Wolfgang Wehowsky

Die Rentenberatung


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Die Grundrente ab 01.01.2021 – als Kurzüberblick für den schnellen Leser

      Zunächst ist festzuhalten, dass die Grundrente keine eigene Rentenart darstellt, sondern als Zuschlag zu einer Versicherten – und Hinterbliebenenrente nach den Bestimmungen des neu eingefügten § 76 g SGB VI ermittelt wird.

      Von den Regelungen im Grundrentengesetz sind insbesondere langjährig Versicherte in prekären Einkommensverhältnissen betroffen. Zur Verbesserung ihres Lebensstandards sind folgende Verbesserungen getroffen worden:

      1 Einführung einer Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und

      2 Einführung eines Rentenfreibetrages beim Wohngeld, in der Grundsicherung für Arbeitsuchende des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und in den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung.

       Bestandteile des Grundrentenzuschlags

      Die Grundrente für langjährige Versicherung begünstigt Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen während ihres Erwerbslebens. Sie ist als Rentenzuschlag konzipiert und nicht von der Feststellung einer Bedürftigkeit – wie dies in sozialen Fürsorgesystemen der Fall ist – abhängig. Die Bundesregierung hat diesbezüglich im Grundrentengesetz folgendes ausgeführt: „Es ist letztlich eine Frage der Gerechtigkeit, dass Menschen nach einem langen Arbeitsleben, der Erziehung von Kindern sowie der Pflege von Angehörigen oder anderen pflegebedürftigen Menschen trotz einer nur kleinen Rente auch in bedürftigkeitsabhängigen Fürsorgesystemen besser dastehen müssen als diejenigen, die wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet und entsprechend wenig oder gar nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.“

      Die Grundrente gibt es unter folgenden Voraussetzungen:

      Wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen, das sind vor allem Zeiten, in denen Pflichtbeiträge aufgrund einer Erwerbstätigkeit, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet wurden, erhöht sich die Rente um einen Zuschlag, wenn die Entgeltpunkte im Erwerbsleben unterdurchschnittlich – aber nicht unter 30 vom Hundert des durchschnittlichen Arbeitsentgelts – gelegen sind. Dabei wird der Grundrentenzuschlag in einer Staffelung von 33 bis 35 Jahren ansteigend ermittelt. Dadurch erhalten auch Versicherte mit weniger als 35 Jahren Grundrentenzeiten einen etwas geringeren Zuschlag. Die Grundrente richtet sich nach der Höhe der erworbenen Entgeltpunkte. Politisch wird dies damit begründet, dass eine langjährige Beitragszahlung zur Rentenversicherung auch bei unterdurchschnittlichem Einkommen zu einer Rente führen solle, die die erbrachte Lebensleistung respektiert und anerkennt. Die Summe der Grundrentenzeiten begründen den Anspruch auf den Zuschlag. Eine Berechnung erfolgt aber nur aus den Entgeltpunkten, die den Grundrentenbewertungszeiten zugeordnet werden können. Die Höherbewertung ist auf insgesamt 35 Jahre (420 Monate) an Bewertungszeiten begrenzt (Näheres hierzu unter Kapitel 14 des Buches).

      Insgesamt werden nach den Annahmen des Gesetzgebers rund 1,3 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren, davon rund 70 Prozent Frauen. Allerdings sollen diejenigen Personen keine Grundrente erhalten, deren Arbeitsentgelte häufig lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten, wie dies insbesondere bei „Minijobbern“ der Fall ist. Um die Zielgenauigkeit der Grundrente zu erhöhen, besteht ein Anspruch auf die Grundrente nur dann, wenn ein Entgelt von mindestens 30 Prozent des Durchschnittsentgelts versichert worden ist (z.B. 2021 jährlich 12.462 € Bruttoarbeitsentgelt).

