Marlene Wagner

Sommersturmzeit


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      Erschrocken ließ Katharina die Bürste sinken, mit der sie die ganze Zeit fast unbewusst gespielt hatte und blickte ihn nun so entsetzt an, dass Karl grinsen musste.

      „Das habt Ihr in der Tat! Nicht nur, dass Ihr Euch den ganzen Abend über auffallend oft und lange mit den verschiedensten Herren unterhalten habt, nur nicht mit mir! Nein, zuvor macht Ihr mir auch noch ein schlechtes Gewissen, weil Ihr angeblich durch mich überhaupt nur zu dem Fest gehen musstest, doch ich hatte absolut nicht den Eindruck, dass Ihr Euch den Abend über bei Euren Gesprächen unwohl gefühlt habt...ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll...“

      Er schaute so gespielt beleidigt, dass Katharina erleichtert lachen musste.

      „Ich hatte keine Ahnung, dass Ihr derart viel Aufmerksamkeit bedürft. Und lege Wert darauf, dass es nur ein Herr war, der sich länger mit mir unterhalten hat, während – ich bitte das zu beachten – Ihr mich habt allein stehen lassen, um Euch lieber den halben Abend mit August und seinen Ministern zu beschäftigen. Außerdem haben wir nach dem Feuerwerk die ganze Zeit gemeinsam verbracht, ich sehe also wirklich keinen Grund für Eure Beschwerde...“

      „Meine liebe Baroness, und ich sehe schon, Ihr scheint geradezu meisterhaft darin, mir die Worte im Mund zu verdrehen! Nun gut, ich gebe Euch ja mit dem Feuerwerk Recht, doch da waren wir ja ständig von Leuten umgeben. Und tut nur bitte nicht so, als wenn Euch das mit den Ministern unrecht gewesen wäre, geradezu weggeschickt habt Ihr mich, denkt nicht, ich hätte das nicht bemerkt. Also, wer war denn der Kerl, der so lange bei Euch stand und offensichtlich seinen ganzen Lebenslauf erzählt hat, hmm?“

      Karl mimte noch immer den Beleidigten und Katharina ging weiterhin belustigt auf sein Spiel ein.

      „Ihr meint sicher den Grafen von Bülow??“ fragte nun sie nun ebenfalls gespielt unschuldig.

      „Der hat sich tatsächlich sehr ausgiebig mit mir unterhalten und ich muss zugeben, darüber habe ich mich selbst etwas verwundert. Ich nehme jedoch an, dass hängt mehr mit Euch als mir zusammen! Als die vom schwedischen König ausgewählte Begleiterin bin ich wohl offensichtlich jetzt auch für die anderen Männer am Hof interessant geworden und muss gestehen, unter diesen Bedingungen hat mir das Fest tatsächlich um einiges mehr Spaß bereitet als sonst...“

      Auf ihr Gesicht stahl sich ein kokettes Lächeln.

      „Ach so ist das – indem ich Euch erwählt habe, habe ich mir sozusagen praktisch selbst die Konkurrenz an den Hals geholt...also das werde ich mir für das nächste Mal merken und dann die Frau aussuchen, die mir am wenigsten gefällt!“

      Er lachte über ihren empörten Blick.

      „Aber wo wir gerade bei dem Thema sind...wenn ich noch einmal auf meine Frage von vor wer weiß wie vielen Stunden zurückkommen darf? Einmal abgesehen von dem Umstand, dass Ihr mir grenzenlosen Leichtsinn in Verbindung mit Dummheit vorgeworfen habt, kann ich mich nicht erinnern, dass ihr mir bereits eine Antwort auf meine Frage gegeben habt, welche Gedanken Euch durch den Kopf gingen, als Ihr mich heute auf einmal im Schloss gesehen habt.“

      Er schaute sie neugierig an. Bei dem Gedanken daran schüttelte Katharina erneut empört den Kopf.

      „Was für eine Frage. Ich war natürlich entsetzt und hatte doch überhaupt keine Ahnung, um wen es sich bei Euch handelt! Ich dachte ja damals in Eurem Lager die ganze Zeit, ich hätte es mit einem ganz normalen schwedischen Offizier zu tun...ein Rangunterschied, den Ihr mir übrigens hättet schon da verraten können!“

      Sie blickte ihn mit strafendem Blick an, bevor sie Stirn runzelnd weiter sprach.

      „Ich konnte mir ehrlich gesagt zunächst überhaupt keinen Reim darauf machen, was Ihr hier Schloss verloren habt, weder als Kommandeur geschweige denn als König von Schweden.

