler setzten auf die Uneinigkeit und mangelnde Opferbereitschaft der Bevölkerung im Norden, und sie erhofften sich außerdem UnterstützungBürgerkriegAußenpolitik von GroßbritannienGroßbritannienWirtschaftsbeziehungenGroßbritannien, da sie annahmen, dass die englische Textilindustrie nicht auf die amerikanische BaumwolleBaumwolle verzichten konnte. Auch diese Rechnung ging jedoch nicht auf, und aus dem „kurzen Krieg“ wurde ein langjähriges, blutiges Ringen, in mancher Hinsicht sogar der erste „totale Krieg“ der modernen Geschichte.

      Die Ausgangslage sprach eindeutig für den Norden: Den 11 SezessionsstaatenSezession (s.a. Bürgerkrieg) mit 9 Millionen weißer Bevölkerung standen 23 Unionsstaaten mit 22 Millionen Einwohnern gegenüber. In ökonomischerWirtschaft Hinsicht war das Verhältnis noch unausgewogener: Unter dem Druck des KriegesBürgerkriegVerlauf steigerte die Konföderation zwar die Modernisierungsanstrengungen, vor allem in der Schwerindustrie und im Verkehrswesen, aber sowohl in Bezug auf landwirtschaftliche und industrielle Produktion als auch auf das Schienen- und Kanalnetz lag sie weit hinter der Union zurück. Der Norden brauchte zunächst nur seine Reserven auszuschöpfen, die durch den wirtschaftlichen Einbruch der späten 1850er Jahre brachlagen. Die ökonomische Erholung wurde dann durch die Einlösung der republikanischen Wahlversprechen – Reform des Bankensystems, Zollerhöhungen, Siedlungsförderung im WestenWesten, EisenbahnbauEisenbahn2. Hälfte 19.Jh. – noch verstärkt. Während die Südstaaten unter der Seeblockade litten und durch ungehemmte Papiergeldausgabe die InflationWirtschaft anheizten, gelang dem Norden durch effiziente Steuererhebung und erfolgreiche Werbung für Staatsanleihen eine relativ problemlose Kriegsfinanzierung.

      Auf den Schlachtfeldern ließen sich die Vorteile der Union jedoch lange Zeit nicht in durchschlagende Erfolge ummünzen. Die Konföderation konnte aus der DefensiveBürgerkriegVerlauf herausoperieren, und die Weißen im SüdenSüden standen zunächst geschlossener hinter ihrer Führung als die Nordstaatler hinter LincolnLincoln, Abraham. Der Präsident musste nicht nur zwischen den verschiedenen Fraktionen der RepublikanerRepublikanische ParteiBürgerkrieg im Washingtoner Kongress lavieren, sondern hatte auch gegen eine lautstarke Opposition von „FriedensdemokratenDemokratische ParteiBürgerkrieg“ auf der Ebene der Einzelstaaten anzukämpfen. In erster Linie wurden die überlegenen personellen und materiellen Ressourcen des Nordens aber durch das größere militärische Talent von Generälen wie Robert E. LeeLee, Robert E. und Thomas H. „Stonewall“ JacksonJackson, Thomas H. „Stonewall“ ausgeglichen. Die wichtigsten Kriegsschauplätze lagen weit voneinander entfernt an der Ostküste und im MississippiMississippi (Staat)-Gebiet. Im Osten, wo sich die Massenheere zwischen WashingtonWashington, D.C. und RichmondRichmond, Virginia schwere SchlachtenBürgerkriegVerlauf lieferten, nahm die Auseinandersetzung den Charakter eines Abnutzungskrieges an. Die Blutopfer waren enorm hoch, weil noch in traditionell geschlossener Formation gekämpft wurde, obwohl die Feuerkraft der Artillerie und die Zielgenauigkeit der Gewehre wesentlich zugenommen hatten. So fielen im September 1862 bei AntietamAntietam (Schlacht bei) in MarylandMaryland an einem einzigen Tag 6000 Soldaten, mehr als im UnabhängigkeitskriegUnabhängigkeitskrieg und im Krieg von 1812/14 zusammen. Schwerverwundete hatten angesichts der mangelhaften medizinischen Versorgung wenig Überlebenschancen, und ansteckende Krankheiten rafften zusätzlich viele Menschen hinweg. Diese Verluste zwangen beide Seiten – erstmals in der Geschichte der USA – zur Einführung der WehrpflichtWehrpflicht, gegen die es im Norden erhebliche WiderständeBürgerkriegVerlauf bis hin zu lokalen Aufständen gab. Beim folgenschwersten dieser draft riots musste im Sommer 1863 in New York CityNew York City Militär gegen eine Menschenmenge eingesetzt werden, die AfroamerikanerAfroamerikanerUnabhängigkeitskrieg als „Schuldige“ an Krieg und WehrpflichtWehrpflicht angriff und lynchteAfroamerikanerLynchjustiz. Die Bilanz der Unruhen war erschreckend: etwa ein Dutzend ermordete Schwarze und mehr als hundert getötete Aufrührer. LincolnsLincoln, Abraham unnachgiebige Haltung trug aber auch in diesem Fall zur Stabilisierung der Lage bei.

