Mirjam Zimmermann

Praxissemester Religion


Скачать книгу

Studienseminar Paderborn

      Bei der Gruppenarbeit und im Plenum ist grundsätzlich zu beachten, dass mit allen Bildern wertschätzend umgegangen wird. Ein ‚Richtig‘ oder ‚Falsch‘ kann es hier nicht geben, denn alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gemeinsam auf dem Weg professioneller Entwicklung und bemühen sich um Klärung und Rekonstruktion ihrer Voreinstellungen.

image

      Abb. 4: Beispiel für eine Metaphernübung; Studienseminar Paderborn

      4.Was ich schon mitbringe, was ich erwarte – mein Profil als Studierender im Praxissemester

      Dies ist eine Anregung, die Sie am besten nur für sich wahrnehmen. Sie können z.B. Ihr Kopfprofil in Umrissen auf ein Plakat zeichnen (Lichtquelle – Schatten) und Ihre Überlegungen zu den vier Kästchen dort eintragen, ggf. auch in bildlichsymbolischer Form. Sie können aber auch einen Brief an sich selbst schreiben, ihn versiegeln und am Ende des Praxissemesters wieder hervorholen und mit Ihren Erfahrungen, Fortschritten, aber auch Konflikten und Misserfolgen vergleichen.

image

      Abb. 5: Mein Profil – Anregungen zur Selbstreflexion

      Exemplarisch schreibt ein langjähriger Religionslehrer zu seinem Selbstverständnis:

      Warum sind Sie Lehrer und gerade Religionslehrer geworden?

      Ich bin da gewiss ‚erblich‘ vorbelastet, meine Eltern unterrichteten Sprachen am Gymnasium und haben den Beruf des Lehrers durchaus als Berufung verstanden. Insofern sind sie mir in ihrer Freude, junge Menschen zu unterrichten, zum Vorbild geworden – ich habe von ihnen nie Klagen über ihren Beruf gehört!

      Mit der Wahl meiner Fächer Evangelische Religionslehre und Geschichte verband ich als damals 18-jähriger Abiturient die Hoffnung, Schülerinnen und Schülern existenziell bedeutsame Einsichten und orientierende Erfahrungen zu ermöglichen und noch näher an den Fragestellungen von Jugendlichen zu sein, als dies bei anderen Fächern mitunter der Fall sein kann. Diese Hoffnung hat sich in über 30 Berufsjahren bewahrheitet und ist bis zum heutigen Tag nicht enttäuscht worden! Ich selbst kann insgesamt von einer ‚geglückten‘ religiösen Sozialisation sprechen – so führten wir nicht nur im Elternhaus anregende Diskussionen, z.B. über Predigten, die wir sonntags gemeinsam gehört hatten. Ich durfte einen mich sehr ansprechenden und interessant gestalteten Kindergottesdienst und Konfirmandenunterricht erleben und auch eine aktive Gemeinde. So war z.B. die Begegnung mit den Werken Johann Sebastian Bachs und anderen Komponisten im Kirchenchor für mich eine ‚Offenbarung‘ – und es war gut, dass ich diese Erfahrung dort auch mit gleichgesinnten Jugendlichen teilen durfte.

      Auch in der Schule traf ich mehrheitlich auf Pastoren und Religionslehrer, die motiviert waren, uns zu unterrichten und für die so wichtige didaktische Prinzipien wie die Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung einer Thematik oder die notwendige Problemorientierung auch Mitte der 70er-Jahre keine Fremdwörter waren. Im Religionsunterricht der Oberstufe lasen wir z.B. als Ganzschrift Ernst Blochs „Atheismus im Christentum“ und diskutierten uns die Köpfe heiß.

      Geprägt von solch positiven Erfahrungen war für mich daher das Studium der Evangelischen Religionslehre naheliegend. Die Erkenntnis, welche Bedeutung Praxisbezüge im Rahmen des Studiums haben könnten, war damals noch sehr wenig entwickelt; auf freiwilliger Basis durften wir allerdings unterrichtspraktische Seminare besuchen, die ich als besonders gewinnbringend in Erinnerung habe.