      Aber das war mir letztendlich auch fast egal, wirklich Angst hatte ich nur davor, dass Ihr meinen Ausflug in Euer Lager verraten könntet. Denn davon habe ich bis heute niemanden berichtet und auch die anderen Damen schweigen zur eigenen Sicherheit.“

      „So etwas in der Art habe ich befürchtet, als ich Euer Gesicht bei meinem Anblick sah. Aber eines müsst Ihr zugeben! Ein kleinwenig enttäuscht seid Ihr schon gewesen, als ich Euch scheinbar nicht erkannt habe, das habe ich Euch doch angesehen...“

      Karl war ganz in seinem Element und lachte leise, als Katharina erneut errötete.

      „Zunächst war ich eigentlich nur grenzenlos erleichtert. Aber ja, ich gebe es zu, danach war ich auch enttäuscht oder doch zumindest ernüchtert...immerhin seid Ihr bis dato der einzige Lebensretter, den ich vorweisen kann und wenn der mich schon nach einer Woche wieder vergessen hätte, wäre das nicht sehr dienlich für mein Selbstwertgefühl gewesen...“

      Karl lachte so laut auf, dass Katharina erschrocken den Finger an den Mund legte.

      „Psst, seid Ihr verrückt...am Ende bemerkt Euch hier noch jemand...“

      „Na und?“ Karl war sehr vergnügt.

      „Ich besuche schließlich nicht irgendjemanden, sondern die Frau, der ich das Leben gerettet habe!“

      „Aber das weiß leider keiner und darf auch niemand erfahren! Von daher muss ich doch um ein wenig Zurückhaltung bitten. Außerdem möchte ich jetzt auch endlich einmal ein wenig neugierig sein dürfen. Habt Ihr mich denn sofort erkannt?“

      „Natürlich, sofort! Ich wusste eigentlich schon instinktiv als auf Euch gewartet wurde, dass es sich dabei nur um Euch handeln konnte, auch wenn ich Euren Nachnamen bis dahin nicht kannte.

      Zwar bestand auch immer noch die Gefahr, dass Ihr Euch gar nicht mehr unter den unverheirateten Mädchen befinden könntet, aber da mir damals im Lager kein entsprechender Ring an Euch aufgefallen ist, war ich diese Sorge eher gering. Außerdem verfügen Ehefrauen meist nicht mehr über so viel Temperament...“

      Er grinste.

      „Dennoch war ich froh, als Ihr dann endlich in der Tür standet und ich kann Euch versichern, es war auch für mich alles andere als einfach, so zu tun, als ob ich Euch nicht kennen würde...“

      Nun wurde er kurzzeitig nachdenklich und man konnte ihm ansehen, wie er in Gedanken die Szene Revue passieren ließ.

      „Am liebsten hätte ich Euch zur Begrüßung in die Arme genommen. Ihr wirktet so unglücklich und für einen Moment habe ich befürchtet, dass Ihr bei meinem Anblick gleich in Ohnmacht fallen werdet. Da habe ich schon bereut, Euch so überrascht zu haben. Aber zum Glück habt Ihr Euch ja dann schnell wieder gefangen...“

      Er wollte weitersprechen, stoppte aber beim Anblick von Katharinas veränderten Gesichtsausdruck.

      „Was ist, habe ich etwas Falsches gesagt?“

      „Nein, sicher nichts Falsches, aber Ihr beunruhigt mich dennoch. Denn aus Euren Worten könnte man durchaus schließen, Ihr seid nur wegen mir nach Moritzburg gekommen...“

      Katharina schaute ihn mit ernstem Gesicht an, ohne auf seinen scherzhaften Ton einzugehen.

      „...und ich muss sagen, es gefällt mir ganz und gar nicht, wenn Ihr wegen mir solche Risiken eingehen würdet! Versteht mich bitte nicht falsch, ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass Ihr mich vor der Gräfin Reuß warnen wolltet. Aber das ist doch nichts im Vergleich zu der Gefahr, der Ihr Euch deswegen hier aussetzt! Ich halte jede Wette, mindestens die Hälfte des Hofstaates beschäftigt sich derzeit nur damit, wie sie August überzeugen können, Euren Besuch nicht als nette Geste unter Verwandten sondern als schicksalhafte Wende des Krieges zu sehen...und ehrlich gesagt, kann man das beim derzeitigen Stand der Dinge auf dem Schlachtfeld auch keinem verdenken. Ich weiß, dass Ihr das nicht hören wollt, aber es ändert nichts an den Tatsachen...!“

      Den letzten Satz fügte sie noch mit Nachdruck hinzu, als sie seinen nun wieder belustigten Gesichtsausdruck sah.

      „Liebe Katharina, ich kann Euch versichern, Eure Bedenken sind völlig unnötig! Ich habe Euch doch schon gesagt, dass ein gewisser Hang zum Risiko einfach zu meinem Leben gehört. Nach Monaten im Feldlager und zunehmender