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Sozialpädagogische Diagnostik und Fallverstehen in der Jugendhilfe


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für Fallverstehen und Diagnostik

      Kapitel 3 beschreibt grundlegende fachliche Orientierungen, die unser Verständnis von Fallverstehen und Diagnostik in der Sozialen Arbeit leiten; konkrete methodische Instrumente für den fallanalytischen Prozess sowie deren theoretische Hintergründe folgen. Dabei wird in dem Kapitel zunächst das methodische Konzept als Ganzes eingeführt sowie nachfolgend die Basisinstrumente für Fallverstehen und Diagnostik in der Kinder- und Jugendhilfe. Hier wird ausführlich auf den in Kapitel 1 vorgestellten Fall Bezug genommen, um die einzelnen methodischen Instrumente anschaulich zu erklären. Der Fall wird konkret „durchgearbeitet“, um Schritt für Schritt die leitenden Hypothesen zu entwickeln, die schließlich im Fall der Familie Kramer in einer (vorläufigen) Diagnose münden.

      zentrales Fachwissen für Fallarbeit

      Methodisches Handwerkszeug ist wesentlich für die professionelle Fallbearbeitung. Was aber gehört zum notwendigen Wissenskanon und über welche (Schlüssel-)Qualifikationen müssen Fachkräfte verfügen, um die Fallarbeit professionell und fachlich angemessen voranzutreiben? Diese zwei zentralen Fragen stehen in den Kapiteln 4 bzw. 5 im Vordergrund.

      Fallverstehen und Diagnostik ist ein Prozess, in den umfangreiches Fachwissen eingebracht werden muss. Aus der breiten Palette des notwendigen Wissens haben wir für das vierte Kapitel dreizehn aus unserer Sicht zentrale Themen ausgewählt, die auf dem Stand des Fachdiskurses in konzentrierter Form eingeführt werden. Diese Beiträge verdanken wir FachkollegInnen, die wir mit ihrer jeweiligen Expertise angefragt haben. Für ihre Mühe, Sorgfalt und Geduld bedanken wir uns ausdrücklich und herzlich!

      Schlüsselqualifikationen

      Mit (Schlüssel-)Qualifikationen für die Fallarbeit beschäftigt sich im Anschluss Kapitel 5. Darin geht es sowohl um die Beschäftigung mit der individuell-persönlichen Dimension des Handelns und der Beziehungsgestaltung als auch um konkrete Anforderungen wie das Arbeiten mit Zielen oder die Dokumentation der Fallarbeit.

      historische und konzeptionelle Einordnung

      In Kapitel 6 rücken wir schließlich eine historische und konzeptionelle Einordnung unseres Konzeptes in den Fokus. Vor allem geht es um die Entwicklungslinien und Kontroversen hinsichtlich der verstehenden und diagnostischen Aufgaben in der Sozialen Arbeit, insbesondere in der Kinder- und Jugendhilfe.

      Fazit und Ausblick

      Fazit und Ausblick runden das Buch in Kapitel 7 ab: zum einen mit Überlegungen zur Frage der Qualifizierung für die Kernaufgabe des Verstehens und Diagnostizierens in akademischer Ausbildung sowie in der Qualifizierung sozialpädagogischer Fachkräfte. Zum anderen werden Entwicklungsbedarfe für die fallverstehende und diagnostische Arbeit in diesem Handlungsfeld skizziert.

      unsere Intention

      Wir hoffen, mit diesem Buch ein Konzept vorzulegen, das sowohl zukünftigen als auch bereits tätigen Fachkräften in der Sozialen Arbeit, besonders in der Kinder- und Jugendhilfe, Einführung und Orientierung bieten kann: für ein ausreichend komplexes und den Aufgaben angemessenes Kernkonzept für Fallverstehen und sozialpädagogische Diagnostik, das theoretisch begründet ist. Spezifische Methoden und Instrumente können bzw. sollten dies einzelfallbezogen ergänzen (z. B. eine psychiatrische Diagnostik zu der Frage, wie eingeschränkt möglicherweise ein Elternteil durch die eigene psychische Erkrankung ist).

      Das Buch richtet sich vorrangig an Lehrende und Studierende sowie an Fachkräfte aus der Praxis. Und bestenfalls ist es darüber hinaus ein Beitrag zum weiterhin zu führenden fachtheoretischen Diskurs.

      Neben den AutorInnen der Beiträge in Kapitel 4 danken wir auch Magdalena Megler für die redaktionelle Arbeit am Manuskript sowie Ann-Sophie Kuhn als studentischer Mitarbeiterin für ihre sorgfältigen Literaturrecherchen herzlich.