      Das, was ich als wesentliches Ziel von Unterricht insgesamt und daher auch als Ziel von Religionsunterricht ansehe, ist der Erwerb eines vernetzten Wissens. Im Studium, so hatte ich den Eindruck, hatten längst nicht alle Dozenten dieses Lehrziel vor Augen, das Nebeneinander von Disziplinen war und ist gerade in der Theologie mitunter geradezu ärgerlich. Auch wenn ich während des Studiums versucht habe, eigene Wissenslücken zu schließen, so würde ich dies von heutiger Warte aus betrachtet noch viel intensiver tun und kann dies jedem Studierenden auch nur dringend raten. Dieser Einsatz ist nicht nur für einen selbst außerordentlich gewinnbringend, sondern er zahlt sich auch im Referendariat und in den ersten Berufsjahren in besonderer Weise aus, wenn man mit genügend anderen Herausforderungen professionellen Handelns als Berufsanfänger konfrontiert ist. Gerade auch das Nachdenken über klassische dogmatische Fragen, wie z.B. die der Christologie, gerät erstaunlicherweise im Lehrangebot im Studium oftmals zu kurz; Referendare und junge Kolleginnen klagen immer wieder beredt darüber, dass solche Fragen im Rahmen des Studiums nie oder viel zu selten thematisiert worden seien. Dieser bedauernswerte Mangel enthebt einen gleichwohl nicht der Verpflichtung zur Eigeninitiative; geeignete Literatur gibt es dazu jedenfalls durchaus.

      Wann beurteilen Sie Religionsstunden als „gelungen“?

      Entscheidend ist hier zunächst einmal, das haben die Hattie-Studien nachdrücklich belegt, die Person des Lehrers bzw. der Lehrerin, ganz unabhängig vom jeweils vertretenen Fach. Die Lehrperson muss auf alle Fälle eine sich in Haltung, Gestik und Mimik dokumentierende Präsenz zeigen, die sie von Schülerinnen und Schülern ebenso wie im Kollegium als Autorität und glaubwürdige Sachwalterin ihres Faches anerkannt sein lässt.

      Darüber hinaus zeigt sich guter Religionsunterricht dann, wenn es den Lehrern gelingt, diesen strukturiert zu planen, durchzuführen und zu reflektieren. Dabei kommt der Fähigkeit, sinnstiftende Unterrichtsgespräche anleiten und führen zu können, gerade auch im Fach Religionslehre eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als der Religionsunterricht die Erziehung zu religiöser Mündigkeit und Urteilsfähigkeit als wichtiges Erziehungsziel stets im Blick haben sollte.

      Hierzu gehören zentral z.B. das Wachhalten der Frage nach Gott als unverwechselbares Proprium des Faches und der selbstständige und kritische Umgang mit den überlieferten Quellen, insbesondere der Bibel, nicht zuletzt auch, um religiösem Fanatismus und Fundamentalismus vorzubeugen. Eine Religionsstunde, die sich von einer Politik- oder Geschichtsstunde nicht unterscheiden würde, weil nicht zumindest anklingt, worin die religiöse Dimension des Unterrichtsgegenstandes liegt, wäre keine gelungene Stunde.

      Dabei kommt der Lehrperson auch die Rolle des in der Lerngruppe anerkannten Garanten von Meinungsfreiheit zu, der in der Lage ist, die Balance von Schüler-, Wissenschafts- und Problemorientierung so gekonnt auszutarieren, dass die Religionsstunden sich durch einen Spannungsbogen auszeichnen, der inhaltlich – und nicht etwa nur methodisch – begründet ist.

      Durch eine entsprechende Flexibilität und Offenheit sollte es das Ziel der Lehrperson sein, immer wieder die Chance für existenziell bedeutsame Einsichten und Erfahrungen zu eröffnen.

      Zudem sollte gemeinsam mit der Lerngruppe erörtert werden, wie diese Erkenntnisse im Sinne der Nachhaltigkeit von Unterricht gesichert werden können. Hier ist die Wahrnehmungskompetenz der Lehrenden besonders gefragt, um religiöse Sprachund Auskunftsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Somit geht es um die Fähigkeit, Erfahrungen des eigenen Lebens religiös deuten und diese Deutungen in die Gestaltung des eigenen Lebens einfließen lassen zu können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder und Jugendliche gleich welchen Alters offen sind für religiöse Fragen. Es gilt, dieses Interesse zu nutzen, indem sie z.B. an der Planung von Unterrichtsreihen und -stunden aktiv beteiligt werden und teilweise auch die Verantwortung für das Gelingen von Unterricht übernehmen, indem sie z.B. durch Präsentationen mit in das Unterrichtsgeschehen einbezogen werden und nicht zuletzt durch eine entsprechende Feedbackkultur dazu in die Lage versetzt werden, den Unterricht gemeinsam mit der Lerngruppe kriteriengeleitet zu reflektieren. Wenn Lernende so den Religionsunterricht erfahren, stellt sich die Frage nach eventuellen Schwierigkeiten des Faches kaum noch; auch durch institutionell veränderte Rahmenbedingungen wie die verpflichtende Wahl von Ersatzfächern ist die Stellung des Faches im Vergleich zu früheren Jahrzehnten aufgewertet worden.

      Gibt es für Sie eine ideale Organisationsform des RUs?

      Zunächst