       Keine Bedürftigkeitsprüfung aber Einkommensanrechnung

      Nach Berechnung des Grundrenten-Zuschlages erfolgt die Feststellung des Grundrentenbedarfes. Dazu findet eine Einkommensprüfung nach § 97a SGB VI statt. Die nachfolgend genannten Freibeträge für Alleinstehende bzw. Eheleute oder Lebenspartner beziehen sich alle auf das Einführungsjahr 2021 und sind bis zum 30.06.2022 verbindlich. Dabei gilt zunächst ein Einkommensfreibetrag in Höhe von monatlich 1 250 € (= 36.56-fache des aktuellen Rentenwertes) für Alleinstehende und 1 950 € (= 57,03-fache des aktuellen Rentenwertes) für Eheleute oder Lebenspartner, bis zu dessen Grenze keine Anrechnung vorgenommen wird. Übersteigt das Einkommen aber den Freibetrag, wird die Grundrente um 60 Prozent des den Freibetrag übersteigenden Einkommens gemindert. Übersteigt das Einkommen von Alleinstehenden zudem einen oberen Freibetrag von monatlich 1 600 € (= 46,78-fache des aktuellen Rentenwertes), ist zusätzlich das über dieser Grenze liegende Einkommen zu 100 Prozent auf die Grundrente anzurechnen. Für Eheleute oder Lebenspartner erfolgt die Anrechnung von Einkommen zu 100 Prozent ab Überschreiten eines Betrages von monatlich 2 300 € (= 67,27-fache des aktuellen Rentenwertes). Einkünfte von Ehegatten oder Lebenspartnern sind dabei unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie sich steuerlich zusammen oder einzeln veranlagen lassen. Für die Einkommensprüfung wird auf das zu versteuernde Einkommen abgestellt. Daher wird das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfreien Teils der Rente beziehungsweise eines Versorgungsfreibetrages und der Einkünfte aus Kapitalvermögen oberhalb des Sparer-Pauschbetrages zugrunde gelegt. Die für die Grundrente vorgesehene Einkommensprüfung soll sowohl für die Versicherten als auch für die Verwaltung unbürokratisch in Form einer automatischen Übermittlung ausgestaltet werden. Die Übermittlung des zu versteuernden Einkommens kann dann in der Regel ohne Verwaltungsaufwand für den Rentner durch einen automatisierten Datenabgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden erfolgen. Dabei werden auch Kapitaleinkünfte berücksichtigt, soweit sie beim Datenabgleich übermittelt werden. Einkünfte aus Kapitalvermögen, die jedoch nicht im zu versteuernden Einkommen enthalten sind, müssen von den Berechtigten der Rentenversicherung direkt vorgelegt werden. Bei vergleichbaren ausländischen Einkünften existiert kein automatisches Datenabrufverfahren. Hier müssen die RV-Träger auch eigenverantwortlich tätig werden.

      Die Träger der Rentenversicherung rufen, sobald die umfangreichen technischen Voraussetzungen für einen geschützten Datentransfer geschaffen sind, die Höhe des zu versteuernden Einkommens der Rentnerinnen und Rentner und gegebenenfalls ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, unmittelbar bei den zuständigen Finanzbehörden in einem automatisierten Verfahren ab. Bei den zu versteuernden Einkommen wird auf die Beträge des vorvergangenen Jahres für die Einkommensanrechnung zurückgegriffen. Liegt kein zu versteuerndes Einkommen aus dem vorvergangenen Kalenderjahr (für 2021 das Jahr 2019) vor, wird ersatzweise auf das vorvorvergangene Kalenderjahr (2018) abgestellt.

      Die Einkommensüberprüfung wird einmal jährlich zum 01. Januar wiederholt, um entsprechende Einkommensentwicklungen zu berücksichtigen. Die Freibeträge werden zwar mit der Rentenanpassung zum 01.07. eines jeden Jahres dynamisiert, aber bei der Einkommensanrechnung frühestens zum 01.01. des nächsten Jahres zugrunde gelegt. Sofern in einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft beide Partner grundrentenberechtigt sind, wird bei beiden Rentnern jeweils der erhöhte Freibetrag für Paare angerechnet. Dem steht dann der individuell ausgerechnete Grundrentenzuschlag gegenüber.

       Verbesserung der Grundsicherung nach SGB II und XII

      Die Grundrente wird nicht in allen Fällen ein Alterseinkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehungsweise oberhalb des Grundsicherungsbedarfes gewährleisten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch hohe Wohnkosten – insbesondere in den Städten – relativ hohe individuelle Bedarfe in der Grundsicherung entstehen. Daher ist vorgesehen, dass auch diese Personen tatsächliche Einkommensverbesserungen erfahren. Mit der Einführung eines Rentenfreibetrages beim Wohngeld, in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) sowie den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung wird erreicht, dass die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Anrechnung durch andere Sozialleistungen aufgezehrt wird. Für die Fürsorgesysteme ist keine der Grundrentenregelung entsprechende Staffelung von 33 Jahren bis zu den vollen 35 Jahren an Grundrentenzeiten vorgesehen. (Näheres hierzu unter Kapitel 15 des Buches).