Peter Empt

Hull Storys


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      „Nein, noch nicht. Ich kann mir allerdings ein häusliches Zusammenleben mit einer Frau nicht vorstellen!“

      „Siehst du, Robert, mir geht das so ähnlich!“

      Beide lachten.

      „Du warst meine erste Freundin, Beccy! Wir waren siebzehn Jahre alt. Ich fühlte mich dir ständig unterlegen!“, erinnerte Robert.

      „Ja, Robert, alle Jungs fühlten sich mir unterlegen damals in den Highschool-Oberstufen. Meinen ersten Sex hatte ich nicht mit einem von euch, sondern mit einem verheirateten Mann meiner Wahl!“

      „Weißt du“, fuhr Robert fort. „Ich war nie ein dominanter Typ, gegenüber Mädchen eher schüchtern. Wenn ich dir in der Schule begegnete, nahm ich bewusst erst im letzten Augenblick „wie zufällig“ Notiz von dir, weil ich glaubte, das sei cool!“

      Beccy lachte amüsiert.

      „Nein, mit dir war ich ein paar Monate zusammen, weil du in der Tanzschule ein Toptänzer warst. Ich genoss es, wenn die Mädels und Jungs vor Neid erblassten, während wir beide auf der Tanzfläche glänzten. Du warst anders als die meisten Typen, nicht so ein Angeber. Allerdings bist du nur durch das Tanzen in mein Bewusstsein gekommen. Davor und danach fielst du mit nichts auf. Es war, als wärst du gar nicht anwesend. Woher hast du dieses Talent zum Tanzen?“

      „Seit meiner Geburt hatte ich eine Ersatz-Mom, eine in Puerto Rico geborene und aufgewachsene Frau mit indigenen Wurzeln. Sie hieß Conchita. Als Kind konnte ich das nicht aussprechen und nannte sie „Chita“.

      Den ganzen Tag, wenn sie unseren Haushalt machte, lief im Radio Latinomusik, Rumba, Tango, Lambada, Reggea usw. Ständig bewegte Chita ihren Körper zur Musik. Ich bewunderte sie, wenn sie, wie es schien, zwanzigmal in einer Sekunde mit ihrem Po wackelte. Das wollte ich, etwa vier Jahre alt, auch können. Sie nahm mich an meinen Händen und brachte mir das absolut lockere Körperschütteln bei. Dabei hatten wir beide einen Riesenspaß. Als ich älter wurde, haben wir immer weitergemacht und es kultiviert bis zum richtigen Tanzen!“

      „Das finde ich einfach super, du Glücklicher!“, rief Beccy.

      Robert erinnerte sich weiter: „Mein schönster Moment mit dir war, als ich dich nach der Tanzstunde zum ersten Mal vom Story-Ville nach Hause begleitete. Bevor du in euer Haus gingst, drückten wir uns in eine Haustürnische und umarmten uns. Ich habe den Duft von deinem Haar aufgenommen, deinen Körper an mir gespürt und wir haben uns geküsst. Nie mehr habe ich ein solches Glücksgefühl mit einer Frau gehabt. Das hatte in dem Augenblick nichts mit Sex zu tun!“

      Beccy schaute ihn gerührt an: „Ich kann mich ehrlich gesagt daran nicht erinnern, Robert. Aber ich kann dein Gefühl von damals nachvollziehen. Aber bitte, erzähle etwas von deinem Leben als Erwachsener!“

      Robert berichtete von seiner Mitarbeit in der Finnly-Werft während der Highschool Zeit, von seinen Studienabschlüssen und seiner Zeit als Kapitän.

      „Und wie kommst du zur Musik?“, fragte Beccy.

      „Ich habe mich immer für Musik interessiert, aber erst als Kapitän bekam ich in den vielen Freiwachen Gelegenheit, Musik zu studieren. Der Bass-Part ist meine Leidenschaft. Gemeinsam mit den Drums ist er die Soundmaschine jeder Art von Popmusik und Jazz. Immer, wenn ich mich mit Musik beschäftige, verliere ich jedes Zeitgefühl, nehme um mich herum nichts wahr, bin ich ganz bei mir!“

      „Ja, als ich dich in der Nacht von Samstag auf Sonntag am Bass sah, dachte ich, jetzt schau dir diesen damals doch so unscheinbaren Finnly an! Wer weiß, für welche Überraschungen der noch gut ist? Was hast du vor in Zukunft, Robert?“

      „Ich habe noch keinen festen Plan, mal schauen, was in nächster Zeit auf mich zukommt. Aber ich werde wahrscheinlich schon morgen ganz konkret damit anfangen, meinen Zukunftsplan zu gestalten!“, erwiderte Robert.

