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Neulateinische Metrik


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in Douai 1593, gehört zum Umkreis des Ordensdramas, hat aber nicht vorwiegend rhetorisch-stilistische Zwecke oder eine moralisch-erzieherische Absicht, sondern gehört zu der katholischen Propaganda gegen die anglikanische KircheRoulers, Adrien44 und gegen Königin Elisabeth, die ihre Thronkonkurrentin Maria Stuart, Königin von Schottland, nach neunzehnjähriger Gefangenschaft in der Festung Fotheringhay im Jahr 1587 hatte zum Tode verurteilen und durch Enthauptung hinrichten lassen. Maria Stuart wurde zur Märtyrerin erklärt, aber Roulers hatte seine schon sechs Jahre nach der Hinrichtung verfasste Stuarta nicht nach dem mittelalterlichen Genus der fabula sacra konzipiert, sondern als historisches Drama, dessen Quellen der Dichter in seinem ausführlichen Vorwort aufzählt.45

      Die mit der Quellenlage gegebene Vielteiligkeit der Ereignisse und die große Zahl der beteiligten Personen veranlassten RoulersRoulers, Adrien, die Fünfaktstruktur des Dramas von innen aufzubrechen. Denn die Bauform der Akte ist völlig verschieden, wenn auch der iambische TrimeterIambusTrimeter für alle Monologe und Dialoge das tragende Medium der dramatischen Handlung bleibt. Die ersten drei Akte bestehen aus je zwei Szenen, die auf zunehmenden Kontrast angelegt sind.

      Der 1. Akt ist geprägt von den drei langen Monologen der Unterweltserscheinung Heinrichs VIII. und der Königin Elizabeta, im zweiten Teil von der Auseinandersetzung zwischen ihr und ihrem Vertrauten, Dudelaeus (Dudley, Graf von Leicester), der um Schonung der gefangenen Gegnerin bittet. Das den 1. Akt beschließende ChorliedChor ist polymetrischPolymetrie aufgebaut: In 16 daktylische HexameterHexameterDactylusHexameter sind vier iambische DimeterIambusDimeter, drei alkäischeAlcaicus und acht asklepiadeischeAsclepiadeus Verse eingefügt. Die Verskombination zielt auf einen ruhigen, feierlichen Ausdruck.

      Der 2. Akt beginnt mit einem überlangen Monolog der Stuarta von 141 Versen und einem ruhigen, in längerer Rede geführten Gespräch zwischen ihr und ihrem Arzt, dem der Streit zwischen ihr und Amias Paulet, dem Kommandanten der Festung von Fotheringhay, folgt. Er wird heftig und mit verbissener Ironie in ausgedehnter Stichomythie und mehreren Antilabai geführt.Roulers, AdrienStuarta tragoedia

Amias Perdis Britannos.
Stuarta Et volo fieri meos?
Amias Cur ergo clam conubia Norfolci ducis?
Stuarta Conubia certo nulla sine teste ambii. 510
Amias Quis ad illa testis?
Stuarta Quisquis auspex et mei
Moravius ipsa pestis imperii nothus.
Amias Quo more testem mortuum produxeris?
Stuarta Idoneus, dum vixit, haud umquam exstitit.
Amias Non clam sorore coeptus hymenaeus fuit? 515
Stuarta Quem nesciebat nemo concilii virum?
Visuntor actaque tabulaeque publicae,
descripta pacto nomina auctorum leges,
ubi quisque testes addidit scripto manus.

      Am.: Du verdirbst die Briten. / St.: Und ich will, dass sie meine Untertanen werden? Am.: Warum also heimlich die Ehe mit Herzog Norfolk? St.: Ich habe keine Ehe ohne sicheren Zeugen geplant. Am.: Wer ist der Zeuge dafür? / St.: Jeder, der Priester war, und Moravius selbst, der Bastard, das Verderben des Reiches. Am.: Wie könntest du einen toten Zeugen vorführen? St.: Geeignet war er niemals, solange er lebte. Am.: War die Ehe nicht heimlich vor der Schwester begonnen worden? St.: Dem Manne, den alle Mitglieder des königlichen Rates kannten. Man inspiziere die staatlichen Protokolle und Akten. Da wirst du die dem Vertrag beigefügten Namen lesen, wo jeder als Zeugnis seine Unterschrift dem Text beigefügt hat.

