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Neulateinische Metrik


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      Mariotti, Scevola: La „Philologia“ del Petrarca, Humanitas 3, 1950, 191–206.

      Müller, Hubert: Früher Humanismus in Oberitalien. Albertino Mussato, Ecerinis, Frankfurt a.M. 1987 (Studien zur Klassischen Philologie 31).

      Musumarra, Carmelo: La poesia tragica italiana nel rinascimento, Florenz 1972 (Biblioteca dell’„Archivum Romanicum“ 1,113).

      Perosa, Alessandro: Metrica umanistica, Rinascimento 3, 1952, 186–188.

      Perosa, Alessandro: Teatro umanistico, Milano 1965.

      Radcliff-Umstead, Douglas: The Birth of Modern Comedy in Renaissance Italy, Chicago 1969.

      Sanesi, Ireneo: Storia dei generi letterari italiani. La commedia, Bd. 1, Mailand 1954.

      Stockert, Walter (Hg.): Plautus. Aulularia, Stuttgart 1983 [zur Metrik 206–241].

      Zgoll, Christian: Römische Prosodie und Metrik, Darmstadt 2012 [zum Iambus 112–123].

Radikale Experimente

      Neulateinische HyporchemataHyporchema oder die Neuschöpfung einer verlorenen Gattung und deren rascher Untergang

      Beate Hintzen

      Neulateinische Hyporchemata

      In der neulateinischen Dichtung wurden bekanntermaßen nicht nur die antiken Versmaße imitiertImitation und adaptiert, sondern man wagte auch gern einmal ein metrisches Experiment. Insbesondere der Barockhumanismus kann als Epoche des Experimentierens beschrieben werden, und dieses Experimentieren konnte durchaus manieristische Züge annehmen. Als Vertreter solch manieristisch anmutender Experimente im niederländisch-deutschen Barockhumanismus können vor allem Daniel HeinsiusHeinsius, Daniel und Paul FlemingFleming, Paul gelten, als ihr gemeinsames Vorbild Iulius Caesar ScaligerScaliger, Julius Caesar. Im Folgenden soll nun als Exempel solchen metrischen Experimentierens die Neuschöpfung des Hyporchema durch Iulius Caesar Scaliger nach dem Vorbild des sogenannten Pratinas-FragmentsPratinas-Fragment1 und seine weitere, recht kurze Tradition beschrieben werden. Die Genese des neulateinischen Hyporchema lässt sich m.E. recht deutlich an der außergewöhnlichen metrischen Faktur sowie an der Relation von Inhalt und Form von Scaligers Hyporchema Baccho, SilenoScaliger, Julius CaesarHyporchema Baccho, Pani, Gratiis, Cupidini, Cybelae, Veneri, Herae, NemesiXE "Grotius, HugoHyporchemaሴiሴ in obitum Aldinae catellae2 ablesen, einem der frühesten mir bekannten als Hyporchema bezeichneten Texte. Weiterhin wird der Fokus auf Grotius᾽ kuriosem Hyporchema in obitum Aldinae catellae liegen, das die extreme Artifizialität dieser Textsorte bezeugt.

      Das neulateinische Hyporchema ist kein Massenphänomen. Diese Feststellung dürfte ihre Gültigkeit auch dann behalten, wenn sich in der ungeheuren Menge der neulateinischen Dichtung über die neun mir bisher bekannt gewordenen Gedichte ein paar weitere verbergen, die im Titel als Hyporchema bezeichnet werden oder aus metrischen Gründen dieser Textsorte zugeordnet werden können. Neben den erwähnten Hyporchemata von Scaliger und Grotius gehören hierzu in chronologischer Reihenfolge Scaligers Ad animam Fracastorij hyporchemaScaliger, Julius CaesarAd animam Fracastorii hyporchema,Becmann, ChristianHyporchema ad Christianum II Ducem Saxoniae3 Christian Becmanns Hyporchema ad Christianum II Ducem SaxoniaeFleming, PaulSylva4 sowie Paul Flemings Sylva 8,39 (= Suavium 39), Sylva 9,1,2Fleming, PaulSylva Sponsus ad Sponsam, Sylva 9,1,11Fleming, PaulSylva Sponsus ad Aedones, Sylva 9,2Fleming, PaulSylva Christo hodie-nascenti hyporchemaFleming, PaulSylva5 und Sylva 9,3,4 Hyporchema. Sponsus ad sponsam.6

