Marlene Wagner

Sommersturmzeit


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sei Dank, dass Ihr gekommen seid, das war gerade zur rechten Zeit! Ich befürchtete schon, ich muss den Rest des Abends mit diesem Grafen verbringen, noch eine weitere seiner unzähligen Jagdgeschichten hätte ich nicht ertragen! Wo wart Ihr denn nur, ich habe Euch schon gesucht!“

      „Ganz in Eurer Nähe, doch ich wollte Euer Gespräch nicht stören, Ihr wirktet so interessiert...“

      Er grinste über Katharinas empörten Blick, mit dem sie die Ironie seiner Worte kommentierte.

      Die Intensität, mit der er sie dabei musterte, ließ Katharina jedoch wieder schnell verlegen zu Seite schauen. Dabei fiel ihr Blick auf die Gräfin Reuß, die mit noch immer blassem Gesicht gerade mit ihrem Ehegatten den Saal verließ.

      „Oh, Karl! Ich habe gesehen, wie Ihr mit der Gräfin Reuß gesprochen habt und bitte Euch inständig, provoziert diese Frau nicht noch zusätzlich! Das sie mir nicht wohlgesonnen ist, wissen wir beide und auch, wozu sie fähig ist...mir ist wirklich alles andere als daran gelegen, sie noch zusätzlich gegen mich aufzubringen!“

      „Von provozieren kann keine Rede sein. Ich denke, ich habe ihr im Gegenteil recht deutlich gemacht, was ich von ihrer Botschaft an mich gehalten habe und wie schnell das Blatt sich auch gegen die Person selbst wenden kann, die solcherlei Schreiben verfasst.“

      Skeptisch blickte ihn Katharina an.

      „Und das soll sie überzeugt haben? Bitte vergesst nicht, dass die Zeit Eures Aufenthaltes hier am Hof doch recht begrenzt ist. Ich mag gern glauben, dass sie sich die nächsten Tage zusammenreißen wird, doch nach Eurer Abreise werden die Verhältnisse wieder die gleichen wie vor dem Festival sein und dann dürfte sich die Gräfin kaum noch an Eure Worte erinnern.“

      „Seid unbesorgt, Katharina, und vertraut mir! Ich denke, ich habe ihr ziemlich klar gemacht, dass die Konsequenzen, sollte sie Euch dann nicht auch weiterhin in Ruhe lassen, durchaus unangenehm für sie sein könnten und möchte behaupten, sie hat verstanden!“

      Katharina war davon zwar ganz und gar nicht überzeugt und konnte sich vor allem nicht vorstellen, wie Karl seine Drohung im Zweifelsfall umzusetzen gedachte, aber seine Nähe tat ihr gerade unglaublich gut. Das merkwürdigste war, dass all ihre Ängste schlagartig verschwunden waren und da sie es eh nicht mehr ändern konnte, beschloss Katharina, sich nicht ihren ersten schönen Abend seit Monaten mit erneuten Sorgen aufgrund der Gräfin Reuß verderben lassen.

      Entschlossen hob sie den Kopf.

      „Also gut, ich vertraue Euch und Eurem diplomatischen Geschick und Euren Argumenten! Alles Weitere wird die Zukunft weisen und ich kann Euch versichern, ich bin mehr als froh, wenn Ihr recht behaltet!“

      Dann schaute sie sich erstaunt um.

      „Oh je, mir scheint, wir sind schon wieder zu spät. Seht nur, fast alle anderen haben schon den Saal verlassen. Wir verpassen am Ende noch die ganze Überraschung...“

      Voller Vorfreude auf das zu erwartende Spektakel zog sie Karl mit sich und sie kamen gerade rechtzeitig auf der Terrasse an, als die ersten Salven von Feuerwerk sich am sternenklaren Himmel in den schönsten Farben und verschiedensten Formationen ergossen. Von den Gästen ringsherum ertönten „Oh“ und „Ah“ sowie weitere überraschte Ausrufe – noch keiner von ihnen hatte bisher je ein Feuerwerk in einer solchen Dimension und Pracht erlebt.

      Katharina dagegen war zunächst von den lauten kriegsähnlichen Geräuschen erschrocken. Es klang wie Kanonendonner und für einen Moment erfasste sie kalte Angst, dass es sich bei der Vorführung in Wirklichkeit um einen Militärschlag der Schweden handeln könnte. Im ersten Schreck und auch etwas benommen vom vielen Champagner schmiegte sie sich deshalb enger an Karl und dieser legte, als wäre es das normalste von der Welt, seinen Arm beschützend um ihre Schultern.

      So verharrten sie die nächsten 20 Minuten, die Katharina wie ein Traum vorkamen. In diesen Minuten erschien ihr alles perfekt – die farbigen Kreationen, die das Feuerwerk in den Himmel zauberte ebenso wie der gesamte Ballabend an der Seite dieses Mannes.

