vorhandenen Leistungen (Schindler/Elmauer in Kunkel et al. 2018, § 5 Rz. 5; Wiesner 2015, § 5 Rz. 9) und richtet sich (nur) an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die die Leistungsberechtigten auf dieses Recht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 hinzuweisen haben. Wer im Einzelfall „Leistungsberechtigte“ sind, ein Kind, ein Jugendlicher, ein junger Volljähriger oder ein Personensorgeberechtigter, ist nicht in § 5 (siehe Übersicht 11), sondern ist in den §§ 11 ff. geregelt.
Übersicht 11
Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten (§ 5) bedeutet:
■ Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger (aber auch desselben Trägers) zu wählen,
■ und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe(n) zu äußern, dies jedoch nur:
1. im Rahmen der vorhandenen Einrichtungen und Dienste,
2. soweit dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist und
3. bei teilstationären und stationären Einrichtungen gemäß § 78a grundsätzlich nur, sofern Vereinbarungen nach § 78b existieren.
Wegen näherer Einzelheiten wird auf Fall 2 verwiesen.
2.2.2 Beteiligungsrechte (§ 8)
§ 8 enthält generelle Regelungen über die Rechtsstellung von Kindern und Jugendlichen bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB
VIII.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 sind Kinder und Jugendliche entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen (!) sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie haben nach Abs. 2 das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das JA zu wenden. § 8 Abs. 3 beinhaltet bei Not- und Konfliktlagen einen expliziten Anspruch auf Beratung von Kindern und Jugendlichen durch das JA auch ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten, im Regelfall also der Eltern. Auf die Beteiligungsrechte sind Kinder und Jugendliche gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 in geeigneter Weise hinzuweisen (Fieseler in GK-SGB VIII, § 8, Rz. 6 ff.).
Die genannten Rechte von Kindern und Jugendlichen (siehe Übersicht 12) stehen allerdings in einem Spannungsverhältnis zu den verfassungsrechtlich geschützten Elternrechten nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, auch wenn diese wiederum durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG begrenzt sind (siehe Kap. 1.2).
Übersicht 12
Elternrechte/Kinderrechte
1. Elternrechte haben nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich Vorrang vor staatlichen Aktivitäten auch bei der Erziehung der Kinder.
2. Deshalb gibt es nach der Konzeption des SGB VIII keine Rechtsansprüche von Kindern oder Jugendlichen auf Leistungen nach dem SGB VIII, deren Inhalt der elterlichen Erziehungsverantwortung entspricht. Und deshalb sind nur die Personensorgeberechtigten (und nicht die Kinder oder Jugendlichen; was allerdings in der Literatur vielfach – und zurecht – kritisiert wird!) ggf. Inhaber von Rechtsansprüchen auf Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff., ergänzt durch Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen u.a. gemäß § 8 Abs.1 und 2 sowie §36.
3. Allerdings werden Elternrechte ggf. durch die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) begrenzt, und zwar
■ bei Gefährdung des Kindeswohls durch Eingriffe in das elterliche Sorgerecht durch das Familiengericht (§§ 1666 ff. BGB)
■ bzw. durch die Berechtigung und Verpflichtung zur (vorläufigen) Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen durch das JA (§ 42). Dementsprechend haben Kinder und Jugendliche in Not- und Konfliktlagen gemäß § 8 Abs. 3 einen Anspruch auf Beratung auch ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten.
4. Schließlich kennt das SGB VIII Rechtsansprüche bzw. Leistungsverpflichtungen zugunsten von Kindern oder Jugendlichen (selbst), soweit Elternrechte (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) überhaupt nicht tangiert sind, z. B.
■ Rechtsansprüche nach §§ 8 Abs. 3, 18 Abs. 3, 24 Abs. 2, 24 Abs. 3 Satz 1 oder 35a Abs. 1
■ oder Leistungsverpflichtungen z. B. nach § 11, 13, 14 oder § 24 Abs. 1 und 4.