      Als antike Gattung ist das Hyporchema weitgehend verloren, und die Vorstellung, die sich aus den Fragmenten von Texten, die so bezeichnet werden, sowie aus den Zeugnissen über Hyporchemata (Scholium zu PindarPindar und pindarische Dichtung, Pythie 2,127; Plutarch, Quaestiones convivales 748a7–b1PlutarchQuaestiones convivales; Athenaios 1,15d–eAthenaiosDeipnosophistaeAthenaiosDeipnosophistaeAthenaiosDeipnosophistaeAthenaiosDeipnosophistae; 14,628d, 630d, 631c; Lukian, De saltationeLukianDe saltatione 16) gewinnen lässt, ist nicht sehr klar. Schon die Bezeichnung ‚TanzliedTanz‘ ist problematisch, weil eigentlich alle ChorliedChorer als Tanzlieder in dem Sinne gelten müssen,Musik7 dass bei ihrer Vorführung poetischer Text, Gesang und TanzTanz des ChoresChor zusammenkamen (Aristoteles, Poetik 1447b24–27AristotelesPoetik). Allerdings ist bei den Hyporchemata im engeren Sinne umstritten, ob SängerMusik und Tänzer identisch sind.Tanz8 Einige Zeugnisse deuten darauf hin, dass der Tanz das primäre Element darstellte. So soll der Archeget Thaletas von GortynThaletas von Gortyn ein solches LiedMusik als Begleitung zum WaffentanzTanz der kretischen Kureten, der sogenannten Pyrrhiche, gedichtet haben.Creticus9 Entsprechend lässt sich in einigen Fragmenten ein lebhafter Rhythmus, in anderen ein kretisches Maß konstatieren. Strophische Korresponsion scheint hingegen für das Hyporchema nicht typisch zu sein. Zumindest weist das genannte Pratinas-FragmentPratinas-Fragment keine solche Korresponsion auf. Der Text dieses Fragmentes ist durch die Überlieferung stark verderbt, jedoch durch die Konjekturalphilologie soweit wiederhergestellt worden, dass sich Inhalt und Metrum weitgehend erkennen lassen: Ein Sprecher, der am Ende des Fragments Dionysos als efeubekränzten Herrn apostrophiert, wendet sich gegen den Lärm der FlöteFlöte und beansprucht nachdrücklich die führende Rolle im Preislied des als Bromios bezeichneten Dionysos für sich. Metrisch lässt sich eine Abfolge von aufgelösten AnapästenAnapaestus, DaktyloepitritenDaktyloepitriten, TrochäenTrochaeus, noch einmal AnapästenAnapaestus, Trochäen sowie JambenIambus mit einem abschließenden IthyphallicusIthyphallicus beobachten:10

      Was ist das für ein Lärm? Was sind das für Tänze? Welcher Frevel näherte sich dem laut schallenden Altar des Dionysos? Mein, mein ist Bromios. [5] Ich muss lärmen, ich muss schwärmen, durch die Berge stürzend zusammen mit den Najaden und wie ein Schwan anstimmend die buntgeflügelte Melodie der Gesänge. [10] Die FlöteFlöte aber soll später zum TanzTanz aufspielen. Sie ist nämlich Dienerin. Nur für türstürmende Komoi und Boxkämpfe von betrunkenen jungen Männern mag sie [15] Anführerin sein wollen. Schlage ihn, der den Atem des bunten Phryneos hat; verbrenne den rohrverderbenden, den lautes Geschwätz donnernden, den Rhythmus überschreitenden [20], vom Drillbohrer geformten Tagelöhner. Du aber, Thriambodithyrambos, efeubekränzter Herr, höre mein dorisches TanzliedTanz.

      Das Fragment wird von einigen Vertretern der Forschung einem SatyrspielSatyrspiel des ausgehenden 6. Jahrhunderts zugewiesen,Dithyrambos11 von anderen, namentlich Bernhard Zimmermann, einem Dithyrambos der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts.Chor12 Hier zeigt sich die Schwierigkeit, das Hyporchema von anderen Arten von Chorliedern zu unterscheiden. Insbesondere die Nähe zum DithyrambosDithyrambos und zum PaianPaian scheint groß. Die Verwandtschaft zum Paian wird dadurch deutlich, dass ein Paian PindarPindar und pindarische Dichtungs über Jahrtausende als Hyporchema gelten konnte, bis er als Paian identifiziert wurde, und dass in der Antike darüber gestritten wurde, ob Xenodamas von KytheraXenodamas von Kythera Hyporchemata und PaianPaiane gedichtet habe oder nur Hyporchemata, wobei ein von ihm überliefertes Lied eindeutig als Hyporchema zu gelten habe (Pseudo-Plutarch, De musica 1134c4–d3PlutarchDe musica).TanzPindar und pindarische Dichtung13 Dadurch, dass dem Exponenten erhabener und pathetischer griechischer Lyrik, d.h. Pindar, Hyporchemata zugeschrieben wurden (Athenaios 14,631c), konnte diese Form mit Pathos konnotiert werden.

      Noch nebulöser als die Vorstellungen, die ein Altphilologe zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Hyporchema haben konnte – die referierten Ausführungen beruhen im Wesentlichen auf dem RE-Artikel von Ernst Diehl –, waren offensichtlich diejenigen des Arztes, Literaturhistorikers, Literaturkritikers und Dichters Iulius Caesar ScaligerScaliger, Julius Caesar. Scaliger widmet dieser Lied-Form im 47. Kapitel des 1. BuchesScaliger, Julius CaesarPoetices libri septem seiner Poetices libri septem zwar einen eigenen Abschnitt, beschränkt sich aber auf eine Charakterisierung des Hyporchema als lockerer (laxius) und zwangloser (remissius) als der DithyrambosDithyrambos, dem es nahestehe, sowie als voller Bewegung (gestuosum) und Leidenschaft (affectuum plenum)Pratinas-Fragment14 – also durchaus als pathetisch – und schließt an diese Charakterisierung das Zitat des Pratinas-Fragmentes aus Athenaios an, wie