Isabella Defano

Gefunden! Ein Traumprinz für Jessica


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In regelmäßigen Abständen werden unsere Tiere dann geschoren und die erhaltene Wolle nach Dornbirn geschickt. Dort befindet sich die Designfabrik von Valenzo de Luca, dem Bruder unseres Chefs. Im Anschluss werden alle Kollektionen über die Verkaufs- und Versandfilialen von Victor de Luca in Deutschland und Österreich verkauft.“

      Jessica musste schlucken. Sie hatte keine Ahnung. Kein Wunder, dass ihr dieses Grundstück so groß vorkam. Doch wieso haben vorhin die Männer auf dem Feld gearbeitet?

      „Und die Männer auf dem Feld? Vorhin als ich gekommen bin, habe ich dort einige arbeiten sehen.“

      Leicht schmunzelnd lehnte sich Claas in seinem Stuhl zurück.

      „Dieses Feld ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit. Bevor Carlos de Luca diese Farm von seinen Eltern übernahm, wurde hier noch verstärkt Landwirtschaft betrieben. Inzwischen gibt es nur noch das eine Feld. Dort werden jedes Jahr Gemüse und Obst für den Eigenbedarf bzw. für die Tiere angebaut. Zusätzlich haben wir noch Schweine und Hühner. Alle Lebensmittel verkaufen wir in unserem Hofladen an die Mitarbeiter oder Besucher, wobei jeder Angestellte von der Geschäftsleitung eine Guthabenkarte erhält. Darauf werden jeden Monat 50 Euro Verpflegungsgeld gebucht. Erst wenn diese Summe überschritten wird, müssen die Lebensmittel selbst bezahlt werden. Jedoch bezahlen Angestellte dann trotzdem immer noch weniger als Besucher oder Gäste.“

      Jessica nickte leicht. Ja, den Hofladen hatte sie bereits gesehen. Plötzlich erinnerte sie sich wieder an die Worte des Verwalters, bevor sie ihn unterbrochen hatte.

      „Eigentlich möchte unser Junior, dass nur noch Leute mit praktischer oder theoretischer Erfahrung eingestellt werden.“

      Wenn dies stimmte, warum hatte Frau Philipps ihr einen Job angeboten? Sie hatte schließlich keine Erfahrungen und schon gar nicht mit Kaninchen. Plötzlich bekam Jessica Panik. Was soll ich jetzt nur tun?

      „Das ist wirklich sehr großzügig. Schade, dass Sie für mich keinen Job haben“, sagte Jessica leise, während sie versuchte, das Gefühl von Panik zu unterdrücken. „Immerhin verstehe ich nichts von Kaninchen.“

      Lange sah Claas Philipps Jessica einfach nur an, dann lehnte er sich im Stuhl wieder vor und legte seine Hände auf den Schreibtisch.

      „Ich denke, in Ihrem Fall können wir durchaus eine Ausnahme machen. Meine Frau hat mir gesagt, dass sie hier etwas Wichtiges erledigen müssen, aber nicht genügend Geld für ein Hotelzimmer besitzen. Aus diesem Grund wäre ich bereit, Ihnen eine Chance zu geben. Sie würden sich mit einer erfahrenen Tierpflegerin um ein paar erwachsene Kaninchen in Halle 2 kümmern. Das geht aber nur, wenn Sie mir versprechen, wenigstens bis Ende Februar auf der Farm zu bleiben. Ein Neffe unseres Chefs heiratet im Februar und die Familie möchte gerne dabei sein. Dies klappt aber nur, wenn genügend Mitarbeiter für die Versorgung der Tiere vorhanden sind. Wenn Sie mir das versprechen können, bekommen Sie einen Arbeitsvertrag. Diesen können Sie ab Februar dann immer zum Ende des jeweiligen Monats kündigen.“

      Angestrengt dachte Jessica nach. Bis Ende Februar? Das waren fast vier Monate. Aber eigentlich konnte sie vorher sowieso nichts anderes tun. Das nächste Semester würde erst im März beginnen und über ihre Wunschausbildung in Kindergartenpädagogik musste sie sich noch näher informieren. Was spricht also dagegen? Sie könnte so etwas Geld sparen und trotzdem nach ihrer Mutter suchen. Außerdem hätte sie auf diese Weise sogar Zeit, ihre leibliche Mutter besser kennenzulernen.

      Nur ein Problem gab es noch.

      „Was ist mit einer Arbeitserlaubnis? Muss ich eine beantragen? Immerhin komme ich aus Deutschland.“

      Claas schüttelte mit dem Kopf.

      „Eine Arbeitserlaubnis für Österreich ist nicht notwendig, denn als Deutsche fallen Sie nicht unter das Ausländerbeschäftigungsgesetz.“

      Zufrieden atmete Jessica durch.

