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Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin


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et al., 1985) war zwar von Sprechabsichten im Inhaltsverzeichnis bereits die Rede, im Übungsteil der Französischbücher waren sie aber nur indirekt in den Übungsdialogen, nicht aber konkret in Form von Redemitteln präsent. Redemittel werden im Übungsteil erst ab den 1990er und 2000er Jahren zum Lerngegenstand. In diesen Lehrwerken wird der Aufbau von Redemitteln und damit einer lexiko-funktional verankerten Grammatik aktiv durch Übungen unterstützt («On dit», z. B. Beutter et al., 1994, 1995; Bruckmayer et al., 2004). Dieser Ansatz wird allerdings nicht konsequent durchdekliniert. Redemittel sind in den Lehrwerken der 1990er und 2000er Jahre auf der Satzebene angesiedelte lexiko-grammatische Einheiten, die als Gesamtheit vermittelt werden, ohne dass die enthaltene Grammatikstruktur im Rahmen des Übungsprozesses über einen reflektierenden Zugang erschlossen und somit verallgemeinerbar wird. Es werden beispielsweise bei der Redeabsicht «Demander son chemin/Expliquer le chemin » (Beutter et al., 1994, S. 64) die Ordinalzahlen nur als lexikalisches und nicht als grammatikalisches Phänomen thematisiert.

      Ein zentrales, theoretisches Anliegen des kommunikativen Ansatzes war die – idealisierte – Vorstellung eines/einer kommunikativ souveränen, emanzipierten Sprechers/Sprecherin. Diese Facette des Ansatzes findet sich in der Konzeption der in den 1990er und 2000er Jahren entstandenen Lehrwerke nicht wieder. Soziolinguistische und situativ-pragmatische Informationen werden nicht zum Lerngegenstand, so dass anwendungsbezogenes Zusatzwissen über den Kontextwert der Redemittel den Schüler/innen in den untersuchten Lehrwerken vorenthalten bleibt. «A Paris » und « J’habite à Paris » als mögliche Antworten auf die Frage danach, wo jemand wohnt, stehen unkommentiert, quasi auswechselbar, in einer Übung nebeneinander (vgl. Beutter et al., 1994, S. 24). Potentiell vorhandene, diaphasische Unterschiede innerhalb von Redemittellisten, obwohl ein wichtiger Aspekt von sprachlicher Bildung im Sinne der Habermas’schen Kommunikativen Kompetenz, werden ausgeblendet (z. B. Beutter et al., 1995, S. 31).

      Eine eins-zu-eins Zuordnung von Redeabsicht und einem spezifischen grammatikalischen Phänomen wird es selten geben. Es lassen sich jedoch situationsspezifische Grammatik-Redemittel-Verbindungen finden, wenn die Passung zum Kontext gegeben ist. In den Lehrwerken gelingt diese Feinjustierung aber vielfach nicht, wie folgendes Beispiel zeigt: Struktureller Inhalt der Übung «Qu’est-ce que c’est en francais?» (Bruckmayer et al., 2004, S. 21) ist die periphrastische Frageformel. Im Sinne der Pragmadidaktik wird der Struktur eine der möglichen Redeabsichten unterlegt, und zwar das Erfragen der französischen Bezeichnung von Gegenständen (C’est un magasin. C’est le magasin de M. Dufour). Es ist ein Leichtes zu erkennen, dass die Verquickung von Sprachstrukturen und Sprechabsichten nicht passen will. Oberflächenstrukturell zeigt sich bei dieser Übung der Einfluss der Pragmatik. Tiefenstrukturell erfüllt eine solche Übung nicht den Anspruch an die Kohärenz, die textlinguistisch erforderlich wäre; mit dem Ergebnis, dass Schüler/innen zwar lernen, grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden, nicht jedoch sie angemessen anzuwenden.

      Ineinanderwirken von Bewusstmachung und Habitualisierung

      Wenngleich aufgrund der Hinweise auf das grammatische Beiheft davon auszugehen ist, dass die Grammatikvermittlung überwiegend kognitivierend erfolgt, so wird der Übungsprozess durch Habitualisierung unterstützt und ergänzt. Die o. g. Übung zur Redeabsicht Nach dem Alter fragen ist im Grunde genommen eine Art verkürzter pattern drill, was sich auch in weiteren Übungen findet.

      Visualisierungen in Übungen – nicht immer Sein, vielfach nur Schein!

      Vergröbernd kann man sagen, dass die Bebilderung in den Übungen (Zeichnung, Foto, Skizze, schwarz-weiß/farbig) von den 1980er bis in die 2000er Jahre hinein stark zugenommen hat. Bilder werden sowohl in didaktisch-methodischer, d. h. übungssteuernd (Göller et al., 1985, S. 59/1), wie auch rein illustrativer Funktion (z. B. ebd., S. 59/2) verwendet. Wie wenig aber die Hinwendung zu einem inhaltlich-kommunikativen Lernen erfolgt ist, zeigen Übungen wie «Beurk, ce n’est pas bon!» (Alamargot et al., 2005, S. 26), einer Bildgeschichte, deren Pointe darauf hinausläuft, dass Kochversuche scheitern und daher «Dimanche dernier, M. Carbonne et ses enfants ont dû manger au restaurant ». Als Impuls würden im Grunde die den Handlungsablauf vorskizzierenden Fotos genügen. Diesen sind aber Sätze zugeordnet, die nur in der richtigen Zeit zu ergänzen sind und die Storyline somit festgelegt ist. Für selbstformuliertes Erzählen bleibt kein Platz. Ohne die Fotos würde sich die Übung nur wenig von denen unterscheiden, die man schon Jahrzehnte zuvor kannte.

