hatte ihr und Dr. Mary Goldmann gar einen Ehrendoktortitel verliehen.
Es gab anderes, wie den Schutz von Großsäugern im Meer, vor allem von Walen, Delphinen und Robben, oder einer zumindest teilweisen Rettung des Regenwaldes in Indonesien. Anders als in Tasmanien waren das Projekte, welche die Gewinn- und Verwertungsinteressen von großen Industriefirmen tangierten. Bei der Suche nach Erdgas und Erdöl am Meeresboden hatte es sich eingebürgert, gewaltige Druckwellen unter Wasser zu erzeugen, um dann durch seismische Messungen solche Vorkommen aufzuspüren. Das löst bei Säugern Taubheit, Mittelohrblutungen und eine Schädigung des Gleichgewichtssinns aus, und führt direkt oder indirekt zum Tod. Josefinas Stiftungen hatten sich schon früh dafür eingesetzt, Schutzabkommen und umweltschonende Maßnahmen zu entwickeln und anzuwenden. Sie bediente sich dazu der Hilfe von Politikern der unterschiedlichen Couleur, der Hilfe von Umweltverbänden und Wissenschaftlern, und stieß bis in die Vorstandsetagen der Erdöl- und Erdgasgesellschaften vor. Auch bei der teilweisen Rettung des Regenwaldes in Indonesien und Südamerika war die Stiftung geschickt vorgegangen. Sie hatte sich der Hilfe pharmazeutischer Konzerne bedient, die immer ein Interesse haben, Heilpflanzen und -Mittel zu finden, die es nur im Urwald gibt.So konnten wenigstens einige geschützte Reste des Regenwaldes vor der Brandrodung und der Abholzung gerettet werden. Es waren Projekte, die vor allem von Taktik und Überzeugungsarbeit lebten, und die Josefinas Ruf bei Umweltschützern und an Hochschulen immer weiter förderten. Dabei verfügte Josefina über eine enorme Sachkenntnis, und sie suchte sich stets ihren eigenen Weg, begleitet von ihrem engagierten Team aus Helfern.
13.
In den ganzen Jahren hatten sich die Steuerbehörden mehrfach und turnusgemäß für diese Stiftungen interessiert, aber die Behörde war permanent unterbesetzt, und die Anwälte sorgten dafür, dass nach außen alles perfekt war. Es hätte schon einen Insidertipp gebraucht, damit da etwas auffliegt. Die Stiftungen von Josefina hatten einen unzweifelhaften Ruf. So war es nur natürlich, dass sogar die Großen in der Politik sich gerne an der Seite von Josefina zeigten. Es gab in Deutschland eine jährliche Umwelt-Gala, die zusammen mit einer großen Illustrierten ausgerichtet wurde. Es gab Fernsehberichte. Es gab öffentliche Spendenaufrufe in Europa, dem Commonwealth, in den USA und sogar in China. Josefina hatte beste Kontakte zum englischen und zum schwedischen Königshaus. Einer der US-Präsidenten hatte Josefina im Jahr 2035 quasi geadelt, indem er ihr bescheinigte, den Umweltgedanken zu einer Art weltweitem Unternehmen gemacht zu haben, das langfristig dem Überleben der Spezies Mensch dient, aber das war nur ein weiterer Baustein in der langen Liste öffentlicher Ehrungen, die Josefina bis zu ihrem Tod zuteil wurden. Um ihre Investoren nicht zu verprellen, bewegte sich Josefina mit ihren Projekten und in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nie in der Nähe irgendwelcher Demonstrationen, oder von spektakulären Umweltaktionen, wie sie etwa von Robin Wood oder von Greenpeace durchgeführt wurden. Gewalt lehnte sie strikt ab. Manche Umweltaktivisten nahmen ihr diese Abgrenzung übel, aber sie kamen auch nicht umhin, Josefinas Erfolge neidlos anzuerkennen. Solche Aktivisten gab es seit dem zunehmenden Wetterchaos immer mehr. Einmal wurde sogar Josefina Opfer eines gezielten Farbbeutel-Anschlags. Danach hatte sie in die Mikrophone der bereitstehenden Presse geseufzt, sie verstehe ja die Wut vieler Bürger. Es sei an der Zeit, mehr für die Umwelt zu tun, aber das müsse auf dem Wege von Gesetzen, Verordnungen und der Grundlage wissenschaftlicher Forschung geschehen.