2.3 Verpflichtungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
2.3.1 Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§§ 8a, 8b)
Vor dem Hintergrund spektakulärer Fälle von Kindesvernachlässigung und -missbrauch (vgl. z. B. zu „Kevins Tod“ Hoppensack 2007) hat der Gesetzgeber den aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG abgeleiteten und in § 1 Abs. 3 Nr. 3 statuierten Schutzauftrag des JA wiederholt und zuletzt durch das am 01.01.2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) u. a. in den §§ 8a und 8b konkretisiert (siehe Übersicht 13).
Übersicht 13
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§§ 8a, 8b)
1. „Vorfeldarbeit“ des JA (§ 8a Abs. 1)
1.1 Einschätzung des Gefährdungsrisikos
1.2 Einbeziehung der/des Personensorgeberechtigten/Kindes/Jugendlichen, erforderlichenfalls „Hausbesuch“
1.3 Anbieten von Hilfen
2. Anrufen des Familiengerichts durch das JA (§ 8a Abs. 2 Satz 1),
2.1 falls dies mit Blick auf Sorgerechtseingriffe erforderlich erscheint oder
2.2 bei mangelnder Mitwirkungsbereitschaft.
3. Verpflichtung des JA zur Inobhutnahme (§ 8a Abs. 2 Satz 2)
3.1 bei dringender Gefahr für das Kindeswohl (vgl. auch § 42!),
3.2 und wenn Entscheidung des Familiengerichts (nach §§ 1666 ff. BGB) nicht abgewartet werden kann.
4. Zusammenarbeit JA mit anderen zuständigen Stellen (§ 8a Abs. 3):
4.1 mit anderen Leistungsträgern
4.2 mit Einrichtungen der Gesundheitshilfe
4.3 mit der Polizei
4.4 und anderen Stellen
5. Vereinbarungen mit Trägern von Einrichtungen und Diensten (§ 8a Abs.4) zwecks Sicherstellung
5.1 der Vornahme einer Gefährdungseinschätzung durch deren Fachkräfte,
5.2 Hinzuziehung einer insoweit erfahrenen Fachkraft,
5.3 Einbeziehung der Erziehungsberechtigten sowie des Kindes oder Jugendlichen.
6. Mitteilung von Daten zur Wahrnehmung des Schutzauftrages zwischen örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (§ 8a Abs. 5)
7. Ansprüche auf fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 8b)
7.1 von Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen, gegenüber dem örtlichen Träger durch eine insoweit erfahrene Fachkraft;
7.2 von Trägern von Einrichtungen und zuständigen Leistungsträgern gegenüber dem überörtlichen Träger mit Blick auf Handlungsleitlinien.
Gemäß § 8a Abs. 1 wird das JA bereits zu einer „Vorfeldarbeit“ ermächtigt und verpflichtet, auch wenn noch nicht feststeht, dass eine Kindeswohlgefährdung besteht. Das JA hat deshalb bei „gewichtigen“ Anhaltspunkten für eine solche im Zusammenwirken mit mehreren Fachkräften das Gefährdungsrisiko einzuschätzen (Satz 1), die Personensorgeberechtigten sowie das Kind/den Jugendlichen einzubeziehen und ggf. einen Hausbesuch durchzuführen (Satz 2) sowie ggf. geeignete Hilfen anzubieten (Satz 3). Dies entspricht den in der Fachpraxis entwickelten Empfehlungen bei einschlägigen Verdachtssituationen (vgl. z. B. Deutscher Städtetag et al. 2009; Deutscher Verein 2006). In diese „Vorfeldarbeit“ sind ausdrücklich auch die Träger von Einrichtungen und Diensten einzubeziehen: Gemäß § 8a Abs. 4 ist in Vereinbarungen mit diesen sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag ebenfalls in entsprechender Weise wahrnehmen (dazu: Münder 2007).
Hält