      Der ‹Text› als Basiseinheit

      Die Lehrwerke der (neo-)kommunikativen Phase beziehen Grammatik nicht mehr auf den Einzelsatz. Sie ist als Teil einer in sich geschlossenen größeren verbalen Einheit zu sehen, die in einen kommunikativen Handlungszusammenhang (fiktiv/real) eingebettet ist.

      Die Lehrwerke der (neo-)kommunikativen Ära wählen bei Grammatikübungen die Basiseinheit Text, den Weinrich (1982, S. 28) als «linear geordnete Äußerung, die im Zeitraum zwischen zwei auffälligen Unterbrechungen der Kommunikation von den Sprech- oder Schreiborganen des Senders zu den Hör- oder Sehorganen des Empfängers wandert» definiert. Ob es sich immer um eine unity of meaning in a context (Halliday & Hasan, 1976, S. 203) handelt, mag man bezweifeln.

      In Echanges 1 und 2 (Grunwald et al., 1981; Göller et al., 1985) ist die vorherrschende Textform der Dialog. Dies ist naheliegend, lassen sich doch komplementär sich ergänzende, grammatikalische Mittel wie die Personal- oder Possessivpronomen in Mini-Gesprächen einüben. Oft finden sich kommentierende Texte, die Inhalte der Lektion (und damit auch den Wortschatz) wiederholen, wobei als eigentliches Ziel das Üben eines bestimmten Grammatikphänomens im Vordergrund steht. Wenn auch der situative Bezug zum Lektionsinhalt oder den Lehrwerkspersonen in aller Regel in den Übungen gegeben ist, so erklärt sich den Schüler/innen die Sinnhaftigkeit dieser Übungstexte kaum. Die Einbettung des Textes in die «environment in which it is placed» (Halliday & Hasan, 1976, S. 203) bleibt so gut wie immer in solchen Übungen der (neo-)kommunikativen Ära unbenannt.

      «Les petites choses de la vie» ist eine Übung, bei der die Verbformen von devoir, recevoir und courir (im présent bzw. passé composé) eingeübt werden sollen. Der Fokus auf die Grammatik wird mit einer Art Leseverstehen verknüpft. Es gilt den jeweils vervollständigten Satz mit einem weiteren, aus einer Auswahl an vorgegebenen Sätzen zu einem Mini-Text zusammen zufügen, etwa: Christian mange beaucoup de crêpes. Il doit avoir faim (Alamargot et al., 2005, S. 27/6). Was trotz des Bemühens um einen kommunikativen Anstrich in den Lehrwerken aus dem Blick gerät, ist die Frage nach der Umgebung, in der diese Texte ihren Platz haben. Wer formuliert sie, sei es mündlich oder schriftlich? Warum sagt oder schreibt jemand so etwas? In welchem Zusammenhang werden sie formuliert? Und vor allem: an wen richten sich diese Texte? Auch in diesen auf den ersten Blick kommunikativ anmutenden Übungen liegt der Fokus im Grunde auf der Grammatik. Die Redeabsichten werden ebenso wenig explizit gemacht wie die Kommunikationssituation geklärt, so dass, im Ergebnis, die Relevanz der Äußerungen nie deutlich wird. Es ist, wie das Beispiel zeigt, nicht immer möglich die Trias von Kommunikationssituation – Redeabsicht/en – grammatikalischer Struktur zu finden, aus der sich die Gebrauchsregeln einer Sprache ergeben. Dennoch ließen sich zusammen mit den Schüler/innen in einer Reflexionsphase (z. B: «Trouvez des situations pour les mini-textes/dialogues dans … Qui parle avec qui et pourquoi?») Übungstexte auf ihre kommunikative Relevanz überprüfen (im Sinne von Sprachbewussheit), Grammatik auf ihren Gebrauchswert pragmatisch ausdeuten (vgl. Mertens, 2006a, S. 171) und Unsinniges in den Lehrwerken entlarven, was letztlich eine höchst kommunikative Aktivität ist.

      Eklektisches Lehrkonzept

      Die Antwort auf die Frage, welches Lehrkonzept für das Einüben von Grammatik in dieser (neo-)kommunikativen Phase präferiert wird, ergibt ein sehr uneinheitliches Bild. Es lassen sich Beispiele für induktive (z. B. Bruckmayer et al., 2004, S. 18) wie auch deduktive Vorgehensweisen (z. B. Bruckmayer et al., 2004, S. 44), für explizit bewusstmachende (Göller et al., 1985, S. 52/29), aber auch für signalgrammatische Vermittlungsweisen (Bruckmayer et al., 2004, S. 29), oder solche finden, die