      Im Unterschied zum militärischen Patt im Osten, das der vorsichtige und zögerliche Nordstaaten-Befehlshaber General George B. McClellanMcClellan, George B. nicht zu brechen vermochte, konnte die Union im WestenWesten durch eine bessere Koordinierung der Kräfte und eine bewegliche Fluss- und Landoffensive strategische Vorteile erzielen. Hier gelang unter Führung von Commodore (später Admiral) David G. FarragutFarragut, David G. und General Ulysses S. GrantGrant, Ulysses S. bis zum Sommer 1862 die EroberungBürgerkriegVerlauf von New OrleansNew Orleans und Baton RougeBaton Rouge, Louisiana sowie die Einnahme wichtiger Forts im Grenzgebiet von KentuckyKentucky und TennesseeTennessee. Das Ziel einer Kontrolle des gesamten Mississippi-TalesMississippi (Fluss) und der Spaltung der Konföderation in zwei Teile wurde 1862 jedoch nicht mehr erreicht.

      Seekrieg und AußenpolitikBürgerkriegAußenpolitikAußenpolitikBürgerkrieg

      Im Laufe des Jahres 1862 steigerte sich die Effektivität der SeeblockadeBürgerkriegVerlaufBürgerkriegSeekrieg durch Erfolge der US Navy. Die Hoffnung der Konföderierten, den Ring um ihre Häfen mit Hilfe einer zukunftsträchtigen technischen Innovation zu brechen, musste im März 1862 begraben werden: Das erste gepanzerte Kriegsschiff der Welt, die „Merrimac“, fügte der Blockadeflotte bei Hampton RoadsHampton Road (Schlacht bei) vor der Küste VirginiasVirginia zwar große Verluste zu, die in Washington kurzfristig Panik auslösten; der Norden konterte jedoch umgehend mit einer eigenen Version dieser neuen Waffe, dem Panzerschiff „Monitor“, das die „Merrimac“ zum Rückzug nach NorfolkNorfolk, Virginia zwang. Die BlockadeBürgerkriegSeekrieg war auch danach keineswegs undurchlässig, aber sie behinderte doch die Versorgung und den BaumwollexportBaumwolle der Südstaaten erheblich und trug zum rapiden Wertverlust des Konföderations-Dollars bei.

      Die BlockadefrageBürgerkriegVerlaufBürgerkriegSeekrieg spielte auch eine wichtige Rolle in dem Kampf, den sich Norden und SüdenSüden an der diplomatischen Front lieferten. LincolnLincoln, Abraham und Außenminister William SewardSeward, William setzten alles daran, die europäischen Mächte, insbesondere EnglandBürgerkriegAußenpolitikGroßbritannienBürgerkrieg, von einer Intervention zu Gunsten des Südens abzuhalten. Sie konnten jedoch nicht verhindern, dass die Londoner Regierung unter Verweis auf die BlockadeBürgerkriegVerlaufBürgerkriegSeekrieg und das Völkerrecht der KonföderationBürgerkriegAußenpolitik den Status einer Krieg führenden Macht zuerkannte. Napoleon III.Napoleon III., dem eine Schwächung der USA mit Blick auf die französische InterventionMexikoFranzösische Intervention in MexikoMexiko gelegen gekommen wäre, und andere europäische RegierungenBürgerkriegAußenpolitik schlossen sich an. Die Südstaatler sahen darin einen ersten Schritt zur vollen diplomatischen AnerkennungBürgerkriegVerlaufAußenpolitikBürgerkrieg und militärischen Unterstützung durch die Europäer. Es stellte sich allerdings bald heraus, dass sie dabei die politische Vorsicht der BritenGroßbritannienBürgerkrieg unter und deren wirtschaftlicheWirtschaft Abhängigkeit von der amerikanischen BaumwolleBaumwolle bei weitem überschätzt hatten. Premierminister Lord RussellRussell, John Lord wollte eine Verwicklung in den KriegBürgerkriegVerlauf nicht zuletzt mit Rücksicht auf KanadaKanada