      Ebenso geht unser Dank an viele KollegInnen in der Praxis der Jugendhilfe für gemeinsame Reflexions- und Lernprozesse. Eine Qualifizierung von sozialpädagogischem Fallverstehen und Diagnostik in der Profession halten wir für dringend geboten. Nicht gelingende Hilfeprozesse sind mitunter ein bedrückender Beleg für unzureichende Verstehensleistungen. Und dennoch zeigt sich in der Vermittlung und Weiterentwicklung des hier vorgestellten Konzeptes auch immer wieder der hohe persönliche Einsatz und das Engagement von Fachkräften in der Arbeit mit vernachlässigten und verletzten Kindern sowie Eltern, die oftmals ebenso verletzte Kinder sind. Die Gratwanderung zwischen Respekt, deutlicher Konfrontation und zugewandter Unterstützung bleibt ein fortwährender Balanceakt für alle Beteiligten.

      Als Einführung und erste Annäherung daran, um was es bei Fallverstehen und sozialpädagogischer Diagnostik in der Kinder- und Jugendhilfe geht, wird die Fallgeschichte zweier Mädchen und ihrer Familie erzählt, so wie sie tatsächlich bei einer jungen Fachkraft in einem Jugendamt zum Fall wurde – natürlich anonymisiert. An diesem Fall sollen konkret und nachvollziehbar die Fragen und Herausforderungen für die fallanalytische Arbeit, d. h. für das Fallverstehen und die Diagnostik in diesem Handlungsfeld vorgestellt werden. In Kapitel 3 wird die Fallgeschichte wieder aufgegriffen, um daran die fachlichen Zugänge und die konkreten methodischen Arbeitsweisen des in diesem Buch vorgestellten und vertretenen Ansatzes differenziert zu erläutern und zu veranschaulichen.

      Wo können die Mädchen zukünftig leben?

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      Elsa und Maria: Welche Unterstützung wird gebraucht?

      Es geht um Elsa (14 Jahre) und Maria (12 Jahre). Die beiden Schwestern kennt Frau Maier seit knapp einem Jahr, seit sie als Sozialarbeiterin im Allgemeinen Sozialen Dienst (nachfolgend: ASD) eines Großstadtjugendamtes zu arbeiten angefangen hat und sofort für die Familie Kramer zuständig geworden ist. Ihre erste Aufgabe ist die Vorbereitung eines Hilfeplangespräches, in dem die Unterbringung der beiden Mädchen in Form einer Verwandtenpflege bei der Großmutter überprüft werden soll. Die Geschwister haben seit fünf Jahren einen Amtsvormund (Anmerkung: Amtsvormünder haben an Eltern statt die oder Teile der elterlichen Sorge inne); zudem ist eine Fachkraft des Pflegekinderdienstes zuständig für das Pflegeverhältnis (gem. § 33 SGB VIII). Aktuell geht es vor allem darum, wo die Mädchen weiterhin leben können, denn erneut hat ihre Mutter ihr Leben weitreichend verändert und ihre Großmutter ist erschöpft.

      wechselnde Aufenthaltsorte

      Aus den Fallakten erfährt Frau Maier, dass beide Mädchen seit fünfeinhalb Jahren im Rahmen einer offiziellen Verwandtenpflege bei der Großmutter leben, vorher über mehrere Jahre immer wieder wechselnd bei ihrer Mutter oder bei der Großmutter. Vor drei Jahren ist die Mutter in eine andere Stadt, ca. 50 km entfernt, gezogen. Sie lebt dort mit einem neuen Partner zusammen, mit dem sie seit zwei Jahren eine weitere Tochter hat. Nachdem die Kontakte der beiden älteren Töchter mit ihrer Mutter lange Zeit belastet und unregelmäßig waren, gibt es in jüngster Zeit wieder mehr und längere Besuche von Elsa und Maria bei ihrer Mutter, dies nur teilweise mit Wissen und Zustimmung des Amtsvormundes. Elsa hat zudem den Wunsch geäußert, ganz zu der Mutter zu ziehen, auch um diese bei der Versorgung der kleinen Halbschwester zu unterstützen. Nach einem Streit mit der Mutter zieht Elsa diesen Wunsch jedoch zurück und lebt wieder mit ihrer Schwester Maria bei der Großmutter, die aber nun dem Pflegekinderdienst gegenüber deutlicher von ihrer Überforderung mit der Versorgung der beiden Enkeltöchter spricht.

      In dieser konkreten Situation ist Frau Maier für den Fall zuständig geworden. Im Hilfeplangespräch gemeinsam mit der Großmutter, den beiden Mädchen sowie