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Das Neue Testament - jüdisch erklärt


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89,27–28). 1,2–8 Jesaja, eines der biblischen Bücher, das im Judentum – die Anhängerschaft Jesu eingeschlossen – am häufigsten zitiert wurde, aber das Zitat im MkEv beginnt tatsächlich mit Mal 3,1; Matthäus (Mt 3,3) und Lukas (Lk 3,4–6) korrigieren diese Fehlzuschreibung, indem sie „Siehe […] deinen Weg“ auslassen. Markus könnte diese Texte aus der „Testimonienliteratur“ gekannt haben, in der Verse zu einem bestimmten Thema zusammengestellt wurden; in diesem Fall zum Sujet des „Weges Gottes“. „Weg“ ist ein terminus technicus im griechischen, jüdischen und christlichen ethischen Diskurs, bei dem es um die Entscheidung für den guten Weg geht; dieser ist allerdings meist mühevoller als der unmoralische und einfachere Weg. Die Wege Gottes werden in biblischen Perikopen wie Dtn 5,33 und Jer 7,23 herausgestellt. Das Wort „Weg“ (gr. hodos) kann mit den jüdischen Vorstellungen der Halacha (also „wie jemand geht“) und des derech erez (übers. „der Weg des Landes“, vgl. Jub 12,21; 4Esr 7,12-13; Derech Erez Rabba) verglichen werden; äthHen 71,17 spricht von dem „ebene[n] Weg“ des Menschensohns. Nach Apg 9,2 bezeichneten sich die frühen Anhänger Jesu nicht als Christinnen und Christen, sondern als „Anhänger dieses Weges“. Deshalb hörte die Leserschaft des MkEv den Täufer eventuell nicht nur den richtigen „Weg“, sondern vielmehr den „Weg Jesu“ verkündigen. In seinem eigentlichen Kontext prophezeit Jes 40,3 eine Straße in der Wüste, auf der die Exilierten direkt von Babylon nach Jerusalem zurückkehren können. 1,4–5 Johannes, initiierte eine Bewegung, die – indem er Umkehr und Vergebung predigte (Mk 1,15) – der Jesusbewegung sehr ähnlich war. Es gibt sowohl in der israelitischen als auch der jüdischen Überlieferung die Tradition eines Paares aus zwei einander beigeordneten bedeutenden Anführern – Mose und Aaron, David und Jonathan, Elia und Elisa, Esra und Nehemia, Jeschua und Serubbabel, Hillel und Schammai; vgl. auch Petrus und Paulus in der Apostelgeschichte. In allen vier Evangelien sind Jesus und Johannes eng verbunden, wenngleich die Art der Verbindung unterschiedlich ist. Im MkEv beginnt das Wirken Jesu mit Johannes, übertrifft diesen aber; trotzdem ist der Tod des Johannes bedeutsam für die Anhänger Jesu und deutet auf Jesu Tod voraus (vgl. Mk 6,29; 15,45f.). 1,4 Der Tanach erwähnt Reinigungsriten mit Wasser (vgl. Lev 13,6; 15,5–10); während der Zeit des Zweiten Tempels stieg das Interesse an solchen Riten: Jdt 12,7–9 (ca. 100 v.u.Z.) erwähnt Bäder als Reinigungsmaßnahme. Zum Zweck der rituellen Immersion begegnen nach und nach Tauchbecken (hebr. miqwaot) an verschiedenen Orten, v.a. im südlichen Galiläa. Vgl. auch Jos.Bell. 2,130–32; bBer 53b. Ausgedehnte Zisternen und Wasserkanäle in Qumran spiegeln die rituellen Bäder wider, die in 1QS 5–6 erwähnt werden. Taufe der Buße, ein rituelles Bad, dessen Durchführung die Vergebung der Sünden herbeiführen sollte. Damit führt Johannes einer üblichen Praxis eine neue symbolische Dimension zu: Das Ritual dient nicht mehr (nur) der Befreiung von Unreinheit (z.B. aufgrund von Menstruation oder dem Kontakt mit einer Leiche), sondern fungiert als öffentliches Zeugnis der Buße und der Vorbereitung auf das Einbrechen des Reiches Gottes. 1,6 Johannes der Täufer wird als neuer Elia dargestellt (Mk 9,13; 2Kön 1,8). 1,8 Mit dem heiligen Geist taufen, vielleicht ein Reflex frühchristlicher Praktiken (Apg 2,1–4; 8,14–17). 1,9–11 Die Rabbinen bezeichnen Worte vom Himmel als bat qol, übers. „Tochter der Stimme“ (tSot 13,2; bEr 13b); an dieser Stelle sind die Worte von Ps 2,7 und Jes 42,1–2 beeinflusst: Der Psalm zeichnet eine königliche Adoption – sobald der davidische König gesalbt ist, wird er ein Sohn Gottes. Jesus wird von den Jüngern nie als „Sohn Gottes“ bezeichnet, erhält diese Titulatur jedoch von Gott und wird von unreinen Geistern (Mk 5,7), von jüdischen Autoritäten (Mk 14,61, in einer Frage) und von einem römischen Soldaten (Mk 15,39) so angesprochen. In bestimmten christlichen Kreisen schloss der Titel „Sohn Gottes“ die Attribute der Präexistenz (Joh 1,1–14) und der Ebenbürtigkeit Gottes (Joh 5,18) ein. Bei Markus wurde „Sohn Gottes“ wohl eher als Erhöhung eines Menschen in eine Sonderrolle vor Gott verstanden; als Pendants könnten der davidische König und der römische Kaiser gelten (Liv. 1,16). Gott hat Jesus als Gottes Sohn adoptiert, wie auch der König durch Gott adoptiert wurde (wie in Ps 2,7). 1,10 Auftat, vgl. Anm. zu 15,38. Taube, vielleicht als Symbol der Sanftmut (Ps 74,19).