Tatsächlich unterstützte sie über Mittelsmänner mehrere solcher Aktivistengruppen heimlich mit Geldern. Es gab in solchen Fällen auch nie irgendwelche Überweisungen oder Papiere, die das beweisen würden. Barspenden sind nicht nachvollziehbar, wenn du nicht zufällig dabei beobachtet wirst. So bestiegen einmal Aktivisten die Schornsteine eines Chemieriesen in den USA, der für die Verseuchung eines ganzen Gebiets in Indien verantwortlich gewesen war. Sie hängten Transparente auf. Sie ketteten sich fest, und sie konnten erst nach sieben Tagen durch Spezialkräfte mit Hubschraubern runtergeholt werden. Die Aktion hatte für großes Aufsehen gesorgt und die Aktivisten landeten erst im Gefängnis, und dann vor dem Richter. Es waren auch ein paar Details, welche in der Presse viel Wiederhall fanden. Wenn du da sieben Tage am Schornstein hängst, dann musst du essen, trinken, pissen und kacken. Die Aktivisten hatten vorgesorgt. Spezialkleidung, Urinbeutel, Kotbeutel und Rucksäcke mit Astronautennahrung. Sie waren mit Masken ausgerüstet, gegen Gasangriffe der Polizei, und hatten Helme und Schutzkleidung, um sich gegen Schlagstöcke zu schützen, von denen die Spezialkräfte reichlich Gebrauch gemacht hatten. Auch das war im Fernsehen übertragen worden, und hatte zu einem Sturm der Entrüstung geführt, als man sah, wie die Einsatzkräfte an Seilen unter dem Hubschrauber hingen, um Elektroschocker und Pfefferspray einzusetzen, und sogar um mit Eisenketten und Schlagstöcken auf die Aktivisten einzuprügeln. Einem der Aktivisten war dabei der Helm zerbrochen, aber die Sicherheitskräfte hatten nicht aufgehört, und der Mann brach schließlich blutüberströmt zusammen, während die Bodenkräfte die Bildjournalisten brachial zurückdrängten, um solche Bilder der Gewalt zu verhindern. Mehrere Kameras gingen dabei zu Bruch. Drei große Kanzleien eisten die Aktivisten schließlich los und sorgten sogar dafür, dass die Beteiligten mit einer Geldstrafe davon kamen.
Niemand wusste, dass Josefinas Stiftung diese Anwälte bezahlt hatte. Im Zuge der Aktion bildete sich sogar eine Bürgerinitiative, die durch einen spektakulären Prozess dafür sorgte, dass der Chemieriese den Opfern schließlich eine angemessene Entschädigung zahlen musste. Die Aktivisten erhielten indes keine Entschädigung, auch die Verletzten Demonstranten nicht, und sie wurden seit dieser Zeit in den Akten des CIA als Ökoterroristen gelistet. Zwei von ihnen verloren ihre Arbeit. Die Polizisten wurden nicht einmal belangt. Josefina kannte solche Fakten, aber sie blieb bei ihren Unterstützungsaktionen für Aktivisten stets im Hintergrund. Sie war hypervorsichtig. Sie vertrat nie öffentlich die Interessen dieser Aktivisten. Nach außen war die glänzende Fassade perfekt, die das ganze System ihrer verzweigten Aktivitäten schützte.Die von dem Chemieriesen verseuchte Landschaft in Indien wurde durch die Verurteilung des Konzerns allerdings nicht wiederhergestellt. Das Trinkwasser der Region war noch viele Jahre später unbrauchbar, und verursachte Missbildungen und Krebserkrankungen.Auch die vielen toten Meeressäuger und die bei der Vernichtung von Regenwald ausgestorbenen Arten wurden durch solche Aktionen nicht mehr lebendig. Josefina wusste das und sie nutzte deshalb solche Aktionen immer wieder und immer wieder, um auf das Denken und Verhalten der Menschen Einfluss zu nehmen. Sie benutzte diese Aktivisten als Forum für Öffentlichkeitsarbeit, aber sie machte dieses Engagement nie öffentlich.Das Gleichgewicht der Arten ist nun einmal genauso wichtig, wie die Sauberkeit von Erde, Wasser und Luft, und manchmal sind aufrüttelnde Aktionen notwendig, dachte sich Josefina, wenn man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewinnen will.
So hatte man aus Experimenten in verschiedenen Naturparks gelernt, dass es durch die Wiederansiedlung von Bibern, Wölfen, Bären, Bisons und anderen Tieren innerhalb der gesamten Tier- und Pflanzenwelt regional wieder zu einem Gleichgewicht der Arten kommen kann, das sich sogar auf die Sauberkeit des Wassers, und einen gesunden Ausgleich zwischen Insekten, Pflanzen, Fischen und Vögeln auswirkt.Solche regionalen Erfolge und solche sanften Maßnahmen gab es, und das Engagement in solchen Projekten ließ sich auch hervorragend vermarkten.
Fast immer waren diese Projekte aktiven Umweltschützern und Wissenschaftlern zu verdanken und Josefinas Büro stand mit vielen der Verantwortlichen in ständigem Kontakt, wie etwa mit der Verwaltung und den Rangern der Lake Itaska Area oder des Blackhawk Parks am Oberlauf des Mississippi. Solche Fortschritte konnten nicht verhindern, dass sich das Weltklima global gesehen immer mehr verschlechterte. Ist der Kreislauf der Zerstörung erst einmal eingeleitet, und wird der Tipping Point schließlich überschritten, so beginnt dieser Mechanismus der Zerstörung selbsttätig zu laufen. Schlimm ist auch, wenn Radioaktivität fortwährend freigesetzt wird, und verbuddelte Umweltgifte durch Umwelteinflüsse oder menschliche Schlamperei plötzlich wieder an die Oberfläche gespült werden. Sie sind ja nicht weg, nur weil man sie vergräbt, und sie hören auch im Verborgenen nicht damit auf, ihre zerstörerische Wirkung zu entfalten. Es ist ein Prozess, den man als schleichend bezeichnet, und der erst nach vielen Jahren eine Situation herbeiführt, die dann für viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nicht mehr umkehrbar ist.
Reden wir zunächst einmal von einem Problem, das zwar auf das Weltklima wenig Einfluss hatte, wohl aber auf die Lebensbedingungen von Mensch und Tier, nämlich die radioaktive