Hans-Peter Dr. Vogt

Klimachaos


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mehr passierte an diesem Tag nicht. Josefina versprach zumindest, darüber nachzudenken und mit Horst in Verbindung zu bleiben. Sie bat ihn aber noch ein paar Wochen zu warten, bevor er irgendwelche Entscheidungen über die Aufnahme von Geldern trifft.Für Horst war das Gespräch letztlich unverbindlich. Er hatte sich insgeheim mehr erhofft, und er hatte sich wieder ins Auto gesetzt und war an diesem Abend enttäuscht nach Böblingen zurückgefahren, wo er wohnte.

       4.

      Josefina hatte nichts versprechen wollen. Das war so ganz anders, als ihre bisherigen Projekte, aber sie hatte in Frankfurt einige gute Kontakte. Sie begann im Internet und in Bibliotheken zu recherchieren, und vier Wochen später rief sie bei Horst an, ob sie ihn nicht einmal besuchen dürfe.Natürlich würde sie auch ihre Tochter Carmelita mitbringen. Sie sprach an diesem Tag mit Horst und seinen Eltern. Sie ließ sich die Vorteile des Verfahrens noch einmal genau erklären und sie nickte dazu. Was sie freute, war, dass Horst und die kleine Carmelita Gefallen aneinander gefunden hatten. Sie bat darum, einmal konkrete Zahlen vorzulegen für eine Fertigung solcher Flügel, und wenn die anderen Hersteller von Windkraftwerken nicht bereit wären, das in ihre Anlagen gewinnbringend einzubauen, so müsse man überlegen, ob der Bau ganzer Windkraftparks in Frage kommt. „Rechnet mir das einmal durch.“ Sie trafen sich noch einmal, diesmal in ihrer Wohnung in Bad Vilbel, dann ließ sich Josefina die Zahlen geben und ging zu einem befreundeten Bänker.„Schau dir mal die Zahlen an, und sage mir die Risiken und Schwächen des Modells.“ Danach machte sie dasselbe mit einem Steueranwalt und nahm Kontakt zu einem Professor an der TU Darmstadt auf. All das zog sich hin, Josefina telefonierte ein paar Mal mit Horst und vertröstete ihn, und im Frühjahr 2014 hatte Josefina ein recht verlässliches Wirtschaftsmodell vorliegen.

      Inzwischen war noch etwas geschehen. Der Weltklimarat hatte in einer umfangreichen Stellungnahme vor den Folgen einer weltweiten Resourcenverschwendung gewarnt und das Ende der Gattung Mensch prognostiziert, wenn nicht bald Modelle zum Schutz der Umwelt entwickelt und durchgesetzt werden würden. Josefina ließ sich die Studie kommen und sie war schwer beeindruckt. Sie kannte bereits die Studien des Club of Rome und andere Papiere, und sie beschloss, Gelder in Zukunftsprojekte zu investieren. Man kann das jetzt abkürzen. Josefina vereinbarte mit Horst, dass eine ihrer Stiftungen die Anschubfinanzierung zur Verfügung stellen würde, um solche Flügel zu bauen. Weitere Gelder würde es aber nur geben, wenn Horst die Kraftwerksbauer und Betreiber überzeugen könne, dieses Verfahren anzuwenden. Im selben Zug ließ sie Horst das Verfahren weltweit patentieren. Diese Investition von mehr als 160.000 Euro würde sich bald als sinnvoll erweisen. Horsts Vater ließ eine Fertigungshalle an seine kleine Fabrik anbauen (wobei ihm zugute kam, dass er das umliegende Land einmal geerbt hatte) und noch im Jahr 2015 begann Horst mit der Produktion. Die Stiftung hatte das Darlehen vergeben, im Vertrauen auf Berechnungen, die versprachen, dass diese Flügel erheblich leiser, effektiver und umweltfreundlicher sein würden, als bisherige.

      Die Kraftwerksbetreiber standen nicht gerade Schlange, weil das aufwendige Verfahren aus synthetischen Polymeren ein gutes Stück teurer war als die Standardflügel, aber nachdem das erste Kraftwerk eingeweiht worden war, zeigte sich schnell, dass Horst nicht übertrieben hatte.Die Energieausbeute sprang bei gleicher Rotorenausstattung um 15 Prozent hoch und die Windemissionen nahmen im gleichen Atemzug um 60 Prozent ab. Als dann die Hannovermesse 2016 um war, waren die Auftragsbücher voll.Das war Josefinas Einstieg in die Produktion umweltfreundlicher Technologien. Weil sich Horst und Josefina in der ganzen Zeit gut verstanden, weil sich beide als zuverlässig und als kompetent zeigten, und weil Horst und die kleine Carmelita stets ein herzliches Verhältnis hatten, begann sich zwischen Horst und Josefina eine lockere sexuelles Beziehung zu entwickeln. Sie behielten ihre jeweiligen Wohnorte bei. Josefina in Bad Vilbel und Horst in Böblingen, und dann wurde Josefina von Horst schwanger. Sie heirateten im August 2017, aber Josefina behielt ihre Eigentumswohnung in Bad Vilbel. Schließlich hatte sie in Frankfurt viele Freunde, und dieser Wohnort war einfach genial nah am Brennpunkt der Finanzwelt Frankfurt. Diese Metropole ist neben Hamburg, Berlin, München, Stuttgart und Düsseldorf eines der großen Machtzentren, in denen in Deutschland fast alles entschieden wird.

