bezeichnet (Luhmann 1997, 134).
Welche Vorteile bietet letztgenanntes Verständnis von Systemen noch? Der Zwang entfällt, eine oder eine Reihe von bestimmten Funktionen zu beschreiben, die Systeme aufgrund ihrer Strukturen haben. Jetzt kann man davon ausgehen, dass sich Funktionen je nach Situation und Art der Beobachtung ändern können – denkt man z. B. daran, welche unterschiedlichen Funktionen die Zugehörigkeit zu einer Familie oder einem Verein für die unterschiedlichen Mitglieder hat und welche unterschiedlichen Effekte damit verbunden sind. Mit diesem Verständnis von Systemen ist man nicht mehr daran gebunden, alles, was ein System vollzieht, unter dem Aspekt des Selbsterhalts zu betrachten. | Funktionen von Systemen |
Schritte bei der Entwicklung von Systemtheorien (nach Baecker 2012, von den Autoren modifizierte Fassung):●Verständnis des Systems als Differenz und Selbsterhalt (Parsons),●Modellierung von Systemen anhand ihrer eigenen Funktionen und internen Zustände (v. Foerster),●Beschreibung der Schließung des Systems im Netzwerk der Elemente, aus denen es besteht und sich selbst erschafft (Maturana / Varela) und●zeitliche Begrenzung der Operationen von Systemen, die das Problem der Fortsetzung des Systems laufend sowohl stellen als auch lösen (Luhmann). | |
Überträgt man diese Themen auf die Soziale Arbeit, lassen sich verschiedene Herausforderungen beschreiben. | |
Auch Soziale Arbeit ist gezwungen, zu entscheiden, was (z. B. im Hinblick auf Aufgaben, Ziele, Situationen) zu ihr gehört und was nicht. In der Arbeit mit Familien muss beispielsweise stets neu bestimmt werden, ob Nachbarn an Gesprächen teilnehmen sollen oder ob es notwendig erscheint, über Generationsfragen oder kulturelle Aspekte zu sprechen. Soziale Arbeit hat mit dem zu tun, was sie aus ihren Traditionen, aktuellen Erfordernissen und Zielsetzungen für bedeutsam hält und realisieren kann. Anhand welcher Merkmale Soziale Arbeit ihre Komplexitätsreduktionen betreibt, muss sie selbst beobachten und reflektieren. Sie achtet darauf, ihre Arbeit und ihre Aufgaben so zu beschreiben, dass sie vorrangig von entsprechend ausgebildeten Sozialarbeitern ausgeführt werden. In ständig neu entstehenden Situationen muss sie sich bewähren und die Fortsetzung ihrer Leistungen ermöglichen. | Entscheidungszwang der Sozialen Arbeit |
1.1.4Systemtheorien – unterschiedliche Ansätze | |
In der Sozialen Arbeit sind mehrere Systemvorstellungen im Umlauf. Die verschiedenen Ansätze (Krieger 2010) finden unterschiedliche wissenschaftliche Anerkennung, legen verschiedene Vorgehensweisen und professionelle Selbstbilder nahe. Die weitreichenden Konsequenzen betreffen zentrale Arbeitsgrundlagen: | unterschiedliche Systemtheorien |
●Wie werden die Beziehungen zu den Adressaten und Klienten verstanden? | |
●Welche gesellschaftlichen Funktionen hat die Soziale Arbeit? | |
●Welche Bedeutung kommt normativen Grundlagen zu? | |
Eine erste Annäherung betrifft die Unterscheidung zwischen den Begriffen systemtheoretisch und systemisch. | |
DefinitionUnter dem Begriff systemtheoretisch fasst man eher den Bereich zusammen, der an der Theoriearbeit und der Reflexion ausgerichtet ist. Systemisch beschreibt dagegen den Bereich, der sich auf die praktische Veränderung von Systemen bezieht und unter dieser Perspektive auch Anregungen einbezieht, die aus verschiedenen Theorie- und Praxiszusammenhängen stammen. | |
Die zweite Annäherung bezieht sich auf den Zusammenhang von systemischem und konstruktivistischem Denken. | |
Definition:Mit dem Oberbegriff Konstruktivismus werden philosophische und erkenntnistheoretische Perspektiven bezeichnet, die betonen, dass die vom Menschen erkannten und beschriebenen Dinge und Sachverhalte nicht unabhängig von der Erkenntnisleistung sind. | |
Der hier vertretene Ansatz wird zu den systemisch-konstruktivistischen Theorien gezählt (Lambers 2018), der u. a. auf die Theorien sozialer Systeme von Niklas Luhmann zurückgreift. Sein Werk nimmt eine bedeutende Stellung ein, da seine Arbeiten auf der Beratungsebene (zum Teil über die Familientherapie) als Grundlage für Professions- und Reflexionstheorien Sozialer Arbeit (Bommes / Scherr 2012; Lambers 2010) und als Rahmentheorie Sozialer Arbeit (Schöning 2012) Eingang in die Debatten der Profession und Disziplin gefunden haben. Die Grundlagen unseres Ansatzes sind aber systemtheoretisch breiter angelegt und beruhen auf Ideen, Modellen und Theorien, die an folgende wissenschaftliche Diskussionen anschließen. | systemisch-konstruktivistischer Ansatz |
1.Konstruktivistischer Diskurs: Die Fragen, wie der Status unseres Wissens eingeschätzt werden kann und Wahrnehmungen so auf einander abgestimmt werden können, dass Prozesse der Verständigung und wechselseitigen Anerkennung möglich werden, leiten die Soziale Arbeit. Die prinzipiellen Annahmen des Konstruktivismus wurden in den Kognitionswissenschaften empirisch bestätigt (Singer 2002). Die Anschlüsse an die Diskussionen um die soziale Konstruktion von Wirklichkeit und die Selbstverantwortlichkeit von Klienten kann Soziale Arbeit auf der Basis konstruktivistischer Theoriebildung herstellen (Kraus 2013, 2019).2.Grundkonzepte der Systemischen Beratung und Therapie: Systemische Familientherapie ist ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren. Erfolge auch in herausfordernden Fällen erreichen zu können, hat den methodischen Ansätzen (Schlippe / Schweitzer 2016; Schwing / Fryszer 2015) auch zu einer hohen Bedeutung in der Sozialen Arbeit verholfen. Soziale Arbeit steht mit der Systemischen
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