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Neulateinische Metrik


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SenecasSeneca angeregt worden war, die damals gerade in der Bibliothek von Pomposa entdeckt worden waren.Mussato, ሴiሴAlbertinoEcerinis18 Mussatos Ecerinis wurde, wie die große Zahl der Handschriften belegt, zum neuen Gattungsvorbild, seine metrische Praxis zur neuen Norm.IambusTrimeter19 Die Dialog- und Monologverse sind iambische Trimeter, die er im Stil SenecaSenecas, jedoch ohne je in einen CentoCento zu verfallen, meistert – mit Ausnahme der vorhin bei TelesioTelesio, AntonioImber aureus beobachteten, aber bei Mussato Mussato, Albertinoviel selteneren Varianten, den über die Wortgrenzen geteilten LongaLongum, geteiltes“ oder BreviaBreve, geteiltes“. Der erste Fall ist erst in V. 7 zu verzeichnenMussato, AlbertinoEcerinis:

Quodnam cruentum sidus Arcthoo potens
Regnavit orbe, pestilens tantum michi,
Gnati, nefando flebiles cum vos thoro
Genui. Patris iam detegam falsi dolos
Infausta mater. Non diu tellus nefas 5
Latere patitur; durat occultum nihil.
Audite nullo temporè negandum genus,
Devota proles. Arx in excelso sedet […]

      Denn das blutige Sternbild, das machtvoll am Nordhimmel herrschte, war nur für mich Verderben bringend, als ich euch, ihr beweinenswerten Kinder, in einem verbrecherischen Bett gebar. Ich, die unglückselige Mutter, werde nun die Listen des falschen Vaters aufdecken. Die Erde lässt ein Verbrechen nicht lange im Verborgenen. Nichts Geheimes ist dauerhaft. Hört, ihr fluchbeladenen Kinder, dass eure Abstammung niemals zu leugnen ist. Eine Burg thront auf der Höhe […]

      Auch die dramatische Struktur übernimmt MussatoMussato, Albertino trotz der Kürze von nur 628 Versen weitgehend aus SenecaSeneca. Die Ecerinis ist in fünf, freilich sehr ungleich lange Akte zu 1–3 Szenen gegliedert, die durch vier Chöre in lyrischen Maßen – GlykoneenGlyconeus, SapphikerSapphicus, AsklepiadeenAsclepiadeus und sapphische StrophenSapphicus – geteilt werden. Den Abschluss bildet ein kurzes (sechstes) ChorliedChor in AnapästenAnapaestus. Für alle Metra konnte MussatoMussato, Albertino Vorbilder in SenecaSenecas Tragödien finden, ohne sich der Reihenfolge einer von ihnen anzuschließen. Er wagte jedoch auch kein polymetrischesPolymetrie ChorliedChor. Vor allem aber im Gehalt wich er weit von Seneca ab. All das wurde zur neuen Gattungsnorm.20

      Seine Verspraxis fasste Mussato nach der Veröffentlichung der Ecerinis Mussato, AlbertinoEcerinisin einer kurzen Abhandlung über SenecasSeneca Metrik zusammen, in der er die Lizenzen des iambischen TrimetersIambusTrimeter beschrieb: Im 1. Fuß kann außer dem IambusIambus ein SpondeusSpondeus, AnapästAnapaestus, DactylusDactylus, TribrachysTribrachys oder ProkeleusmaticusProceleusmaticus stehen, im zweiten nur IambusIambus oder TribrachysTribrachys usw.Longum, geteiltes“21 Aber mit dieser Methode erfasste er nicht die Regeln für die Wortenden beim geteilten Longum und BreveBreve, geteiltes“, wie sie in den heutigen Metriken formuliert sind, für die Komödie am besten von Stockert, für die gesamte szenische Metrik von Zgoll.Diomedes22 Doch weder die antiken MetrikerDonatServiusVictorinus, MariusAtilius FortunatianusCaesius BassusTerentianus MaurusMarius Plotius SacerdosSeneca23 noch der Seneca-Kommentar des Nicolaus TrevetusTrevetus, Nicolaus (1259–1329)Poliziano, Angelo24 boten in dieser Frage irgendeine Hilfe. Die Erkenntnisse der Renaissance zur antiken Metrik, z.B. Angelo Polizianos in seinem Versprolog zur Ausgabe der MenaechmiErasmus von RotterdamDe metris25 und die Abhandlung des Erasmus über die Metra des Terenz (s.o.), kamen für die Verspraxis des 15. und 16. Jahrhunderts zu spät oder boten wie Scaligers PoetikScaliger, Julius Caesar26 kein detailliertes Regelsystem für die Metrik.

