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Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin


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hohe Frequenz des unterrichtlichen ‹Sagens bzw. Aufschreibens› erlauben. Es handelt sich – trotz aller visueller Aufbereitung – um eine Strukturübung, die eine hohe Frequenz von Gesagtem garantieren soll, nicht jedoch zu Gemeintem führen kann, da die Lernenden keine Impulse dafür haben, welche Inhalte sie eigentlich kommunizieren sollen. Die Arbeit an der sprachlichen Form unter weitgehender Ausklammerung des Inhalts und der Klärung der Bedeutung des Gesagten innerhalb eines kommunikativen Rahmens lässt sich an vielen weiteren Beispielen nachweisen.

      Schülerorientierte Aufbereitung der (Grammatik-)Übungen

      Die Lehrwerke von 1980 bis in die 2000er Jahre werden, was beim Durchblättern ins Auge sticht, bunter, bebilderter und mit allerlei unterstützenden Hinweisen versehen. War in den 1970er wie 1980er Jahren eine sprachliche Form in aller Regel von den Schüler/innen selbst zu finden, so sind ab den folgenden Versionen eine Reihe von layouttechnischen Hilfen (z. B. Fett- oder Farbdruck; Formenkästen) erkennbar (z. B. Alamargot et al., 2005, S. 40/6; S. 75/12).

      Fazit: Echanges und Découvertes der 1980er, 1990er und 2000er Jahre sind auf den ersten Blick um Inhalte herum organisiert. Diese ranken sich um fiktive Personen in Frankreich und bilden die Grundlage für den Französischlehrgang. Im Inhaltsverzeichnis wird suggeriert, dass der Sprachgebrauch, im Sinne von Nunans use, eine Rolle spielen soll. Redeabsichten werden als wichtiger Pfeiler der Lehrwerke beworben und die Grammatik scheint ihnen dienend zugeordnet zu sein. Die Analyse ausgewählter Beispiele hat gezeigt, dass dies vielfach nicht der Fall ist. Die kommunikative Situierung spielt kaum eine Rolle und der formal-grammatischen Komponente wird weiterhin der Vorrang gegeben. Insofern ist es unserer Einschätzung nach zu optimistisch, wenn Koch (2001, S. 6) die Lehrwerke ab den 2000er Jahren als eine auf traditionellen Vorstellungen beruhende Mischform einordnet, «die pragmatisch ergänzt wird, indem den grammatischen Phänomenen Kommunikationsabsichten zugeordnet werden».

      Grammatik wird in diesen Lehrwerken auf allerlei Weise methodisch gefällig verpackt, man präsentiert sie kunterbunt, man darf sie hüpfen, singen, tanzen. Das was Grammatik allerdings aus- und verfügbar macht, die Trias von Form, Bedeutung und Gebrauch, wird, so mein 2. Zwischenfazit, im Übungsprozess weitgehend unterschlagen. Übungen können stimmig werden, wenn Kontexte eindeutig benannt sind oder Lerner/innen sich Situationen ausdenken, in denen die Übungssätze verankert sind. Kognitivierung geht dann über das enge Nachdenken über Formen hinaus und schließt Nachdenken über das Funktionieren von Sprache in situativen und kulturellen Rahmungen mit ein. Den mündigen Lerner bzw. die mündige Lernerin hatten die Lehrwerke der (neo-)kommunikativen Phase noch nicht im Sinn.

      3.3 In Lehrwerken der aufgabenorientierten Phase

      Van den Branden definiert das Konzept Aufgabe folgendermaßen: «A task is an activity in which a person engages in order to attain an objective, and which necessitates the use or language» (ebd., 2006, S. 4). Kurz und knapp stellt er heraus, dass sich Aufgabenorientierung durch das Vorhandensein einer Problemsituation und die Bereitschaft, diese mit sprachlichen Mitteln lösen zu wollen, auszeichnet. In aller Regel wird im institutionalisierten Unterricht ein Task-Supported-Language-Learning praktiziert, bei dem den Aufgaben die Rolle eines «pädagogische[n], lehrbuchbasierte[n] Werkzeug[s]» (Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth, 32018, S. 203) zukommt, welches vom Lehrwerk vorstrukturiert wird. Für die Praxis hilfreich hat sich ein Zyklus aus drei Phasen erwiesen, in der die Aufgabe vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet wird (vgl. Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth, 2018, S. 205; Mertens, 2017, S. 10). In diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis der Aufgabenforschung wichtig, dass die Beschäftigung mit Sprache an verschiedenen Stellen zur Unterstützung des Erwerbprozesses notwendig ist. Bestandteil der Aufgabenorientierung ist ein «focus on form in which learners‘ attention is drawn to linguistic features if and when demanded by the communicative activities and the negotiation of meaning learners are engaged in» (Kumuravadivelu, 2006, S. 129).

