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Sprachtherapie mit Kindern


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/ h /.

      Diese physiologische Ersetzung tritt nur bis zum Alter von 2;5 Jahren auf. Glottale Ersetzungen durch [h] oder den glottalen Stop [ʔ], die bei allen anderen Phonemen auftreten, sind immer als pathologisch zu werten.

      Das Deutsche ist eine Sprache mit hartem Stimmeinsatz, wobei silbeninitiale Vokale immer durch einen glottalen Stopp [ˀa] vorgeschaltet begleitet werden. Daher wird die Ersetzung eines wortinitialen Konsonanten durch / ʔ / als Auslassung eines initialen Konsonanten gewertet und nicht als glottale Ersetzung, wie dies für andere Sprachen üblich ist.

      Bei dem Prozess der Deaffrizierung handelt es sich um die Auslassung des plosiven Teils einer Affrikate, wenn dieser regional sonst realisiert wird. Es bleibt der frikative Anteil der Affrikate übrig, z. B. wird / ts / zu [s]. Zu beachten ist, dass in weiten Teilen Deutschlands die Affrikate / pf / im Anlaut nicht vorkommt und durch [f] ersetzt wird.

      Die Deaffrizierung von / ts / und / pf / sollte schon früh (mit 2;5 Jahren) überwunden sein. Wenn eine Affrikate auf den plosiven Teil reduziert wird, fällt dies unter den Prozess der Plosivierung.

      Der Prozess der Vorverlagerung bezeichnet die rein auf die Artikulationsstelle bezogene vordere (z. B. alveolare) Realisation eines Phonems, das sonst an einer hinten liegenden Artikulationsstelle (z. B. velar) realisiert werden würde. Dabei bleibt in der Regel das Merkmal Stimmhaftigkeit vs. Stimmlosigkeit erhalten.

      Die Überwindung des Prozesses der Vorverlagerung ist in Bezug auf verschiedene Phoneme sehr unterschiedlich. Daher müssen die beiden physiologischen Prozesse „Vorverlagerung von / ç / und / ʃ / “ und „Vorverlagerung von Velaren“ voneinander abgegrenzt werden.

      ■ Vorverlagerung von Velaren: Die Vorverlagerung des velaren Nasals / ŋ / zu [n] konnte in wortmedialer und -finaler Position nur bis zum Alter von 2;5 Jahren dokumentiert werden. Die Vorverlagerung velarer Plosive wird jedoch bis zum Alter von 3;5 Jahren beobachtet.

      ■ Vorverlagerung von / ç / und / ʃ/ : Der Sibilant / ç / wird bei einer sehr kleinen Anzahl von Kindern noch bis zum Alter von 3;11 Jahren vorverlagert. Bei 10 % der Kinder kann das Phonem / ʃ / noch konstant bis zum Alter von 4;11 Jahren vorverlagert werden.

      Bei dem Prozess der Assimilation werden zwei Laute oder Silben im Wort einander angeglichen. Ein Phonem wirkt sich auf einen anderen Laut aus, so dass dieser z. B. an die Artikulationsstelle des ersten angepasst wird.

      Nach Fox-Boyer (2016a) ist die häufigste Form dieses Prozesses die regressive Assimilation, wobei es zu einer Angleichung eines Phonems im vorderen Teil des Zielwortes an einen weiter hinten stehenden Laut kommt. Umgekehrt würde man von einer progressiven Assimilation sprechen, während man eine Anpassung silbenübergreifend Fernassimilation nennt. Eine Kontaktassimilation ist durch eine Anpassung zweier direkt nebeneinanderstehender Phoneme charakterisiert (Tab. 2).

      Assimilationen treten nach Fox-Boyer (2016a) bis zum Alter von 2;5 Jahren sehr häufig auf, nehmen aber dann bis Ende des dritten Lebensjahres stark ab (Auftretenshäufigkeit ein bis fünf Mal auf 100 Wörter). Als pathologisch sind sie zu werten, wenn sie ab dann sehr häufig auftreten (mehr als fünf Mal).

      Der Prozess der Rückverlagerung stellt das Gegenteil der Vorverlagerung dar. Das Kind ersetzt ein Phonem einer vorderen Artikulationsstelle durch ein Phonem einer hinteren Artikulationsstelle. Dabei bleibt in der Regel das Merkmal Stimmhaftigkeit- vs. -losigkeit erhalten.

      Als physiologischer Prozess ist hierbei die Rückverlagerung der Sibilanten / z s ʃ / auf den Laut / ç / bis zum Alter von 2;11 Jahren zu betrachten. Rückverlagerte Phoneme / t / , / d / und / n / sind als pathologisch zu werten.