      Doch 75 Jahre nach Mussatos Ecerinis, im Jahr 1390, hatte Antonio LoschiLoschi, Antonio, vermutlich dank genauerer Beobachtung der Verspraxis Senecas, dieses Problem überwunden.Loschi, AntonioAchiles27 Seine um 1390 verfasste Tragödie Achiles (sic!) stellt in dieser Hinsicht einen Fortschritt dar, in anderer jedoch einen Rückschritt. Die Fehlerlosigkeit seiner iambischen TrimeterIambusTrimeter – in den 940 Versen des Achiles habe ich nur drei missglückte entdeckt (356, 473 und 474) – verdankt er einer perfekten StilimitationImitation, die sich immer wieder dem CentoCento nähert. Schon im ersten Vers lässt er deutlich genug den Anfang der senecanischen MedeaሴiሴSenecaMedeaሴiሴ anklingenLoschi, AntonioAchiles.28

O coniugales horridas Troie faces,29
Quas profuga coniunx numine infausto tulit,
Thalamos secutas regius puppes cruor
Cuius pelasgas solvit! Immites deos
Placare potuit cede virginea cohors 5
Argiva? Ratibus mille suffecit caput?

      O Hochzeitsfackeln, für Troja schaudervoll, die die geflohene Ehefrau [Helena] unter unheilvollen Vorzeichen trug, [und sie, d.h. Iphigenie], deren königliches Blut die griechischen Schiffe, die der Ehe folgten, befreite. Vermochte das argivische Heer die unerbittlichen Götter mit dem Blut einer Jungfrau zu besänftigen? Genügte für tausend Schiffe ein (einziges) Haupt?

      Aber damit wird deutlich, dass er überhaupt eine senecanische Tragödie schreiben wollte: Er behandelt einen antiken Mythos, den Tod des Achilleus durch die List des Paris, worin er der bei Hyginus, myth. 110, und Dares, dem spätantiken Verfasser des Troja-Romans De excidio Troianorum, überlieferten hellenistischen Variante folgte, und verlässt an keiner Stelle den Stoff, die Gedankenwelt und Dramaturgie seines antiken Vorbildes. Nur die Orthographie, v.a. die der Eigennamen, ist noch ganz mittelalterlich.30

      In ähnlich nahem Anschluss an SenecaSeneca verfasste dreieinhalb Jahrzehnte später, im Jahr 1426 oder 1429, Gregorius Corrarus (Gregorio Correr) seine Progne-Tragödie, ein Schauerdrama nach Ovids Metamorphosen.31

      Diese vollständige Seneca-ImitationSenecaImitation erwies sich jedoch als eine literarische Sackgasse. Jeder der folgenden neulateinischen Tragödiendichter versuchte sich in neuen Inhalten und Formen. Die einzigen Konstanten blieben der iambische TrimeterIambusTrimeter mit den schon erwähnten Lizenzen, die Fünfaktstruktur und die eingeschobenen ChorliederChor in den erprobten lyrischen Maßen, die wie schon im Mittelalter fast fehlerlos beherrscht wurden.

      Im 16. Jahrhundert schwoll die Zahl der lateinischen Dramen immer mehr an. Sixt BirckBirck, Sixt (1500–1554), Gymnasialdirektor in Augsburg, übersetzte seine für den Unterricht gedachten Bibeldramen nachträglich aus dem Deutschen ins Lateinische. Die belehrende Absicht wird schon im erweiterten Titel seiner IudithBirck, SixtDrama comicotragicum Iudith ausgesprochen. In der Metrik folgte er, ob aus mangelnder Fähigkeit oder wegen der schulischen Verwendbarkeit, geradezu ängstlich nur der einen Hauptregel des iambischen TrimetersIambusTrimeter, die er fehlerlos und ohne die bisherigen Lizenzen anwandte. Er beschränkte sich jedoch mit nur wenigen Ausnahmen auf reine IambenIambus bzw. SpondeenSpondeus und ließ nur sehr selten die Teilung von LongaLongum, geteiltes“ und BreviaBreve, geteiltes“, niemals ElisionenElision zu. Zum Eindruck der Gleichförmigkeit der Verse trägt der fast durchgehende Zeilenstil bei. Prosodische Fehler wie in V. 10 vulneribus sind außerordentlich rar. Vgl. den PrologBirck, SixtDrama comicotragicum Iudith:

Plerisque controversia est mortalibus,
nec dum ratum, vel expeditum mentibus,
num fas sit arma Christiano sumere.
Mundus furit, nec ullum fit piaculum,
in quoslibet ferrum