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Das Neue Testament - jüdisch erklärt


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Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, übergebührliche Praxis. Bezüglich jüdischer Fastenbräuche vgl. Anm. zu 5,33; PsSal 3,9; Did 8; Tac.hist. 5,4; Suet.Aug. 76,3; MegTaan. 18,13 Schlug an seine Brust, symbolisiert hier Reue (wie es auch im Judentum am Jom Kippur üblich ist, wenn das ‘al chet, das Sündengebet, gesprochen wird) und nicht Trauer (vgl. z.B. Nah 2,8). 18,14 Gerechtfertigt, wieder in eine ungestörte Beziehung zu Gott gesetzt. Nicht jener, das Griechische könnte auch mit „neben“ übersetzt werden und würde dann bedeuten, dass beide gerechtfertigt waren. Wer sich selbst erhöht, vgl. Lk 13,30; 14,11; Mt 23,12.

      Manche Leserinnen und Leser qualifizieren den Pharisäer als heuchlerisch, scheinheilig und legalistisch ab und identifizieren sich im Gegenzug mit dem Zöllner als dem bußfertigen, demütigen und gerechtfertigten Sünder. Dieses Verständnis ist nicht erstaunlich angesichts der Tatsache, dass Lukas zuvor zahlreiche böswillige Pharisäer und mehrere bewundernswerte Zöllner beschreibt. Sobald die Leserinnen und Leser sich jedoch entschlossen haben, sich mit dem Zöllner zu identifizieren und den Pharisäer abzulehnen, führt das Gleichnis sie in die Falle: In Anlehnung an Lk 18,11 zu schlussfolgern, „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie … dieser“ Pharisäer, bringt die Leserinnen und Leser in genau die Position, die sie verdammen. Vielmehr übersieht diese Interpretation die vielen herausragenden Eigenschaften des Pharisäers: Almosengeben, Fasten und Dankbarkeit ohne die Erwartung einer Gegenleistung.

      Andere Leserinnen und Leser nehmen an, dass der Zöllner „ferne“ (Lk 18,13) steht, weil andere Betende ihn ausgrenzen oder glauben, er sei kultisch unrein. Das Gleichnis sagt aber nichts von Ausgrenzung oder Unreinheit; im Gegenteil: Um das Tempelgelände betreten zu können, muss man rituell rein sein. Selbst wenn er ausgegrenzt wäre, wäre der Grund dafür nicht Unreinheit, sondern seine Tätigkeit: Er arbeitet für die Römer, die Besatzungsmacht.Noch andere meinen, der Tempel sei ein elitäres, xenophobes, misogynes und vollständig korruptes „Herrschaftssystem“, das Jesus ablehne. Auch dieses Stereotyp konterkariert das Gleichnis, insofern Buße und Versöhnung eben gerade im Tempel geschehen.Wir sollten eher den Pharisäer als Hilfe für den Zöllner betrachten. Wie die Sünde eines Mitglieds die ganze Gemeinschaft verunreinigt (daher z.B. auch „Vergib uns unsere Sünden“ [Lk 11,4] und nicht „vergib mir meine Sünden“), so können auch die Verdienste des einen Gerechten der ganzen Gemeinde zugute kommen (s. Gen 18,24–33; daher auch eine Interpretation des Kreuzes Christi: das Opfer eines Einzelnen kann die Vielen retten). Juden, die dieses Gleichnis zum ersten Mal hörten (besonders wenn Lk 18,14b, ein Vers, der an verschiedenen Stellen im Evangelium vorkommt, nicht ursprünglich zum Gleichnis gehörte, s. Lk 14,11; Mt 23,12), könnten die Verdienste des Pharisäers durchaus so verstanden haben, dass sie den Zöllner beeinflussen. Dies wäre der überraschende Moment des Gleichnisses: Nicht nur, dass der Vertreter Roms gerechtfertigt wird, sondern auch, dass die guten Werke des Pharisäers bei dieser Rechtfertigung hilfreich waren.

       Lk 18,15–17 Kleine Kinder (Mt 19,13–15; Mk 10,13–16) 18,15 Brachten auch kleine Kinder, vgl. Anm. zu 8,42. Anrühren, um sie zu segnen und/oder zu heilen. Fuhren sie ihn an, die christlichen Kommentare, die andeuten, dass man sich im Judentum nicht um Kinder gekümmert habe, und in den Jüngern Repräsentanten dieser vermeintlich jüdischen Kultur erblicken, übersehen, dass es jüdische Eltern und Bezugspersonen sind, die ihre Kinder zu Jesus bringen. 18,17 Wie ein Kind, in Abhängigkeit, ohne Hochmut.

       Lk 18,18–30 Der reiche Obere (Mt 19,16–30; Mk 10,17–31) 18,18 Guter Meister, eine respektvolle Anrede. Ewiges Leben ererben, vgl. Anm. zu 10,25. 18,19 Jesus grenzt sich von Gott ab; vgl. Anm. zu 1,17; Lk 4,8;