      Den Abschluss bildet das nun in erregten anapästischen DimeternAnapaestusDimeter gehaltene Lied des GefangenenchoresChor.SenecaAnapaestus46

      Im 3. Akt verabreden die zwei Kommandanten von Fotheringhay die Intrige mittels eines gefälschten Briefes, mit der Maria Stuart der Verschwörung gegen Königin Elisabeth überführt werden soll. Es folgt sofort die Szene, in der Buccardus (Lord Buckhurst) die schottische Königin mit dieser Beschuldigung konfrontiert. Die Szene schließt diesmal mit einem etwas längeren Monolog der Stuarta und einem feierlichen Klagelied des ChoresChor in 11 sapphischen StrophenSapphicus.

      Im 4. Akt verkündigt Amias Paulet der Gefangenen das Todesurteil und fordert sie auf, die Insignien ihres Standes abzulegen. In das Gespräch mischen sich erst ihr Arzt, dann der Chor ein, der hier als handelnde Person in iambischen Trimetern spricht, schließlich als vierte sprechende Rolle Scherusbericus (Graf von Shrewsbury), der mit der Hinrichtung beauftragt ist. Als dieser ihr als geistigen Beistand einen anglikanischen Priester anbietet, trifft er auf ihren flammenden Protest. Den Abschluss des 4. Aktes bildet das mit 97 Versen längste ChorliedChor dieser Tragödie, eine Klage über das Unrecht in der Welt und das unverdiente Schicksal der Stuarta. Mit Stimmung und Inhalt wechseln die Metra von AsklepiadeenAsclepiadeus zu GlykoneenGlyconeus und schließlich zu erregten anapästischen DimeternAnapaestusDimeter.

      Das dramatische Crescendo steigert sich im 5. Akt, an dem nicht weniger als neun sprechende Rollen und der Chor und, aus ihm hervortretend, zwei puellae, also junge Hofdamen, beteiligt sind. Sie treten nacheinander auf und füllen mehr und mehr die Szene. Die Handlung schreitet so kontinuierlich fort, dass eine Gliederung nach traditionellen Szenen nicht mehr beabsichtigt scheint. Lange Gebete der Stuarta, Streitgespräche, die Verlesung des Todesurteils in daktylischen HexameternDactylusHexameter, die ‚Mauerschau‘ der Hinrichtung, die Zurschaustellung der geköpften Leiche und die Klagen der Hofdamen ergeben ein dramatisch bewegtes Ganzes. Die Schlussworte sprechen im Wechsel die zwei Hofdamen in iambischen TrimeternIambusTrimeter. So fehlt der übliche versöhnliche Ausklang eines lyrischen oder anapästischenAnapaestus ChorliedesChor.

      RoulersRoulers, Adrien hat die Verskunst zur Vollendung geführt und besonders in den ChorliedChorern mit vielen Zitaten aus SenecaSeneca und HorazHoraz dem Geschehen Emphase verliehen, sich aber in der Verskomposition und der Dramaturgie weit von dem literarischen Vorbild entfernt.

      Anhang

      Als Beispiel für die Verspraxis der Komödie des 16. Jahrhunderts sei hier Georgius MacropediusMacropedius, Georgius’ RebellesMacropedius, ሴiሴGeorgiusRebellesሴiሴ (1535) herausgegriffen. MacropediusMacropedius, Georgius verlieh seinen Komödien eine schlichte Form, weil er sie für die Lektüre der Jugend schrieb und von Schülern aufführen lassen wollte. Im Vorwort hebt er seine pädagogischen Zwecken dienende Sorgfalt in der lateinischen Prosodie von der Regellosigkeit seiner Vorgänger ab und will sich nur wenige Lizenzen in HiatHiaten, SynaloephenSynaloephe usw. gestatten.

      Macropedius’ Verse wirken einförmig, weil er anders als PlautusPlautus und TerenzTerenz nur wenige geteilte LongaLongum, geteiltes“ und BreviaBreve, geteiltes“ (83, 87, 88, 91, 92, 93) und ElisionElisionen zulässt.HiatAnapaestuszerrissenerSynizeseTerenz1 So wirkt der Versbau eher senecanisch als plautinisch. Die Wortwahl zeigt einige Anklänge an die Sprache der Komiker. Mit der Anspielung auf Terenz, Adelphoe 57–58 in V. 95 lässt er seine Kenntnis der antiken Komödie durchblicken. Der Satzbau wirkt eher prosaisch. Doch das EnjambementEnjambement versteht er wie in 85–86 durchaus effektvoll