sind (Isard 1960, Kap. 5 und 7; Müller 1976, Teil B; Schickhoff 1983, Teil II; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2).
Lokalisations- bzw. Standortquotient (LQij). Der Standortquotient vergleicht den Anteil eines Sektors j in einer Region i mit dem Anteil, den dieser Sektor im Gesamtraum hat. Sein Zahlenwert ist größer oder gleich Null.
Der Standortquotient liefert einen Wert größer Eins, wenn der Beschäftigtenanteil von Sektor j in Region i größer ist als sein Beschäftigtenanteil im Gesamtraum. Umgekehrtes gilt für einen Wert kleiner Eins. Je größer ein gemessener Standortquotient ist, desto stärker ist die Konzentration des betreffenden Sektors in der untersuchten Region gemessen an der Größe der Region. Absolute Größeneffekte werden hierbei also ausgeblendet.
Koeffizient der Lokalisierung (KLj). Der Koeffizient der Lokalisierung ist ein Maß für die räumliche Konzentrationstendenz eines Sektors j im Gesamtraum.
Er misst für jede Region i die Differenz zwischen dem Beschäftigtenanteil der Region in Sektor j und dem Gesamtbeschäftigtenanteil dieser Region und addiert die Differenzen über alle Regionen hinweg auf. Der Zahlenwert des Koeffizienten kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Beträgt der Koeffizient der Lokalisierung Null, so ist Sektor j gleichmäßig über alle Regionen des Gesamtraums verteilt. Liegt der Zahlenwert nahe an Eins, so ist Sektor j fast oder vollständig in nur einer einzigen Region des Gesamtraums konzentriert. Der Koeffizient der Lokalisierung wertet die Standortquotienten eines Sektors über alle Teilräume hinweg aus und stellt somit ein zusammenfassendes Maß für die räumliche Verteilungsstruktur eines Sektors dar. In abgewandelter Form kann der Koeffizient der Lokalisierung auch als räumlicher Verknüpfungskoeffizient (Koeffizient der geographischen Assoziation) berechnet werden, um die gemeinsame Konzentration zweier Sektoren in den Regionen des Gesamtraums zu messen.
Koeffizient der Spezialisierung (KSi). Der Koeffizient der Spezialisierung ist ein Parameter, der Aufschluss darüber gibt, wie stark die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region i im Vergleich zum Gesamtraum spezialisiert ist.
Der Koeffizient der Spezialisierung wertet die Standortquotienten einer Region über alle Sektoren hinweg aus. Er kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Falls der Koeffizient der Spezialisierung den Wert Null erreicht, ist die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region identisch mit der des Gesamtraums. Liegt er nahe Eins, so ist die Region nahezu oder ganz auf einen einzigen Sektor spezialisiert. Während der Koeffizient der Lokalisierung ein Maß für die räumliche Verteilung eines Sektors im Gesamtraum ist, bezieht sich der Koeffizient der Spezialisierung auf die sektorale Struktur innerhalb einer Region und vergleicht diese mit dem Gesamtraum.