      „Du bist wirklich ein verrückter, aber sympathischer Typ, Robert!“ Ich würde mich freuen, wenn du mich ein wenig auf dem Laufenden hältst!“

      „Ja, ja, das mache ich!“

      Sie lachten beide.

      Robert verabschiedete sich.

      „Sehen wir dich ab und zu im Pub, Robert?“

      „Ja gerne, immer wenn ich Gelegenheit habe, schaue ich bei euch rein!“

      Sie umarmten sich und Beccy drückte Robert einen schnellen Kuss auf den Mund.

      Robert machte das Dinghy los und fuhr über den Sund Richtung Westchapel. Er dachte über Beccy nach. Sie ist eine attraktive Frau, ziemlich kurvig an den Hüften und am Busen, aber vor allem ist es die sie umgebende Aura von Lässigkeit und Genussfähigkeit, die anziehend auf Männer wirkt. Dazu ist sie erfolgreiche Besitzerin eines angesagten Pubs und finanziell unabhängig. Sollte er, Robert, sich in die Reihe der um Beccy buhlenden Männer stellen?

      Nein, dachte er. Die Affären um Beccy gehen wahrscheinlich einher mit Missgunst und Eifersucht! Allerdings musste er sich eingestehen, dass er wünschte, Sex mit ihr zu haben. Welche Signale hatte sie ihm gegeben? Er beschloss, Kontakt mit ihr zu halten und dabei ihr Umfeld zu beobachten.

      11.

      Zu Hause im Boganson-Cottage schaltete Robert das Smartphone wieder ein. Während seines Aufenthalts bei Beccy war es abgeschaltet. Bei geplanten Gesprächen mit anderen Personen schaltete er immer das Smartphone ab, vergaß aber häufig, es danach wieder zu aktivieren.

      Es gab eine Textnachricht von Dick: „Hi Robert, der Notartermin morgen beginnt um 9 Uhr im Finnly-Stadthaus. Im Anschluss sprechen wir über den Job bei „Hull-Travel-Shipping“! Dein Dinghy parkst du bitte am nördlichen Ende des Connectionchannel, direkt an der Rückseite des Finnly-Hauses!“

      Robert schrieb zurück: „O. k., Dick!“

      Es war Abend, Robert ging in das Chapel-Inn, er wollte etwas essen.

      Dora begrüßte ihn lachend: „Hi Robert, bist du noch solo oder wurdest du schon von einer Frau gekapert?“

      Robert lächelte, hob abwehrend beide Hände: „Ich bin noch in Freiheit!“

      Er bestellte ein Dinner, ein Pint Luna und mischte sich unter die Gäste.

      Am folgenden Mittwochmorgen frühstückte Robert zu Hause. Conchita hatte um 6.30 Uhr das Cottage betreten, um ihre Hausarbeit zu erledigen. Als Robert gegen sieben Uhr geduscht den Wohnraum betrat, stand schon ein Frühstück mit Tee für ihn auf dem Tisch. Robert begrüßte Conchita mit Küssen auf die Wangen und dankte ihr für die ihm geschenkte Fürsorglichkeit. Sie seufzte genüsslich und sagte: „Wie in alten Zeiten, Robert, es ist zu schön!“ Dabei kullerten wieder einige Tränen über ihre Wangen.

      Robert bekleidete sich mit Anzug, Hemd und Krawatte. In eine Sporttasche steckte er Jeans, langärmeliges Karohemd mit bereits sorgfältig aufgekrempelten Ärmeln, hellgraue Weste, Hull-Cap und Turnschuhe für die Session mit den Rollers.

      Mit Tasche und Gitarrenkasten verließ er das Haus, nachdem er Conchita noch einmal über seinen zeitlichen Tagesablauf informiert hatte. Gegen acht Uhr steuerte er das Dinghy über den Sund Richtung Central-Channel. Heute lag der Sund spiegelglatt im Frühdunst und das Dinghy machte flotte Fahrt. Nachdem die Brücke am Channeleingang unterfahren war, begann Robert die links abzweigenden Nebenkanäle zu zählen: Channel 4, Channel 3, Channel 2, Channel 1!

      Er bog nach links in Channel 1 ein, fuhr an der Rückseite des Story-Ville vorbei und weiter bis zum Ende des C1, wo er in den Sammelkanal der C1 Bis C4, den „Connectionchannel“, einbog und noch ein kurzes Stück weiter zum Finnly-Haus fuhr.

      Dezente Schilder wiesen Finnly-Mooringplätze aus.

      Robert machte das Dinghy fest und betrat das Finnly-Haus um 8.50 Uhr durch den Haupteingang von der Westbay-Boulevardseite.

      Eine junge Dame im gut sitzendem finnlyblauen Jackenkostüm empfing ihn freundlich mit: „Guten Morgen, Mr. Finnly!“ Robert registrierte positiv, dass diese