       5.

      Josefina bekam noch zwei Kinder von Horst, wobei sie sich sicher war, dass eines der beiden Kinder von einem befreundeten Bänker in Frankfurt stammte. Horst erfuhr davon jedoch nichts. Sie nannte sich jetzt Maierhauser-Vargas, weil der Name Vargas in der Finanzwelt immer noch gut und bekannt war. Zusammen mit Horst begann Josefina nun ein Imperium für alternative Technologien zu begründen. Es blieb nicht bei Windmühlenflügeln.

      Jetzt zeigte sich auch, wie klug es von Josefina gewesen war, das Verfahren weltweit zu schützen. Eine amerikanische Firma hatte das Patent verletzt und wenig später auch eine koreanische. Die Anwälte wurden in Bewegung gesetzt und die beiden Firmen mussten klein beigeben. Die Schadenersatzsumme belief sich insgesamt auf mehr als 850 Millionen, die sie für die Ausweitung ihres Unternehmens gut gebrauchen konnten.

      Josefina war zwar ihrem wilden Rudolfo stets treu gewesen, aber sie hatte damals von ihm gelernt, dass sexuelle Beziehungen Türen öffnen können. Sie war zwar mit Horst verheiratet, das war aber eher ein beiderseitiges braves Agreement, bei dem die wilde Lust fehlte, die Josefinas und Rudolfos Verhältnis ausgezeichnet hatte. Bei solchen Projekten, wie alternative Technologien musst du Politiker und Finanzjongleure auf deiner Seite haben, und Josefina hatte längst damit begonnen, mit taktischem Geschick und mit sexuellen Versprechen ein System der privaten Geflechte aufzubauen. Gleichzeitig bewies sie sich als gute Ehefrau und als Mutter, die ihre Brut bewacht und fördert. So wie du mit Geld vorsichtig umgehen musst, damit es sich stets vermehrt, so musst du auch deine Brut liebevoll umsorgen, damit aus ihr was wird.Man darf sich das jetzt nicht so vorstellen, dass Josefina durch die Betten tingelte. Sie suchte sich ihre Kontakte genau aus, viele davon rein platonisch, und sie schuf sich ein Netz aus Freunden und Mitstreitern in Finanz-, Industrie-, und Umweltkreisen.

      Durch diese Freunde lernte Josefina einerseits viel mehr über die verzwickten Mechanismen, welche die Ausbreitung sanfter Technologien entweder beschleunigen oder hemmen konnten, und sie lernte andererseits, Gelder noch viel besser zu verstecken als bisher, denn spätestens seit 2013 waren immer mehr Länder gegen sogenannte Steueroasen vorgegangen und hatten Schlupflöcher geschlossen. Josefina praktizierte aber auch gelegentliche erotische Exzesse, die ihr Horst nicht bieten konnte. Männer sind gerne bereit mit einer schönen Frau zu plaudern, die gut zuhören kann, die vorzeigbar und intellektuell prickelnd ist, und die zudem auch noch sexuellen Hochgenuss verschafft. Anlässe gab es genug, etwa auf Konferenzen, Messen oder nach Galaabenden. Josefina verschenkte sich dabei nicht, sondern sie gewährte solche sexuellen Exzesse wie einen Gunstbeweis an einen ausgesuchten Kreis. Diese Männer gaben Josefina die nötigen Geheimtipps, oft durch schlichtes verplappern, kurz: für Josefina waren diese Liebschaften lebensnotwendig, und es dauerte nicht lange, da betrieben die mit den Stiftungen verbundenen Anlagegesellschaften mehrere Windparks im In- und Ausland. Josefina blieb dabei stets vorsichtig und diskret. Sie brüskierte auch Horst niemals, und nun stiegen Josefina und Horst auch in andere Technologien ein.

       6.

      Da Josefina als Leiterin „Projekte und Öffentlichkeitsarbeit“ offiziell immer die Repräsentantin der Stiftungen blieb, war sie befreit von einem Alltagsrhytmus, der dir sonst durch feste Arbeitszeiten im Angestelltenverhältnis aufgezwängt wird. Es gab ein Büro mit Sekretärin, ein Kindermädchen und eine Hausangestellte, die sie entlasteten. Sie teilte sich ihre Zeit selbst ein. Sie machte weiter in Charity. Sie traf sich mit Männern und ihrem inzwischen großen Freundeskreis der Gleichgesinnten. Sie rief jetzt öffentlich dazu auf, Umweltprojekte hier und in der dritten Welt zu fördern und zu unterstützen. Nicht nur im Bereich der Energiegewinnung. Sie setzte sich nicht nur für den Schutz der Tiere ein. Als Biologin wusste sie, dass es viele Wirtstiere gibt, die gefährliche Krankheiten übertragen. Eine dieser Gattungen ist die Zecke. Es gibt viele verschiedene Arten davon, wie den gemeinen Holzbock, oder die Auwaldzecke, und eine der Viruserrankungen, die da übertragen wurden, war Lymeborreliose. Josefina hatte sich schon während ihres Studiums damit beschäftigt, und damals war es schon bekannt, dass Rinder offenbar ein Gegenmittel gegen solche Bakterien entwickelt haben. Durch Josefinas Fürsprache und finanzielle