Kritik. Als Kritik an den dargestellten Parametern der Strukturanalyse lässt sich insbesondere anfügen, dass die Ergebniswerte stark vom gewählten räumlichen und sektoralen Aggregationsniveau abhängen. Dadurch können bei der Interpretation und beim Vergleich von Koeffizientenwerten erhebliche Probleme entstehen. So werden bei einer hohen räumlichen oder sektoralen Aggregation Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen unterbewertet, weil die den Berechnungen zugrunde liegenden Einheiten bereits in sich sehr heterogen sind. Diese Problematik wird deutlich am Beispiel der Messung des Standortquotienten von Beratungsunternehmen in Deutschland (→ Abb. 4.6, links). Während die Darstellung auf Ebene der Bundesländer suggeriert, dass ein Großteil der alten Bundesländer von einer hohen Konzentration von Beratungsunternehmen geprägt ist, gestattet die Darstellung auf der Ebene der Kreise eine andere Interpretation (→ Abb. 4.7). Hier tritt deutlich das Standortmuster der urbanen Ballungsräume hervor, innerhalb derer die Konzentration der Beratungsunternehmen besonders ausgeprägt ist. Eine weitere Detaillierung der räumlichen Betrachtung auf Ebene der Gemeinden (→ Abb. 4.8) zeigt am Beispiel der Metropolregion Rhein-Main, dass die relative Konzentration der Unternehmensberatung auch interkommunal sehr stark variiert und aufgrund geringer gesamtwirtschaftlicher Aktivitäten in Randgemeinden die größten relativen Konzentrationswerte erreicht (Glückler 2004 b). Bei einer zu geringen räumlichen bzw. sektoralen Aggregation besteht letztlich die Gefahr, räumliche Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen überzubewerten. Ein damit zusammenhängendes Problem besteht darin, dass Daten zum Teil nicht in der für eine konkrete Analyse benötigten regionalen und sektoralen Gliederungstiefe vorhanden sind und man deshalb auf ein anderes Aggregationsniveau ausweichen muss. Dieses Problem tritt auch bei den nachfolgend skizzierten Methoden der regionalen Wachstumsanalyse auf. Schließlich demonstriert der Vergleich der Standortquotienten in Abbildung 4.6 (links und rechts), dass auch scheinbar geringe Variationen in der Wahl der Indikatoren (Anzahl der Unternehmen versus Umsatz der Unternehmen) zu deutlichen Variationen in der räumlichen Verteilungsanalyse führen können. Insofern ist die Validität der den Indikatoren zugrunde liegenden Konzepte von besonderer Wichtigkeit für eine aussagekräftige Analyse.
Abb. 4.6 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Länderebene, NUTS 1 (nach Glückler 2004 b)
Abb. 4.7 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Kreisebene, NUTS 3 (nach Glückler 2004 b)
Abb. 4.8 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in der Metropolregion Rhein-Main auf Gemeindeebene, NUTS 4 (nach Glückler 2004 b)
4.4.2Methoden der regionalen Wachstumsanalyse
Die vorgestellten Parameter der Strukturanalyse sind zwar in der Lage, räumliche Disparitäten zu erfassen und zu beschreiben, sie sagen aber nichts über die Dynamik der räumlichen Konzentrationen und Spezialisierungen aus. Einen ersten Anhaltspunkt über Entwicklungstendenzen von Standortverteilungen erhält man, indem man die Koeffizienten der Lokalisierung und Spezialisierung zu verschiedenen Zeitpunkten berechnet und miteinander vergleicht.
Die im Folgenden in Anlehnung an Müller (1976) dargestellten Methoden der relativen Wachstums- und der shift-Analyse geben lediglich einen ersten Einblick in das reichhaltige methodische Analysespektrum. Sie gehen von einer regional und sektoral disaggregierten Wirtschaftsstruktur aus und vergleichen die Entwicklung von Standortverteilungen zwischen zwei Zeitpunkten 0 und t.
Relative Wachstumsanalyse. In der relativen Wachstumsanalyse wird die Veränderung der Sektorstruktur einer Region zwischen den Zeitpunkten 0 und t den entsprechenden Veränderungen im Gesamtraum gegenübergestellt. Zu diesem Zweck wird ein relatives Wachstumsdiagramm gezeichnet (→ Abb. 4.9), auf dessen Ordinate das Wachstum der Region und auf dessen Abszisse das Wachstum des Gesamtraums dargestellt wird (Isard 1960, Kap. 7; Müller 1976, Teil B). In dem Diagramm wird jeder Sektor j durch einen Punkt repräsentiert, dessen Lage sich aufgrund des Wachstums des Sektors in Region und Gesamtraum ergibt. Als Referenzpunkt ist der Schnittpunkt B aus dem durchschnittlichen Wachstum der Region und dem Durchschnittswachstum des Gesamtraums für die Interpretation des Diagramms von Bedeutung.
Abb. 4.9 Relatives Wachstum in räumlicher Perspektive (nach Müller 1976, S. 57)
Durch den Bezugspunkt B lassen sich vier Quadranten unterscheiden. Jeder Sektor, der im I. Quadranten liegt, ist dadurch gekennzeichnet, dass sein Wachstum sowohl innerhalb der Region als auch im Gesamtraum überdurchschnittlich verläuft. Der III. Quadrant enthält Sektoren, die in der Region wie auch im Gesamtraum unterdurchschnittlich gewachsen sind. Besonders interessant als Ausgangspunkt für wirtschaftsgeographische Fragestellungen