Abb. 3.21 Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie wird durch die Entropie bestimmt. Die Entropie einer Substanz ist in der Gasphase größer als im flüssigen Aggregatzustand, diese wiederum ist größer als die Entropie des entsprechenden Feststoffs; daher fällt die Freie Enthalpie für ein Gas bei steigender Temperatur am steilsten ab, für eine Flüssigkeit weniger steil und am flachsten für die feste Phase.
Illustration 3.15
Die Dichte von Wasser bei 25 °C ist 0,9970 g cm–3. Wenn der Druck (bei konstanter Temperatur) um 0,1 bar erhöht wird, ändert sich die molare Freie Enthalpie um
(b) Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie
Die Gleichgewichtszusammensetzung eines Systems ist unmittelbar mit der Freien Enthalpie verknüpft. Um die Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung eines Systems richtig verstehen zu können, müssen wir uns daher zunächst mit der Temperaturabhängigkeit von G beschäftigen.
Unser Ausgangspunkt ist Gl. (3.44), (∂G/∂T)p = −S; sie beschreibt die gesuchte Temperaturabhängigkeit als Funktion der Entropie und lässt sich durch Einsetzen der Definition der Freien Enthalpie G in die Form S = (H − G)/T bringen. Dann ist
Abb. 3.22 Die Druckabhängigkeit der Freien Enthalpie wird durch das Volumen bestimmt. Das Volumen eines Stoffs im gasförmigen Aggregatzustand ist größer als das im flüssigen Zustand; am kleinsten (für fast alle Substanzen) ist das Volumen des festen Stoffs. Die Freie Enthalpie steigt für ein Gas daher am steilsten mit dem Druck an, für eine flüssige Phase und Feststoffe weniger steil. Da sich die Volumina fester und flüssiger Phasen desselben Stoffs wenig unterscheiden, ist auch die Änderung der Freien Enthalpie mit dem Druck für beide Aggregatzustände ähnlich.
Wie wir in Abschn. 6.1 noch sehen werden, ist die Gleichgewichtskonstante einer Reaktion eine Funktion von G/T, nicht von G allein. Mit dem Ziel dieser Anwendung im Hinterkopf werden wir bereits an dieser Stelle in der folgenden Herleitung 3.6 zeigen, dass sich die Temperaturabhängigkeit von G/T leicht aus Gl. (3.45) herleiten lässt.
Herleitung 3.6: Die Gibbs‐Helmholtz‐Gleichung
Wir gehen aus von
Dabei haben wir im ersten Schritt die Ableitungsregel d(fg)/dx = f(dg/dx) + g(df/dx) verwendet. Nun ersetzen wir den Term (∂G/∂T)p auf der rechten Seite der Beziehung durch Gl. (3.45) und schreiben
Wenn wir diesen Ausdruck in den vorhergehenden einsetzen, erhalten wir die Gibbs‐Helmholtz‐Gleichung:
Die Gibbs‐Helmholtz‐Gleichung ist insbesondere bei der Betrachtung von physikalischen Zustandsänderungen und chemischen Reaktionen von Nutzen, die bei konstantem Druck ablaufen. Wenn wir die Differenz der Freien Enthalpien im Anfangs‐ und Endzustand als dG = GE − GA schreiben und die Gleichung sowohl auf GE als auch auf GA anwenden, erhalten wir
Diese Gleichung sagt aus: Wenn wir die Enthalpieänderung eines Systems bei einer Zustandsänderung oder Umwandlung (Verdampfung, chemische Reaktion, usw.) kennen, dann kennen wir auch die Temperaturabhängigkeit der zugehörigen Änderung der Freien Enthalpie. Wie wir noch sehen werden, ist dies eine der wichtigsten Informationen, die die chemische Thermodynamik liefern kann.
(c) Die Druckabhängigkeit der Freien Enthalpie
Um die Freie Enthalpie bei einem bestimmten Druck aus ihrem Wert bei einem anderen Druck zu berechnen (die Temperatur soll konstant bleiben), setzen wir dT = 0 in Gl. (3.43) ein, erhalten dG = V dp und integrieren diesen Ausdruck:
(3.48a)
Für molare Größen bedeutet dies
Diese Beziehung kann auf jeden Aggregatzustand angewendet werden; Voraussetzung für die Lösung des Integrals ist jedoch, dass wir wissen, wie das Molvolumen Vm vom Druck abhängt.
Abb. 3.23 Die Differenz der Freien Enthalpien einer Flüssigkeit oder eines festen Stoffs bei zwei Drücken entspricht der hier gezeigten Rechteckfläche. Dabei wurde die Druckabhängigkeit des Volumens vernachlässigt.
Die Druckabhängigkeit des molaren Volumens kondensierter Phasen ist wenig ausgeprägt (Abb. 3.23), weshalb wir Vm als Konstante behandeln und vor das Integral ziehen dürfen:
So erhalten wir schließlich für die Druckabhängigkeit der molaren Freien Enthalpie eines inkompressiblen Stoffs:
Der Ursprung des Terms (pE − pA)Vm ist in Abb. 3.23 zu erkennen. Unter Laborbedingungen ist (pE − pA)Vm in der Regel sehr klein und kann