      Als es vorbei war und von der Gesellschaft Applaus aufbrandete, löste sie sich leicht verlegen von dem Schweden. Normalerweise wurde ihr zuviel Nähe zu anderen Menschen schnell unangenehm und es wunderte sie, wie wohl sie sich erneut bei Karl gefühlt hatte.

      „Das war wunderbar, oder?“ fragte sie schließlich, um die Stille zu durchbrechen.

      Auch Karl schien berührt.

      Bevor er antworten konnte, kam ein über das ganze Gesicht strahlender August mit der Gräfin Cosel am Arm auf sie zu.

      „Na, war das eine Überraschung und ein gelungener Festauftakt? Das soll mir erstmal einer nachmachen.....“

      August platzte fast vor Stolz. Er hatte den Abend über offensichtlich ebenfalls dem Champagner gut zugesprochen und schwankte leicht, als er das leere Glas in seiner Hand auf einen der Tische stellte.

      „So, und jetzt gehen wir alle noch ein Glas darauf trinken! Ich freue mich wirklich, mein lieber Cousin, dass Du heute mit mir feierst und diesem einmaligen Erlebnis beiwohnen konntest. Na, und die Baroness haben wir zu dieser Uhrzeit auch nur sehr selten oder wahrscheinlich eher gar nicht mehr auf einem meiner Feste gesehen, du scheinst einen guten Einfluss auf sie zu haben, Karl!“ fügte er noch gut gelaunt und augenzwinkernd hinzu.

      Er fasste Karl am Arm und zog ihn geradezu hinter sich her, am anderen Arm immer noch die Gräfin Cosel. Karl wiederum schnappte sich schnell Katharinas Hand, bevor er von August wieder in den Saal gezogen wurde und lächelte ihr aufmunternd zu. Katharina blieb nichts übrig, als der Gruppe in den Saal zu folgen. Gern wäre sie noch eine Weile allein auf der Terrasse geblieben, um die herrliche Nacht sowie den Augenblick absoluter Zufriedenheit noch etwas länger auszukosten. Doch nach einem kurzen Moment des Bedauerns ließ sie sich bereitwillig von der fröhlichen Stimmung der kleinen Gruppe anstecken.

      Katharina war dennoch froh, als sie nach weiteren zwei Stunden endlich allein in ihrem Schlafzimmer saß und sich vor dem großen Spiegel die Haare bürstete. Durch die weit geöffneten Fenster kam erfrischende Nachtluft und kühlte ihr erhitztes Gemüt. Das schöne, aber doch auch sehr unbequeme Kleid hing bereits wieder sorgfältig in ihrem Ankleidezimmer und sie trug nur noch das weitaus angenehmere Nachtgewand. Obwohl es bereits weit nach Mitternacht war, war sie immer noch nicht müde. Wahrscheinlich lag das am Champagner, von dem sie im Laufe der Nacht um einiges mehr als sonst bei ähnlichen Gelegenheiten genossen hatte. Leise vor sich hin lächelnd ließ sie die vergangenen Stunden noch einmal Revue passieren, während sie gedankenverloren ihre Haare mit der Bürste bearbeitete. Es war wirklich ein wunderschöner Abend gewesen und sie versuchte sich zu erinnern, wann Sie sich das letzte Mal auf einem Fest so wohl gefühlt hatte oder wann Sie überhaupt das letzte Mal so glücklich gewesen war.

      Ein anerkennender Pfiff schreckte sie aus ihren Gedanken.

      Sie drehte sich zum Fenster, von wo das Geräusch gekommen war und erschrak.

      Auf dem Fenstersims saß ein fröhlich grinsender Karl.

      „Karl, was macht Ihr denn hier?“

      Überrascht versuchte sie möglichst unauffällig an sich herunter zu schauen, ob ihr Nachtgewand auch all ihre Blößen verdeckte.

      „Keine Angst, man sieht nichts – leider...“ Er zwinkerte ihr zu.

      Offensichtlich war ihr Unterfangen nicht ganz so unauffällig gewesen und Katharina errötete.

      „Ich will Euch nicht erschrecken und auch nicht von Eurer wohlverdienten Nachtruhe abhalten.

      Aber ich konnte nicht schlafen und bin noch ein wenig durch den Garten spaziert. Und als ich bei Euch auch noch Licht brennen sah, dachte ich, ich schaue einfach mal vorbei. Keine Sorge, ich werde mich nicht von hier wegbewegen...“

      Er deutete vergnügt auf die Fensterbank.

      „Ihr seid wirklich unmöglich!“

      Katharina versuchte streng zu klingen, aber so ganz wollte ihr das nicht gelingen.

      „Nun, ich