       Mk 1,12–13 Jesu Versuchung (Mt 4,1–11; Lk 4,1–13) Dem markinischen Bericht von Jesu Versuchung fehlen die dramatischen Elemente, die sich bei Matthäus und Lukas finden. Satan, der „Widersacher“ oder „Ankläger“, tauchte in jüdisch-nachexilischen Quellen auf, als diese Figur, anfangs unter persischem Einfluss (548–333 v.u.Z), bedeutend wurde (Sach 3,1–2; Hiob 1,6; vgl. BerR 57,4). In Jub 17 und 18 wird Satan Mastema genannt, ein Name, der auch in Qumran auftaucht (1QS 3,23; 1QM 13,11). Christliche Quellen halten Satan gewöhnlich für eine dämonische Macht; die rabbinische Tradition beschreibt den Satan einerseits als böse, stellt ihn andererseits aber immer noch als Satan, d.h. als „Ankläger“ dar, dessen Aufgabe es ist, die Gerechten zu prüfen (wie bei Hiob). Im Babylonischen Talmud (bBB 16a) erklärt Resch Laqisch: „Der Satan, der böse Trieb und der Totesengel sind identisch“. Wüste und vierzig Tage spielen sowohl auf die Wanderungen während des Exodus (Ex 15,22ff.) als auch auf das Fasten von Mose und Elia (Dtn 9,18; 1Kön 19,8) an.

       Mk 1,1–15 Einleitung Die Eröffnung bei Markus umreißt mehrere Themenkomplexe: Umkehr und Vergebung (V. 4), den Geist (V. 8.10), Jesus als Sohn (V. 11) und das Königreich Gottes (V. 15). Anders als das MtEv und LkEv enthält das MkEv keine Erzählung von Jesu Geburt.

       Mk 1,14–15 Verkündigung des Reiches Gottes (Mt 4,12–17; Lk 4,14–15) Die Botschaft Jesu betont – wie auch die von Johannes – das Reich Gottes sowie dessen unmittelbare Nähe. 1,14 Galiläa, die Region nördlich von Judäa und Samaria, westlich des galiläischen Meeres, wo der überwiegende Teil der Erzählung stattfindet, bevor Jesus nach Jerusalem kommt. Galiläa hatte keine klaren Grenzen, umschloss aber oft Teile oder das ganze Gebiet der Stämme Issachar, Sebulon,