      „Gut, dann bin ich einverstanden. Ich kann auch sofort anfangen.“

      Claas konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und sah die junge Frau an.

      „Ich denke, ab morgen reicht völlig aus. Ich werde Ihnen jetzt erst einmal das Grundstück und Ihre Unterkunft zeigen.“

      Mit diesen Worten erhob sich der Verwalter und ging in Richtung Tür. Auch Jessica stand auf. Doch bevor sie das Büro verlassen konnten, klopfte es plötzlich an der Tür. Nur wenige Augenblicke später wurde die Bürotür geöffnet und ein junges Mädchen mit langen blonden Haaren und grauen Augen kam ins Zimmer.

      Überrascht über den Besuch blieb Claas mitten in der Bewegung stehen.

      „Mara? Ist etwas passiert?“

      Neugierig sah das Mädchen erst zu Jessica, dann wandte sie sich an den Verwalter.

      „Onkel Claas! Mein Vater schickt mich, du sollst sofort in den Stall kommen. Scheinbar ist eins der Kaninchen krank.“

      Sofort zeigte sich eine große Besorgnis auf dem Gesicht des Verwalters. Nur noch kurz wandte er sich an das junge Mädchen, sie möge bitte Jessica alles zeigen, dann war er auch schon verschwunden.

      Kaum war der Verwalter nicht mehr zu sehen, drehte sich das Mädchen zu Jessica um.

      „Hallo, du bist also Jessica. Mein Name ist Tamara Forstner, aber alle nennen mich Mara. Ich bin die Tochter vom Tierarzt.“

      „Freut mich“, sagte Jessica und gab Mara die Hand. „Arbeitest du auch auf der Farm?“

      Mara schüttelte mit dem Kopf.

      „Nein, ich bin erst 15 und gehe noch zur Schule. Ich möchte später Tierärztin werden wie mein Vater und dafür brauche ich Abitur. Aber heute haben wir schulfrei. Zum Glück für uns haben sich viele Lehrer mit einer Erkältung angesteckt. Tja, und aus diesem Grund dürfen wir heute zu Hause ein paar Aufgaben erledigen.“

      Bevor Jessica noch etwas sagen konnte, zeigte Tamara in Richtung Tür.

      „Komm, ich führe dich mal auf dem Gelände rum.“

      Kaum hatte Tamara dies gesagt, ging sie auch schon durch die Tür in den Gang hinaus. Jessica beeilte sich, ihr zu folgen. Kurz darauf gingen sie gemeinsam zum Eingangsbereich zurück, wo die Sekretärin Jenna Bade einige Unterlagen kopierte.

      „Und, haben Sie den Job?“, fragte diese Jessica, während sie ein neues Dokument auf den Kopierer legte.

      „Ja! Ich soll mich ab morgen um die Kaninchen in Halle 2 kümmern.“

      Kurz nickte Jenna mit dem Kopf und ging sofort ins „Du“ über.

      „Ah ... Bei Luisa! Sie ist für die Halle 2 zuständig. Da hast du Glück, Luisa weiß wirklich viel über die Angorakaninchen. Sie ist gelernte Tierpflegerin und kommt selbst von einem Bauernhof. Übrigens, wir hier auf der Farm sind wie eine große Familie und sprechen uns alle mit dem Vornamen an. Selbst mit den de Lucas sind wir per Du. Mich kannst du daher einfach Jenna nennen.“

      Jessica, die nicht wusste, was sie dazu sagen sollte, nickte nur leicht und schaute zu, wie Jenna kurz zu ihrem Schreibtisch ging. Dort öffnete sie die oberste Schublade ihres Rollcontainers und holte einige Schlüssel heraus. Gleich darauf ging sie auf Jessica zu und gab ihr den Schlüsselbund.

      „Bitte sehr. Das sind deine Schlüssel für die Wohnung 4 im B-Haus. Mara kann dich hinbringen und dir alles zeigen. Komm einfach morgen früh um sieben Uhr zu mir, dann kannst du deinen Arbeitsvertrag unterschreiben und mit der Arbeit beginnen. Ach so! Deine Sachen kannst du ruhig hierlassen, während Mara dir das Gelände zeigt. Ich werde so lange auf deinen Koffer und deine Tasche aufpassen.“

      Kaum hatte Jenna dies gesagt, wandte sie sich wieder ihren Dokumenten zu, während Jessica ihr Gepäck abstellte und von Tamara aus dem Gebäude gezogen wurde.

      Die nächsten zwei Stunden verbrachte Jessica damit, sich den kompletten Betrieb anzuschauen. Tamara war nur zu gerne bereit, ihr jeden Winkel der Farm zu zeigen. Sie besuchten die Arbeiter auf dem Feld, die gerade mit der Wirsingernte beschäftigt waren. Und gingen