      Versteht man unter Aufgabe «ein mehr oder weniger umfangreiches Lernarrangement […], das die Lernenden mit realitätsnahen, alltagsbezogenen Handlungssituationen konfrontiert, innerhalb derer Themen bearbeitet, Problemsituationen bewältigt und Ergebnisse erzielt werden sollen» (Mertens, 2017, S. 9), dann ist Fremdsprachenlernen nicht mehr eine zeitliche Abfolge von Lernen und nachgelagerter Anwendung des Gelernten, sondern ein paralleles Geschehen, bei dem die Anwendung mit dem Lernen zusammenfällt und der für die Bearbeitung der Aufgabe notwendige Bedarf an Sprachmaterial, sich aus der Aktivität heraus entwickelt. Das bedeutet für das Mittel der Grammatik,

       dass sich im Idealfall die Auswahl der Grammatikstruktur aus dem Nutzen der Struktur für die sich aus der Problemsituation ergebende Kommunikation ableitet;

       dass Grammatik als funktional-semantische und dann erst als formale Einheit gesehen wird;

       dass das Lernangebot im Lehrwerk eine von mehreren Möglichkeiten darstellt, um zum Ziel – d. h. zum erfolgreichen Bearbeiten der Aufgabe – zu gelangen.

      Mit den ab 2010 erscheinenden Lehrwerken A plus (beginnend mit Blume et al., 2012) und Découvertes (beginnend mit Bruckmayer et al., 2012) wird erstmalig der Begriff ‹Aufgabe› (bzw. tâche) in für den deutschen Markt bestimmten Französischlehrwerken erwähnt. In Découvertes (Bruckmayer et al., 2012, 2013) zeigt sich dieses Bekenntnis zur Neuorientierung in der Verwendung des fachdidaktischen Begriffs im Inhaltsverzeichnis und in abschließenden Teileinheiten mit Anwendungsaufgaben («Pratique: tâches – Anwendungsaufgaben»). Es stellt sich die Frage, wie in dieser Generation am Übergang zur Aufgabenorientierung (wie auch in der sich abzeichnenden 2020er Generation) mit dem Widerspruch umgegangen wird, der im Konzept Aufgabe und dem Medium Lehrwerk liegt. Ersteres steht pauschal gesagt für Individualität, Freiheit, Eigenständigkeit und den Fokus auf Problem lösendes, sprachliches Agieren; Zweiteres ebenso pauschal für Konformität und Konfektionierung, Engführung, Lenkung und den Fokus auf Sprachmaterial. Die Antwort auf diese Frage kann relativ kurz ausfallen: Découvertes 1 und 2 (Bruckmayer et al., 2012, 2013) verfolgen, trotz der oberflächig zur Schau getragenen konzeptionellen Wende, weiterhin einen mehr oder weniger überzeugenden kommunikativen Ansatz, der sich hinsichtlich der Grammatik folgendermaßen präsentiert:

      (Teilweise) Funktionalisierung von Grammatik

      In der tabellarischen Darstellung im Inhaltsverzeichnis wird lektionsweise aufgeführt, welche Redeabsichten in den Lektionen erworben werden. Interessant ist hier die Zuweisung der Redeabsichten zu Teilkompetenzen: Parler, Ecouter, Ecrire, Lire, wobei sich diese Zuordnungen nicht eindeutig erschließen und vermutlich mehr den Erfordernissen des Lehrbuchcurriculums, denn einer Sachlogik geschuldet sind. Redemittel sind Bestandteil der Lektionstexte, sie finden sich in «On dit»-Kästen (Bruckmayer et al., 2013, S. 47/8) und sind teilweise Gegenstand von Grammatikübungen (Bruckmayer et al., 2012, S. 52/9). Ab Band 2 wird erkennbar, dass nicht mehr wie im Eingangsband isolierte und enge Redeabsichten im Fokus stehen, sondern umfassendere, die Einzelstruktur übersteigende, mehr oder weniger komplexe, kommunikative Szenarien.

      Dialogische Einbettung der Übungen

      Weiterhin scheint diesen Anfangsbänden eine grammatikalische Progression unterlegt zu sein. So findet man an diversen Stellen, wenn auch in abgewandelter, layouttechnischer Aufbereitung, bereits aus den Vorgängerversionen bekannte Übungen.

      Ausklammerung des Kontextes

      Der Schwerpunkt auf formalgrammatische Aspekte der Strukturen wird in Übungen wie den gezeigten klar durch die Rubrik «En forme» herausgestellt. In der Regel handelt es sich hierbei um mündliche Lernangebote. Es stellt m. E. einen Konzeptionsfehler dar, hier phonologische Strukturen der Sprache, wie Betonung/Akzent oder Lautstärke, als notwendige Bestandteile einer kontextualisierten Grammatik auszuklammern, denn dadurch werden sinnentleerte Verwendungen antrainiert und die Gelegenheit zu zielführendem, kommunikativem (Probe-)Handeln verpasst.

      Überschriften oder Illustrationen dienen in den Übungen vielfach allein zur