      Ein ursprünglich stimmhaftes / stimmloses Phonem wird durch sein stimmloses / stimmhaftes Gegenstück ersetzt. Der Prozess der Sonorierung beschreibt die Ersetzung eines stimmlosen Lauts durch seinen stimmhaften Konterpart, der in der Regel in Artikulationsstelle und -modus gleichbleibt. Die Entstimmung als physiologischer Prozess wird durch das Gegenteil definiert. Ein stimmhaftes Phonem wird vom Kind durch seinen stimmlosen Gegenspieler realisiert.

      Nach Fox-Boyer (2016) treten sowohl Sonorierungen wie auch Entstimmungen bei Kindern auf, sind aber in Diagnostik und Therapie zu vernachlässigen. Dies ist auf der Tatsache begründet, dass deutschlandweit regional eine große Heterogenität darin vorherrscht, ob verschiedene Phoneme stimmhaft oder stimmlos realisiert werden.

      Ein artikulatorischer Prozess bezeichnet eine rein phonetische Veränderung eines Zielphonems. Es kommt dabei nie zum Verlust eines phonemischen Kontrastes. Der artikulatorische Prozess der Interdentalität (oder Addentalität) ist eine meist konstante Ersetzung von / s / und / z / durch die, nicht im Deutschen Phoninventar vorkommenden Substitutionsphone [θ] und [ð]. Diese beeinträchtigen die phonemische Diskrimination nicht.

      Der Prozess der Interdentalität tritt noch spät in der phonetisch-phonologischen Entwicklung von Kindern auf: bei 35 % der Kinder im Alter von 5;6 bis 5;11 Jahren und sogar noch im Alter von acht bis zehn Jahren bei 25 % der untersuchten Kinder (Fox-Boyer 2016a).

      phonologische EntwicklungEine neue Analyse von Daten, die zwischen 1999 und 2015 in ganz Deutschland erhoben wurden (N = 701, Fox-Boyer 2016a), konnte fundierte Normdaten zum Auftreten und Überwindungsalter von phonologischen Prozessen darlegen. Um in der neuen Analyse eine Regelhaftigkeit widerzuspiegeln, musste ein Prozess, bevor er als Prozess gewertet wurde, bei einem Kind mindestens dreimal anstatt zweimal beobachtet werden können. Fox-Boyer (2016) konnte hieran zeigen, dass sowohl die Anzahl als auch die Auftretenshäufigkeit der phonologischen Prozesse mit voranschreitendem Alter sinken.

      Bereits im Alter von 3;0 bis 3;5 Jahren ließ sich bei monolingual deutschsprachigen Kindern im Durchschnitt pro Kind nur noch eine geringe Anzahl an Prozesstypen (M = 2,1) beobachten (Fox-Boyer / Schäfer 2015). Darunter zeigte sich bei 46 % der Kinder der Prozess der Vorverlagerung von / ʃ / zu [s] und bei 35 % der Kinder vereinzelte Reduktionen von Konsonantenverbindungen (CC). Nur bei 10 bis 20 % der Kinder ließen sich noch Vorverlagerungen von / k g / zu [t d] und von / ç / zu [s] ausmachen (Fox-Boyer et al. 2014a).

      In der Altersgruppe von 3;6 bis 3;11 Jahren zeigte sich noch bei 34 % der Kinder die Vorverlagerung von / ʃ / . Bei 10 bis 20 % der untersuchten Kinder ließen sich noch die Prozesse der Vorverlagerung von / ç / , der Reduktion von Konsonantenverbindungen sowie vereinzelte Kontaktassimilationen feststellen (Fox-Boyer et al. 2014a).

      In der letzten Altersgruppe von 4;0 bis 5;11 Jahre wurde bei wenigen Kindern (20 %)im Alter von vier Jahren nur noch die Vorverlagerung von / ʃ / beobachtet. Bei 90 % der Fünfjährigen konnten keinerlei phonologische Prozesse mehr dokumentiert werden (Fox-Boyer et al. 2014a).

      Pilotstudien Zur phonetisch-phonologischen Entwicklung bei mehrsprachigen Kindern liegen in Bezug auf Deutsch als L2 nur sehr wenige Studien vor (Fox-Boyer / Salgert 2014). Gerade „großflächige Normdatenerhebungen, die den Phonemerwerb und gerade auch die physiologischen phonologischen Prozesse einer bilingualen Bevölkerungsgruppe darstellen, gibt es bislang nicht“ (Fox-Boyer / Salgert 2014, 111). Bisher wurden eher Pilotstudien in Form von sprachtherapeutischen Abschlussarbeiten initiiert, die nur eine kleine Stichprobe berücksichtigten und weitgehend nicht veröffentlicht sind. Erste Pilotierungen als Querschnittstudien zum deutsch-türkischen Phonologieerwerb wurden aus der Arbeitsgruppe von Fox-Boyer vorgelegt (Fox-Boyer / Salgert 2014). Die Autoren berichten von einem teilweise